Punkmusik und der Kampf gegen den Teufel
Religionswissenschaftler Sebastian Schüler zum Treffen der Jesus-Freaks im westfälischen Höxter
Die Jesus-Freaks, die an diesem Wochenende in Höxter ihr „Freakstock“-Festival mit fast 4000 Teilnehmern aus ganz Europa feiern, vertreten nach Einschätzung des Religionswissenschaftlers Sebastian Schüler konservative bis anti-moderne Ansichten. „Sie sehen den Teufel als genauso wirklich an wie die Wiederkehr Jesu und das baldige Ende der Welt“, erklärt Schüler, der im Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität in Münster pfingstlich-evangelikale Gebetsnetzwerke untersucht.
Die Jesus-Freaks bilden nach Angaben Schülers eine der erfolgreichsten christlichen Erweckungsbewegungen in Deutschland. „Sie legen die Bibel wörtlich aus, kämpfen für die Erlösung aller Seelen durch Jesus Christus und sehen sich selbst als Verkünder seines Wortes, als Jesuskrieger im Kampf gegen das Böse“, so Schüler. Übermäßiger Alkoholkonsum oder Sex vor der Ehe seien für die Jesus-Freaks tabu. „Auch andere Religionen oder Homosexualität sind nach ihrer Überzeugung Werke des Satans.“ Das stehe in einem deutlichen Kontrast zum Auftreten der Bewegung, die sich vor allem an Jugendliche aus dem alternativen, linken Milieu wende. Jugendsprache sei bei den Jesus-Freaks Trumpf, was sich auch in der sogenannten Volxbibel zeige, die Martin Dreyer, Gründer der Jesus Freaks, 2005 veröffentlicht hat.
Anfang der 1990er Jahre in Hamburg gegründet, hat die Bewegung laut Schüler mittlerweile auch Anhänger in benachbarten Ländern gefunden. Die Jesus-Freaks verstehen sich Schüler zufolge als evangelikal-charismatische Christen, die eine besondere Betonung auf die persönliche Beziehung mit Jesus legen. Das erfordere nach Ansicht der Jesus-Freaks eine grundlegende Bekehrung. Die jungen Christen, so Schüler, stehen damit in der Tradition von Erweckungsbewegungen wie dem Pietismus im 17. Jahrhundert, der Heiligungsbewegung im 19. Jahrhundert oder der Pfingstbewegung, der zurzeit am schnellsten wachsenden christlichen Bewegung mit inzwischen fast einer halben Milliarde Anhängern.
Das Freakstock-Festival, benannt in Anlehnung an Woodstock, ist laut Schüler inzwischen zu einer festen Institution innerhalb der alternativen christlichen Jugendbewegung geworden. Nach 14 Jahren im thüringischen Gotha findet es in diesem Jahr erstmals in Nordrhein-Westfalen statt. Die Jesus-Anhänger, so Schüler, feierten dort vier Tage lang mit christlicher Rock-, Punk- und Popmusik ihren Glauben, beteten, predigten, veranstalteten Glaubensseminare und tauften neue Mitglieder. (arn)