Die Feldkampagnen der Münsteraner Archäologinnen und Archäologen
Die Universität Münster hat derzeit archäologische Feldforschungsprojekte in Armenien, Bulgarien, Griechenland, Israel, Jordanien, in der Türkei, im Irak und im Sudan.
Im Sommer 2024 waren unsere Grabungsteams wieder in vielen Ländern vor Ort . Auch in diesem Jahr werden wir Berichte und Fotos von den aktuellen Kampagnen hier einstellen.
Im Sudan war in diesem Jahr aufgrund des Bürgerkriegs leider keine Feldforschung möglich, stattdessen wurde in Münster die "International Conference for Meroitic Studies“ organisiert.
Moustakis | Reportage "Feldforschung 2024" – Teil 4
ARTAXATA: Älteste Kirche Armeniens entdeckt
Projektleitung: Prof. Dr. Achim Lichtenberger, Dr. Torben Schreiber
Fotos
Wo waren Sie? Wir sind nach Artaxata/Artashat in Armenien gefahren und waren im Grabungshaus in Lusarat am Fuße des Ararat untergebracht. Die Kampagne ging dieses Jahr knapp über einen Monat lang, vom 10.09 bis zum 12.10 2024.
Wer gehörte zum Team? Das Team bestand aus zehn Personen von Münsteraner Seite, davon sieben Studierende. Von armenischer Seite nahmen dieses Jahr zwei Mitglieder der National Academy of Sciences und sieben Grabungshelfer aus Lusarat und den umliegenden Dörfern teil. Außerdem war dieses Jahr erneut Valeska Becker zur Untersuchung der Tierknochenfunde vor Ort, sowie Christoph Forster für die Datenbankadministration.
Was war das Ziel der diesjährigen Kampagne? Auf Grundlage der Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion im Frühjahr 2024 haben wir dieses Jahr Teile eines großen Oktogonalbaus freigelegt. Anhand des Grundrisses und durch die Ergebnisse der Sommerkampagne 2023 war die Arbeitshypothese, dass es sich um eine sehr frühe Kirche handeln könnte. Ziel war es daher, den Grundriss und die Ausgestaltung des Baus genauer zu verstehen, um diese Hypothese kritisch zu überprüfen. Einer solch frühen Kirche kommt auch deshalb eine besondere Bedeutung zu, da sich unweit des Grabungsareals das Kloster Khor Virap befindet. Der Legende nach soll dort Gregor der Erleuchter von König Tiridates III. zwölf Jahre lang in einem tiefen Loch gefangen gehalten worden sein, mit dem Ziel, ihn vom christlichen Glauben abzubringen. Gregor jedoch soll den König von einer unheilbaren Krankheit geheilt haben, woraufhin dieser sich selbst und sein Volk taufen ließ. Somit gilt Armenien als der erste Staat, der das Christentum als Staatsreligion adaptierte. Das Kloster und somit auch unser Grabungsareal stellen einen zentralen Ort im frühen Christentum dar.
Was war das Besondere? In dieser Kampagne haben wir erstmals mit einer fast vollständig digitalisierten Dokumentation und Fundbearbeitung gearbeitet. Jedes Grabungsteam wurde mit Tablets ausgestattet, welche mit einem Drucker auf dem Feld verbunden waren. Über die von Datalino bereitgestellte Datenbank „archaeoDB“ wurden Befundbeschreibungen, Funde und Skizzen direkt digital angelegt. Auch die Fundbearbeitung im Grabungshaus erfolgte über die Eingabe in die Tablets.
Welche Herausforderungen gab es? Das technische Equipment und die erweiterte Arbeit mit der Datenbank waren eine neue Herausforderung. Teilweise mussten begleitend kleinere Veränderungen und Verbesserungen eingebaut werden. Die Umstellung auf die neue Arbeitsweise war zwar herausfordernd, klappte aber insgesamt sehr gut. Außerdem war die verkürzte Kampagne in diesem Jahr eine Herausforderung. Da wir in den letzten Jahren sechs Wochen vor Ort waren, in diesem Jahr jedoch nur viereinhalb, herrschte ein stärkerer Zeitdruck. Dies war vor allem deshalb eine Herausforderung, da der Bau an Ort und Stelle abgebrannt und zusammengestürzt und somit nur ein langsames Vorgehen möglich war. Insgesamt wurden tausende von Dachziegelfragmenten, hunderte Nägel und zahlreiche Fragmente von verkohlten Dachbalken behutsam entfernt.
Welche technische Ausstattung kam zum Einsatz? Unsere technische Ausstattung umfasste dieses Jahr erneut ein Tachymeter (Leica FlexLine TS07) für die Einmessung von Funden. Erstmals wurde ein DGPS-System (emlid Reach RS3) ausprobiert, welches zukünftig die Einmessung vereinfachen soll. Von den verschiedenen Schnitten wurden auch in diesem Jahr Photogrammmetrien erstellt (Agisoft Metashape). Neben der herkömmlichen Handkamera kam erstmals eine Drohne zum Einsatz (DJI Mavic III Classic). Für die Bearbeitung der Keramik wurde auch dieses Jahr der Laser aided Profiler eingesetzt. Besondere Funde wurden dreidimensional erfasst. Für die Arbeit auf dem Feld und der Fundbearbeitung im Grabungshaus haben wir erstmals Tablets und einen akkubetriebenen Drucker verwendet.
