Intolerante Religionspolitik in China?
Experten aus aller Welt erforschen das Zusammenleben von Religionen in China – Tagung mit öffentlichen Vorträgen am Exzellenzcluster
Berichte über eine intolerante Religionspolitik in China zeichnen laut Religionswissenschaftler Prof. Dr. Perry Schmidt-Leukel ein zu einseitiges Bild. „Das Land besitzt eine lange Tradition im Umgang mit religiöser Vielfalt“, sagt der Wissenschaftler des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Uni Münster. Schon früh hätten Daoismus, Konfuzianismus und Buddhismus nebeneinander bestanden, später seien weitere Religionen, insbesondere das Christentum und der Islam, hinzugekommen. Mit aktuellen und historischen Fragen der religiösen Vielfalt in China beschäftigt sich Ende Oktober am Exzellenzcluster ein hochrangig besetztes internationales Expertensymposium. Die Öffentlichkeit ist zu zwei Vorträgen in der Aula im Schloss eingeladen: Es sprechen Religionswissenschaftlerin Prof. Dr. Judith Berling von der US-Universität Berkeley und der Präsident der Deutschen China-Gesellschaft, Prof. Dr. Gregor Paul aus Karlsruhe.
Warum das Denken Chinas über religiöse Vielfalt wichtig ist
Zur Fachtagung vom 27. bis 31. Oktober werden renommierte Wissenschaftler aus China, den USA und Europa erwartet. Sie untersuchen, wie die Religionen und der chinesische Staat mit der religiösen Vielfalt im Land umgehen, wie Prof. Schmidt-Leukel erläutert. Er hat gemeinsam mit Prof. Dr. Joachim Gentz von Universität Edinburgh zu der Konferenz eingeladen. Als Beispiel aus jüngerer Zeit nennt der Religionswissenschaftler die Falun-Gong-Bewegung, die in den 1990er von staatlicher Seite zunächst gefördert, einige Jahre später jedoch verboten und verfolgt worden sei. „Auch in China zeigte und zeigt die religiöse Vielfalt ihr ambivalentes Gesicht“, sagt der Experte. „Einerseits war sie eine Quelle heftiger, teils gewalttätiger Spannungen, andererseits führte sie zu erstaunlichen Formen wechselseitiger Bereicherung und Veränderung.“ Weil das Reich der Mitte eine besonders lange Tradition im Umgang mit religiöser Vielfalt hat, diskutieren die Experten auf der Tagung auch, ob Versuche Chinas zur Lösung von Konflikten zwischen verschiedenen Religionen für andere Kulturen von Bedeutung sein können. Finanziert wird die Konferenz aus Mitteln des Exzellenzclusters „Religion und Politik“, der Universität Münster und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG).
Der öffentliche Vortrag von Prof. Dr. Judith Berling von der US-Universität Berkeley zum Tagungsbeginn trägt den Titel „Why Chinese Thought on Religious Diversity Matters“ („Warum das Denken Chinas über religiöse Vielfalt wichtig ist“). Er ist am Donnerstag, 27. Oktober, um 18.15 Uhr in der Aula der Universität im Schloss, Schlossplatz 2, zu hören. Es folgt das Ko-Referat des Präsidenten der Deutschen China-Gesellschaft Prof. Dr. Gregor Paul aus Karlsruhe. Die Vorträge werden in englischer Sprache gehalten. Der Eintritt ist frei. (bhe/vvm)