Was war das Highlight 2024? Besonders die Umgebung unseres Grabungortes ist jeden Tag aufs Neue ein großartiges Highlight! Der Ararat beim Sonnenauf- und -untergang ist immer wieder beeindruckend und auch die Nähe zum Kloster Khor Virap stellt ein Highlight dar. Vor diesem Hintergrund ist der Befund – die älteste archäologisch nachweisbare Kirche Armeniens – herausragend und kann in seiner Bedeutung für die Erforschung des antiken Armeniens kaum überschätzt werden. Fundtechnisch sind vor allem Holzbalken interessant, da diese C14-datiert werden können und als Grundlage für die Erstellung einer Jahrringchronologie am DAI Berlin dienen. Ebenso bedeutsam ist eine große Menge Marmor, welcher aus dem Mittelmeerraum importiert wurde und die Kirche schmückte. Auch verschiedene Böden, welche wir gefunden haben, hauptsächlich aus Mörtel, teilweise mit Terrakottaplatten versehen, liefern wichtige Hinweise, um die Gestaltung des Baus zu verstehen.
Selbstverständlich war die Forschungsstelle Asia Minor auch in diesem Sommer wieder in Doliche. Von Ende Juli bis Ende September war ein internationales Team unter Leitung von Prof. Dr. Michael Blömer vor Ort, um Fragen der Gestaltung des kaiserzeitlichen und spätantiken Stadtzentrums klären zu können. Auch in diesem Jahr waren an der Kampagne wieder zahlreiche Studierende an den Arbeiten beteiligt.
Übrigens, das Doliche-Projekt hat ein ganz neu gestaltete Website, die viele Informationen über 25 Jahre Grabungsgeschichte bereithält, gerne also hier weiterlesen.
Oder aber im Archäologischen Museum der Universität Münster (Domplatz 20-22) vorbeikommen, dort ermöglicht nämlich seit Oktober diesen Jahres eine VR-Station den virtuellen Rundgang durch die Basilika von Doliche.
Moustakis | Reportage "Feldforschung 2024" – Teil 2
AMYKLAI (Sparta): Survey und Prospektion
Projektleitung: Prof. Dr. Hans Beck, Dr. Sophia Nomicos
Fotos
Wo waren Sie? Wir waren in Amyklai bei Sparta in Griechenland - in einem Gebiet, das bereits von Homer erwähnt wird, archäologisch aber als Terra incognita gelten muss. Somit sind wir die ersten, die dort systematisch nach Spuren aus der menschlichen Vergangenheit gesucht haben.
Wann war das Team vor Ort? Wir waren in diesem Jahr von Mitte Juli bis Mitte August vor Ort.
Wer gehört zum Team? Das Team setzt sich neben den Münsteranern zusammen aus unserem griechischen Projektpartner sowie zwei Kollegen aus Frankreich bzw. Italien. Aus Münster waren sechs Studierende der Archäologie bzw. Geschichte (darunter auch mehrere AKOEM-Studierende) mit dabei, hinzukamen weitere Studierende aus Italien und Frankreich. Beteiligt war auch wieder Dr. Volkmar Schmidt sowie zwei Studierende vom Institut für Geophysik unserer Uni.
Was war das Ziel der Sommerkampagne 2024? Das Ziel war die Gegend um das Apollonheiligtum von Amyklai, wo wir schon die letzten beiden Jahre mit einem Geophysik-Projekt beteiligt waren, um Spuren menschlicher Aktivitäten zu untersuchen. Dafür haben wir in diesem Sommer in dem ca. 0,7 km2 großen Areal einen archäologischen Survey durchgeführt und in ausgewählten Bereichen auch geophysikalische Vermessungen vorgenommen.
Welche Herausforderungen gab es? Dieses Jahr waren wir wieder im Hochsommer dort, sodass es insbesondere die sehr hohen Temperaturen waren, die uns zu schaffen gemacht haben. Bei der großen Hitze haben manchmal sogar die technischen Geräte gestreikt.
Welche technische Ausstattung kam zum Einsatz? Geophysikalische Messinstrumente (Georadar, Geomagnetik, Geoelektrik) sowie Vermessungsgeräte und Mobiltelefone zur papierlosen Dokumentation im Feld.
Was war das Highlight der Kampagne 2024? Das Highlight waren die vielen unerwarteten Funde und Befunde, die wir in den nächsten Monaten genauer analysieren werden!
Danke an Sophia Nomicos für das Gespräch und die Bereitstellung der Fotos.
Moustakis | Reportage "Feldforschung 2024" – Teil 1
Grabung im eisenzeitlichen Königreich von Ammon
Projektleitung: Jun.-Prof. Dr. Katharina Schmidt
Fotos
Wann und wo haben Sie gegraben? Dieses Jahr fand vom 21. April bis 6. Juni unsere erste Ausgrabungskampagne des „Amman Archaeological Project“ (ammap) auf der Zitadelle von Amman statt. Sie markiert den Auftakt eines neuen archäologischen Kooperationsprojekts zwischen dem Deutschen Archäologischen Institut (DAI), der Universität Münster, dem Deutschen Evangelischen Institut für Altertumswissenschaft Amman (DEI) und dem Department of Antiquities of Jordan (DOA). Unter der Leitung von Zeidan Kafafi, Brita Jansen und mir nahm ein internationales Team von Archäologen, darunter auch Studierende aus Münster, Österreich und Jordanien, an den Ausgrabungen teil.
Was ist das Ziel Ihres Projekts? Das eisenzeitliche Königreich Ammon, dessen Hauptstadt Rabbot-Ammon (heutiges Amman mit seiner beeindruckenden Zitadelle) war, spielte eine zentrale Rolle in der politischen und kulturellen Landschaft der Südlevante. Die Region war stark durch enge Verbindungen zu den benachbarten Königreichen, Phönizien und vor allem dem neuassyrischen Reich geprägt, was sich in der Architektur, Kunst und materiellen Kultur eindrucksvoll widerspiegelt.
Was haben Sie bei dieser ersten Kampagne schon erreicht? Unsere Ausgrabungen auf der unteren Terrasse der Zitadelle haben wesentliche neue Erkenntnisse zur Baugeschichte und Monumentalarchitektur der ammonitischen Hauptstadt erbracht. Unsere Ausgangshypothese, die auf früheren Ausgrabungen an dieser Stelle basiert, dass es sich bei einem dort gefunden Bau um den ammonitischen Königspalast handelt, konnte vorläufig bestätigt werden. So konnten wir feststellen, dass der untersuchte Baukomplex weit mehr Bauphasen umfasst als bislang angenommen und von der späten Eisenzeit bis mindestens in die persische Zeit hinein existierte. Dank der umfangreichen Entnahme kurzlebiger C14-Proben erwarten wir eine präzise Sequenzierung der Bauphasen, die uns einen detaillierten Einblick in die Entwicklung des Komplexes ermöglichen wird. Darüber hinaus konnten wir einen älteren Vorgängerbau identifizieren bei dem es sich ebenfalls um einen Monumentalbau handelt. Wir haben noch keine Hinweise auf das Alter dieses Bauwerks, wir können lediglich feststellen, dass diese weit monumentaler ist als das darüber liegende eisenzeitliche Gebäude. Dieser Befund deutet auf eine fortlaufende monumentale Bautätigkeit in diesem Teil der Zitadelle hin und unterstreicht die Bedeutung des Platzes.
Was war das Highlight der Kampagne 2024? Der Höhepunkt unserer Kampagne waren die sensationellen Funde zweier eisenzeitlicher weiblicher Doppelgesichtiger Statuenköpfe, die vermutlich Teil der Palastarchitektur waren. Insgesamt sind nun sieben solcher Köpfe von der Ammaner Zitadelle bekannt. Die Konservierung der beiden neuen Funde wurde im August erfolgreich abgeschlossen. Die Statuen sollen im Zitadellenmuseum ausgestellt werden, was eine wertvolle Bereicherung für das kulturelle Erbe der Region darstellt.
Danke an Katharin Schmidt für das Gespräch und die Bereitstellung der Fotos!
Reportage "Münsteraner Feldforschung 2023"
Reportage "Feldforschung 2023" - Teil 6
ARTAXATA: Erforschung des Stadtgebietes einer hellenistisches Metropole
Projekteitung: Prof. Dr. Achim Lichtenberger, Dr. Torben Schreiber
Fotos
Wohin fahren Sie? Wir fliegen nach Armenien und arbeiten dort in der antiken Stadt Artaxata, am Fuße des Ararat.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team? Wir reisen mit insgesamt 10 Personen aus Münster an, u.a. nehmen wir sieben Studierende mit. In Armenien arbeiten wir dann gemeinsam mit unserem armenischen Kooperationspartner und zwei Doktorand*innen von der armenischen Akademie der Wissenschaften. Erstmals haben wir auch einen Anthropologen dabei, der sich die im letzten Jahr gefundenen Bestattungen näher anschauen wird. Zudem haben wir im letzten Jahr ein Grab ungeöffnet zurückgelassen, welches wir dann gemeinsam ausgraben werden. Eine Archäozoologin wird sich zudem mit den tierischen Knochen befassen. Zum Team gehören zudem noch unser Fahrer, die Köchin, der Hausmeister sowie lokale Arbeiter mit denen wir schon seit Jahren zusammenarbeiten. Zurück in Deutschland werden dann weitere Wissenschaftler*innen eingebunden, die sich beispielsweise mit den pflanzlichen Überresten beschäftigen.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? In diesem Jahr werden wir den Hügel XIII, den wir in den letzten Jahren intensiv erforscht haben, verlassen und uns der südlichen Unterstadt widmen. Auf Hügel XIII wird eine Gefäßbestattung, die wir im letzten Jahr nicht mehr bearbeiten konnten, ausgegraben. Parallel beginnen die Arbeiten auf dem Hügel XVII, einem bislang gänzlich unerforschten Bereich der Stadt. Ziel ist es, einen Eindruck von der dortigen Bebauung zu gewinnen. Oberflächenfunde deuten an, dass dieser Bereich etwas später datiert als die Befunde auf Hügel XIII. Somit geht es auch darum, die generelle Stadtentwicklung in den Blick zu nehmen. Zu Beginn der Kampagne werden die im letzten Jahr gefundenen Bestattungen anthropologisch untersucht, um die Arbeiten dort abschließen zu können.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Diese Kampagne ist in vielerlei Hinsicht besonders. Erstmals werden wir, aufgrund der vielen Skelettfunde des letzten Jahres, einen Anthropologen im Team haben, der uns 2022 nur aus der Ferne unterstützen konnte. Seine Auswertung der Grabfunde ist für die Erforschung des Hügels XIII von besonderer Bedeutung. Zudem werden wir in diesem Jahr viele Studierende dabeihaben, die das erste Mal an einer (Auslands-)grabung teilnehmen. Wir sind uns aber sicher, dass Artaxata sie genau so begeistern wird, wie uns, die wir schon seit vielen Jahren dabei sind. Besonders spannend wird sicherlich der Ortswechsel. Nachdem die Erforschung der östlichen Unterstadt abgeschlossen ist, wechseln wir 2023 auf Hügel XVII in der südlichen Unterstadt. Oberflächlich sichtbare Mauern und Funde deuten zwar an, dass wir hier mit einer dichten Bebauung rechnen können, aber was uns wirklich erwartet, bleibt spannend.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Neben dem essenziellen Werkzeug, welches auch die Digitalisierung nie abschaffen wird (Spaten, Schaufel, Spitzhacke, Kelle, Schubkarre etc.), kommt wieder Hightech zum Einsatz. Die topografische Einmessung nehmen wir mit einem Tachymeter vor (Leica FlexLine TS07). Darüber hinaus wird ein armenisches Vermessungsbüro mit einem DGPS Vermessungspunkte setzen, die uns die Erstellung eines zuverlässigen digitalen Höhenmodells ermöglicht. Wie in jedem Jahr, nehmen wir die Befunde mittels structure-from-motion dreidimensional auf. Hinzu kommen ausgewählte Einzelfunde, die ebenfalls in 3D erfasst werden. Mit dem Laser aided Profiler werden die signifikanten Keramikscherben efasst. Sämtliche Doku wird bei uns in der webbasierten Datenbank archaeoDB erfasst.
DOLICHE: antike Stadt und monumentaler Tempel im Südosten der Türkei
Projektleitung: Prof. Dr. Michael Blömer
Fotos
Wohin fahren Sie? Wir arbeiten in der Südosttürkei, am Stadtrand von Gaziantep, in der antiken Stadt Doliche.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein? Dir Forschungsarbeiten dauern etwa zwei Monate: vom 24. Juli bis zum 17. September.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team? Unser Team ist sehr international, etwa die Hälfte der Mitarbeitenden kommen aus der Türkei. Neben Studierenden und Doktoranden aus verschiedenen türkischen Universitäten ist vor allem ein Team von Geophysikern zu nennen, aus Isparta, Edirne und Bitlis. Daneben kommen Team-Mitglieder aus Pisa, Exeter und Leiden. Von der Uni Münster nehmen Eva Strothenke, Dilek Çobanoğlu, Engelbert Winter, Fynn Riepe, Timo Kulartz und Sophie Strauß und ich selbst teil. Hinzu kommen noch Mitarbeitende aus Heidelberg, Köln, Saarbrücken, Regensburg, Braunschweig, München und Berlin. Das Team ist also buntgemischt, mit Studierenden, Experten und Expertinnen aus ganz verschiedenen Unis im In- und Ausland. An den Feldarbeiten sind zudem 15 lokale Grabungshelfer beteiligt.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? Wir haben uns vorgenommen, zwei zentrale Bauten der römischen Stadt Doliche zu untersuchen. Zum einen das Stadtarchiv, zum anderen einen großen Tempel, den wir erst vor zwei Jahren entdeckt haben. Da sind wir jeweils einen großen Schritt weitergekommen. Im Mittelpunkt standen aber vor allem auch die Untersuchungen der Funde. Vor allem Forschungen zur Keramik, zu Marmorverkleidungen und zur Bauornamentik sind in diesem Jahr sehr gut fortgeschritten. Zudem liegt ein Schwerpunkt auf der Bauforschung. Ein Team aus drei Architektinnen ist für vier Wochen im Einsatz, um die Details der antiken Bauten zu studieren.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Bemerkenswert ist, dass wir überhaupt eine solch umfangreiche Kampagne durchführen konnten, da wir nahe dem Epizentrum der schrecklichen Erdbeben, die im Februar die Region heimgesucht haben, arbeiten. Zum Glück sind die Stadt Gaziantep und auch unser Grabungsort und unser Grabungshaus glimpflich davongekommen, trotzdem sind die Auswirkungen beträchtlich und haben tiefe Spuren hinterlassen. Es ist erschütternd zu sehen, welches Ausmaß die Zerstörungen in den benachbarten Städten haben.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Wie gewohnt spielt im Grabungsalltag vor allem structure from motion eine große Rolle, um Orthofotos und 3D-Modellen zu generieren. Die ArchitektInnen arbeiten zudem mit einem Laserscanner Leica BLK 360. Daneben haben wir eine Drohne und Tachymeter zur terrestrischen Vermessung. Unsere Grabungsdatenbank ist Adiuvabit von der Firma Maßwerke.
Wohin fahren Sie? Wir fahren nach Griechenland auf die Peloponnes zum Heiligtum des Apollon Amyklaios wenige Kilometer südlich der Stadt Sparta.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein? Vor Ort sind wir vier Wochen, vom 22. Juli bis 18. August.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team? Das Münsteraner Geophysik-Projekt in Amyklai ist eine griechisch-deutsche Kooperation mit dem Amykles-Research Project unter der Leitung von S. Vlizos von der Universität Korfu. Neben meinem Kollegen Volkmar Schmidt (Institut für Geophysik) und mir sind zwei Studierende aus der Geophysik mitgekommen. Außerdem konnten wir vier Studierende aus den Fächern Klassische Archäologie bzw. Alte Geschichte mitnehmen, die an der Ausgrabung teilgenommen haben. Das Ausgrabungsprojekt ist sehr international und außer uns kommen die Mitglieder aus Griechenland, Frankreich und Italien. Dieses Jahr sind außerdem über 30 Studierende aus fünf Ländern mit dabei.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? Das Ziel der Kampagne ist die Überprüfung der Ergebnisse der geophysikalischen Messungen des letzten Jahres sowohl in methodischer als auch in inhaltlicher Hinsicht.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Das Besondere ist einerseits, dass wir in diesem Jahr erstmals außerhalb der Begrenzungsmauer des Heiligtums ausgegraben haben, in echter terra incognita! Andererseits war es immer wieder spannend zu sehen, was sich hinter den Anomalien der geophysikalischen Messungen verbirgt, wir also die Gelegenheit hatten, die Ergebnisse durch gezielte Grabungen zu überprüfen. Besonders war auch die Zusammenarbeit in dem sehr großen und internationalen Team, die sehr viel Spaß gemacht hat.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Im Bereich der Geophysik nehmen wir wieder die Messinstrumente für die Magnetik-, Radar- und Elektrikmessungen mit. Außerdem ein Gerät, mit dem die Suszeptibilitäten von Gesteinen gemessen werden sowie vermessungstechnische Ausrüstung.
Reportage "Feldforschung 2023" - Teil 3
LUXOR (Ägypten): South Asasif Conservation Project
Aus Münster dabei: Prof. a.D. Dr. Erhart Graefe
Fotos
Wohin fahren Sie? Ich fahre nach Luxor in Ägypten.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein? 10-15 WissenschaftlerInnen mit unterschiedlicher Teilnahmedauer: Juli bis November, zudem etwa 150 Ägypter, Arbeiter und Restauratoren. Ich selbst werde im Oktober vor Ort sein.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? Ziel dieser Kampagne ist die Fortsetzung der Ausgrabung und des Wiederaufbaus dreier Großgräber.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Dass wir unsere Arbeiten fortsetzen können (Beginn 2006); Fortsetzung der Ausgrabung von kleineren Sekundärgräbern (bisher gefunden: 24)
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Außer dem gewöhnlichen Grabungsmaterial, nutzen wir Steinmetzgerät, schwere Steinsäge, schweres Gerüst, Flaschenzüge, Steinfräsen, Strickleiter und eine elektrische Winde.
QALADZE: eine eisenzeitliche Siedlung in der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak)
Projektleitung: Prof. Dr. Janoscha Kreppner
Fotos
Wohin fahren Sie? Wir sind in der autonomen Region Kurdistan, Provinz Sulaymaniyah, die im Nordostirak liegt. Konkret wohnen wir in der Kleinstadt Qaladze und arbeiten in der Peshdar-Ebene am Fuße der chaîne magistrale des Zagrosgebirges.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein? Wir sind in diesem Sommer knapp zwei Monate vor Ort: vom 16. August bis zum 12. Oktober.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team? Das Team besteht aus Prof. Dr. Kreppner (Münster), Projektmitarbeiter Jens Rohde (Münster/München), den Studierenden Ellen Coster, Tarik Willis, Stella Rennwanz, Philipp Böhmert, Lukas Egger, Annabel Rieskamp (alle Münster), Susanne Weber, Marco Wolf (LMU München), Salah Salimi (Sardasht/Iran), Hero Salih Ahmed (Antikendirektion Sulaymaniyah/Irak), Karwan Abdulrahman (Antikendirektion Rapparin/Irak), Abubakir Qasim (University of Rapparin, Irak), Fahrer Aziz Sharif, Koch Ibrahim Mulla mit Hamrin Ibrahim sowie 23 Arbeitern aus Nureddin und Qaladze.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? In der Unterstadt des eisenzeitlichen Dinka Siedlungskomplexes setzen sich drei Gebäude in ihrer Größe deutlich von den anderen Häusern ab. Entsprechend unseres Dreijahresplans wird in jedem Jahr eines dieser Gebäude untersucht. In der Kampagne 2023 wird das ca. 650 qm große Gebäude M erforscht.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Das national und international zusammengesetzte Team!
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Wir haben auch in diesem Simmer wieder einiges an technischer Ausstattung dabei: ein differenzial GPS für die Vermessung in der Ausgrabung, structure from motion auf Grundlage von Drohnenfotos zur Erstellung von Orthofotos und 3D-Modellen, Artec 3D Scanner Spider zur dreidimensionalen Kleinfunddokumentation, einen Laser Aided Profiler für die Keramikdokumentation, eine MySql_Datenbank.
NOVA NADEZHADA: eine frühneolithische Siedlung in Südbulgarien
Projektleitung: Prof. Dr. Ralf Gleser
Fotos
Reportage "Münsteraner Feldforschung 2022"
Wohin fahren Sie? Das Team der Münsteraner Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie reist erneut nach Südbulgarien. Wir erforschen eine frühneolithische Siedlung mit Grabensystem bei dem Dorf Nova Nadezhda (frühes 6. Jahrtausend v.Chr.). Unser Kooperationspartner ist die Prähistorische Abteilung des Archäologischen Instituts der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften. Die Grabung wird vom Kulturministerium Bulgariens und dem Nationalen Forschungsprogramm "Kulturelles Erbe, nationales Gedächtnis und soziale Entwicklung" finanziert.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein? Wir sind vom 27. August bis zum 24. September vor Ort.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team? Es nehmen vier Studierende der Universität Münster teil. Außerdem Lukas Kerk MA, wissenschaftlicher Mitarbeiter in unserer Abteilung, und Prof. Dr. Ralf Gleser.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2023? Wir setzen die Grabungen der vergangenen Jahre fort, um einerseits die stratigraphischen und ggf. funktionellen Bezüge zwischen den frühneolithischen Häusern und den westlich davon gelegenen Umfassungsgräben zu erhellen. Für die Kampagne 2023 ist das weitere Tieferlegen der Plana in den bereits jetzt ergrabenen Häusern vorgesehen, um so die frühesten Phasen der frühneolithischen Siedlung erfassen und durch die Radiokarbonmethode datieren zu können. Ein weiteres Ziel ist das Ausgraben der Einfüllschichten im Bereich der letztes Jahr freigelegten Grabenzüge.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne? Die Anwendung der C14-Methode in einer der ältesten neolithischen Siedlungen nördlich des Ägäischen Meeres könnte, wenn die Vermutung hoher Daten sich bestätigt, die Neolithisierung Südosteuropas in einem neuen Bild erscheinen lassen.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz? Die Grabung hat einen modernen digitalen Standard. Die großflächige Dokumentation erfolgt mit Drohnenbefliegung. Die Abgrenzung der Befunde und die stratigrafische Feinanalyse nimmt allerdings viel Zeit in Anspruch. Es ist Geschick und die Arbeit mit feinem Gerät erforderlich.
Am „Heiligen Berg“ der Könige des Reiches von Kusch (Sudan)
Fotos
Wohin fahren Sie?
Ich bin bereits im Sudan, in unserem (angemieteten) Grabungshaus in Karima im Norden des Landes. Die Kleinstadt liegt direkt am Jebel Barkal, dem „Heiligen Berg“ der Könige des Reiches von Kusch (8. Jh. v. Chr. bis 4. Jh. n. Chr.).
Nach dem großen Survey-Projekt im Wadi Abu Dom, einem Talzug in der Wüste Bayuda im Norden des Landes, führten wir 2017-19 eine Grabung an einem Bauwerk durch. Es ist eine der wenigen größeren Steinstrukturen in diesem wüstenhaften Gebiet. Reste von Putz deuten auf einen Bau der Elite, den wir in das 2./3. Jh. n. Chr. datieren können. Es gibt viele Kochstellen, Tierknochen und Keramik, was auf eine profane Nutzung schließen lässt.
Wann sind Sie vor Ort?
Es ist eine ganz kurze Dokumentationskampagne, ich bin nur eine Woche im November 2022 hier.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Diesmal sind keine Studierende dabei (ich bin tatsächlich allein), da es keine reguläre Kampagne ist. Beim Survey hatten wir viele Studierende, auch bei der Grabung sind in der Regel zwei dabei. Zum Team gehört auch immer ein Vertreter der sudanesischen Antikenbehörde – der auch diesmal hilfreich ist, da ich für das Scannen der großen Gefäße immer mal eine dritte Hand brauche.
Was ist das Ziel der Herbskampagne 2022?
Diagnostische Keramikscherben konnten wir zur Bearbeitung nach Deutschland ausführen, aber viele Fragmente haben wir zu großen Gefäßen geklebt, die sich nicht transportieren lassen. Auf der Suche nach neuen Dokumentationsverfahren werde ich versuchen, diese mit dem Laserscanner aus unserem gemeinschaftlichen 3D-Lab aufzunehmen. Das Unterfangen hat Pilotcharakter, daher ist es nur ein kurzer Einsatz.
… und ich kann berichten, dass das Unterfangen nicht von Erfolg gekrönt war: Es dauert viel länger als analoges Zeichnen und benötigt viel zu viel Speicherplatz. Trotzdem war es gut, dass der Scanner hier war, denn italienische Kollegen fanden bei ihrer Grabung zwei kompliziert aufgebaute Kapitelle, die ich in jeweils einer halben Stunde scannen konnte – eine schnelle Hilfe für die Dokumentation.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Das Besondere ist der experimentelle Charakter, unter dem meine kurze Anwesenheit steht. Besonders ist auch, dass ich zugleich mit einem italienischen Team hier bin – wir nutzen das gleiche Grabungshaus, aber zu unterschiedlichen Zeiten.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
Neben dem Computer habe ich den Artec Spider 3D Laserscanner mit im Gepäck. Dank der guten Vorbereitung durch den Antikendienst (Papiere mit wichtigen Unterschriften) und der Erfahrung und Hilfe durch das Hotel Acropole – das Hotel aller archäologischer Teams im Sudan – war die Einfuhr unkompliziert.
Danke an Frau Lohwasser für das Interview und die Bereitstellung der Fotos!
Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 6
AMYKLAION: Ein antikes Heiligtum bei Sparta
Wohin sind Sie gefahren?
Wir waren in Amyklai, einem kleinen Ort wenige Kilometer südlich von Sparta. Dort befindet sich der Agia-Kyriaki-Hügel mit dem Apollon-Amyklaios-Heiligtum, bei dem es sich um eines der Hauptheiligtümer des antiken Sparta handelt. Seit dem Jahr 2005 findet dort eine systematische Ausgrabung, das Amykles Research Project, von griechischen Archäologen statt. Unser durch den DAAD und das griechische Pendant IKY gefördertes Projekt ist eine deutsch-griechische Kooperation, bei der die unmittelbare Umgebung des Heiligtums mithilfe von verschiedenen non-invasiven Techniken untersucht wird.
Von wann bis wann war das Team vor Ort?
Die Kampagne 2022 fand zwei Wochen im Sommer von Ende Juli bis Anfang August statt.
Haben Sie Studierende mitgenommen?
Das Team besteht auf deutscher Seite aus Archäolog:innen und Geophysiker:innen. Dieses Jahr konnten wir zwei Studierende, eine Archäologie-Studentin und einen Geophysik-Studenten, mitnehmen.
Was war das Ziel der Sommerkampagne 2022?
Das Ziel der Sommerkampagne war die Untersuchung der unmittelbar im Westen und im Süden an das Heiligtum angrenzenden Areale mit verschiedenen geophysikalischen Prospektionsmethoden. Dabei sollte der Frage nachgegangen werden, inwiefern sich eine Ausdehnung des Heiligtums über den ummauerten Kernbereich hinaus aufzeigen lässt. Hierbei sollten auch Areale identifiziert werden, in denen archäologisch relevante Strukturen zu erwarten sind, die in den Folgejahren mittels Ausgrabung näher zu untersuchen sind.
Was war das Besondere an dieser Kampagne?
Dass wir drei verschiedene geophysikalische Prospektionsmethoden anwenden konnten. UND dass es sich um die erste Kampagne einer hoffentlich längerfristigen Kooperation mit dem Amykles Research Project handelt!
Welche technische Ausstattung kam zum Einsatz?
Geophysikalische Messinstrumente aus den Bereichen Geomagnetik, Geoelektrik und Georadar, sowie ein differenzielles GPS-System.
Das Interview haben wir nach der Rückkehr des Teams geführt - herzlichen Dank an Frau Nomicos!
Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 5
DOLICHE: antike Stadt und monumentaler Tempel im Südosten der Türkei
Wohin fahren Sie?
Wir fahren in die Türkei, genauer gesagt in die Südosttürkei. Am Rande der modernen Stadt Gaziantep liegt das Stadtgebiet von Doliche. Das ist der Name einer antiken Stadt, die ca. 300 v. Chr. gegründet wurde und bis in die Kreuzfahrerzeit, etwa bis 1150 n. Chr. besiedelt war.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein?
Anfang August bis Ende September 2022. Nicht alle Team-Mitglieder sind aber durchgehend vor Ort. Je nach Aufgabenbereich schwankt die Aufenthaltsdauer zwischen zwei und acht Wochen.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Studierende und Forschende aus Münster bilden den Kern des Teams. Daneben kommen sehr viele Team-Mitglieder aus der Türkei, aber auch aus den Niederlanden, Italien sowie aus anderen deutschen Universitäten. Insgesamt nehmen dieses Jahr ca. 30 Studierende und WissenschaftlerInnen an der Kampagne teil, hinzu kommen 20 lokale Grabungshelfer. Wir sind eine internationale Grabung, die Umgangssprache ist Englisch.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2022?
Im Zentrum der Arbeiten steht in diesem Jahr die Untersuchung eines großen Tempels der römischen Kaiserzeit, den wir im vergangenen Jahr entdeckt haben. Der Bau ist ca. 40 m breit und wahrscheinlich 70 m lang. Obwohl der Tempel stark zerstört wurde, wird es uns möglich sein, durch gezielte Grabungen seine Gestalt und hoffentlich auch seine genaue Funktion zu bestimmen.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Die Möglichkeit zu haben, einen monumentalen Tempel zu untersuchen, der bislang völlig unbekannt war, ist eine ganz besondere Chance. Zu betonen ist auch, dass in der gesamten Region nur sehr wenige innerstädtische Tempel aus römischer Zeit bekannt und erforscht sind. Wir können hier also Grundlagenarbeit leisten und Neues entdecken.
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
In der Grabung kommen verschiedene digitale Methoden der Dokumentation zum Einsatz, zudem haben wir eine Drohne angeschafft. Für die Fundbearbeitung im Grabungshaus stehen in diesem Jahr zudem dank ein Hand-Laserscanner und ein Laser Aided Profiler - ein Gerät, dass mit Hilfe eines Lasers Keramik zeichnen kann - zur Verfügung. Beide Geräte sind dank des Netzwerks "Archäologie Diagonal" für archäologische Projekte der Uni Münster angeschafft worden. Zudem haben wir eine Anlage bauen lassen, um Bodenproben zu schlämmen und so Reste von Pflanzen und andere organische Hinterlassenschaften zu isolieren. Wir verfügen zudem über ein gut ausgerüstete Restaurierungswerkstatt.
Das Interview haben wir nach der Rückkehr des Teams geführt: Danke an Herrn Blömer!
| Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 4
TELL IZTABBA: eine hellenistische Siedlung im Jordantal (Israel)
Fotos
Wohin fahren Sie?
Wir fahren nach Israel und arbeiten dort auf dem Tel Iztabba. Dieser Hügel beheimatet eine Siedlung aus der Seleukidenzeit, die wir erforschen. Die Stadt wird in der Bibel unter dem Namen Beth She'an erwähnt und wird auch heute wieder so genannt.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein?
Unsere Ausgrabung findet im Jordantal statt, weshalb wir bevorzugt in der vorlesungsfreiten Zeit im Anschluss an das Wintersemester graben: von Anfang Februar bis März. In einer Jahreszeit also, in der es nicht so warm wie in den Sommermonaten ist. Nur im Jahr 2019 haben wir ausnahmsweise auch einmal von September bis Oktober dort gearbeitet.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Studierende aus Münster und Tel Aviv sind fester Bestandteil unserer Grabung! Ansonsten besteht das Team aus den beiden Projektleitern, Achim Lichtenberger und Oren Tal, zwei wissenschaftlichen Mitarbeitern, Philip Ebeling und Meir Edrey, und der Registrarin Tamar Harpak von der Israelischen Antikenbehörde.n
Was ist das Ziel der Kampagne 2022/23?
Das Zeil der nächsten Kampagne ist es, die Infrastruktur der antiken Siedlung besser zu verstehen. Wir möchten beispielsweise genauer verstehen, wie und wo die unterschiedlichen Terrassen miteinander verbunden waren, wie Straßen angelegt waren und wie die Frisch- wie Abwasserversorgung zum Beispiel funktionierte.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Dies wird die erste Kampagne seit der erfolgreich beantragten Förderung durch die DFG. Es ist unsere insgesamt dritte Kampagne nach zwei Jahren Grabungspause, bedingt durch Corona und den Förderungsauslauf durch die German-Israeli-Foundation (GIF).
Welche technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
Spitzhacke, Kelle, gegebenenfalls Zahnarztbesteck und Pinsel! Davon abgesehen benutzen wir ein Nivelliergerät und das technische Werkzeug, dass andere, wissenschaftliche Besucher:innen mitbringen. Dazu gehören stets eine Drohne mit Fotokamera und ein Tachymeter. Zusätzlich können ein Metalldetektor und vieles mehr eingesetzt werden, wenn Bedarf besteht.
Danke an Herrn Ebeling für das Interview und die Bereitstellung der Fotos!
| Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 3
QALADZE: eine eisenzeitliche Siedlung in der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak)
Fotos
Wohin fahren Sie?
Wir sind in der autonomen Region Kurdistan, Provinz Sulaymaniyah, die im Nordostirak liegt. Konkret wohnen wir in der Kleinstadt Qaladze und arbeiten in der Peshdar-Ebene am Fuße der chaîne magistrale des Zagrosgebirges.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein?
Wir sind in diesem Sommer zwei Monate dort: vom 16. August bis zum 14. Oktober.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Das Team besteht aus Prof. Kreppner (Münster), Projektmitarbeiter Jens Rohde (Münster/München), WIMI Jana Richter (Münster/München), den Studierenden Ellen Coster, Tarik Willis, Noah Rothe, Stella Rennwanz, Philipp Böhmert, Sandra Hein (alle Münster), Malte Loetz (Tübingen) und Cajetan Geiger (Bochum), der Promotionsstudentin Zahra Golmohammadi (Münster), dem Postdoc Mohammad Masoumian (Marivan, Iran), Hero Salih Ahmed von der Antikendirektion Sulaymaniyah/Irak, Abubakir Qasim (University of Rapparin, Irak) Fahrer Aziz Sharif, Koch Ibrahim Mulla mit Hamrin Ibrahim sowie 23 Arbeitern aus Nureddin und Qaladze. Vor Ort waren vorübergehend auch unsere Kooperationspartner Prof. Karen Radner von der Alten Geschichte der LMU München und Prof. Eileen Eckmeier vom Institut für Ökosystemforschung an der CAU Kiel.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2022?
In der Unterstadt des eisenzeitlichen Dinka Siedlungskomplexes setzen sich drei Gebäude in ihrer Größe deutlich von den anderen Häusern ab. Entsprechend unseres Dreijahresplan wird in jedem Jahr eines dieser Gebäude untersucht. In der Kampagne 2022 wird das 280 qm große Gebäude K erforscht.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Die große Gruppe aus Münster!
Welche (besondere) technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
Wir haben einiges an technischer Ausstattung dabei: ein differenzial GPS für die Vermessung, structure from motion auf Grundlage von Drohnenfotos für Orthofoto und 3D-Modell, ein Laiser Aided Profiler für die Keramikdokumentation, eine MySql_Datenbank.
Danke an Herrn Kreppner für das Interview und die Bereitstellung der Fotos!
| Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 2
ARTAXATA - eine hellenistische Metropole in der Ararat-Ebene (Armenien)
Wohin fahren Sie?
Ein Team des Instituts für Klassische Archäologie fährt seit 2018 regelmäßig nach Artaxata-Artashat in der Ararat-Ebene (Armenien). Auch in diesem Jahr sind wir wieder dort.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein?
Wir sind am 29. August angereist und arbeiten bis zum 8. Oktober.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Eine Doktorandin und ein Doktorand aus Eriwan, zwei Doktorandinnen aus Münster, vier Bachelor- und Masterstudierende aus Münster, eine Masterstudentin aus Frankfurt. Das Projekt steht unter der Leitung von Achim Lichtenberger, Torben Schreiber und Mkrtich Zardaryan.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2022?
Ziel der diesjährigen Sommerkampagne ist die abschließende Erforschung des Hügels XIII sowie weitere Grabungsarbeiten im Bereich der „urartäischen Struktur“.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Es ist die Abschlusskampagne der ersten Förderphase durch die DFG und somit der Auftakt für weitere, ertragreiche Forschungsjahre am Fuße des Ararat.
Welche (besondere) technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
Zunächst einmal kommt sehr viel Women- and Menpower eines sehr engagierten Teams zum Einsatz. Wir dokumentieren erneut unsere Schnitte mittels „structure-from-motion“, so dass die Grabung vollständig dreidimensional dokumentiert wird.
Danke an Herrn Schreiber für das Interview und die Bereitstellung der Fotos!
| Reportage "Feldforschung 2022" - Teil 1
NOVA NADEZHADA: eine frühneolithische Siedlung in Südbulgarien
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Wohin fahren Sie?
Das Team der Münsteraner Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie reist erneut nach Südbulgarien. Wir führen eine Kooperation mit der Prähistorischen Abteilung des Archäologischen Instituts der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften durch. Die Grabung wird erneut vom Kulturministerium Bulgariens und dem Nationalen Forschungsprogramm "Kulturelles Erbe, nationales Gedächtnis und soziale Entwicklung" finanziert. Es geht um die Erforschung einer frühneolithischen Siedlung mit Grabensystem bei dem Dorf Nova Nadezhda.
Von wann bis wann wird das Team vor Ort sein?
28. August bis 25. September 2022.
Nehmen Sie Studierende mit, wer gehört sonst noch zum Team?
Es nehmen vier Studierende an der Ausgrabung teil, ferner Prof. Dr. Ralf Gleser und Dr. Jan Miera.
Was ist das Ziel der Sommerkampagne 2022?
Die ausgegrabene Fläche im Bereich des Südsektors wurde bereits 2021 um einen neuen Abschnitt erweitert, um die stratigraphischen und ggf. funktionellen Bezüge zwischen den frühneolithischen Häusern und den westlich davon gelegenen Umfassungsgräben zu erhellen. Für die Kampagne 2022 ist das Fortführen dieser Arbeiten geplant, ferner das Tieferlegen der Plana in den bereits jetzt ergrabenen Häusern, um so die frühesten Phasen der frühneolithischen Siedlung erfassen zu können.
Was ist das Besondere an dieser Kampagne?
Wir graben im Bereich einer der ältesten bäuerlichen Siedlungen nördlich der Ägäis (frühes 6. Jt. v.Chr.) und erhoffen uns auch neue Aspekte zur Neolithisierung Europas.
Welche (besondere) technische Ausstattung kommt zum Einsatz?
Die Grabung hat einen modernen digitalen Standard. Darüber hinaus kommt derzeit aber keine besondere technische Ausstattung zum Einsatz, da die Abgrenzung der Befunde und die stratigrafische Feinanalyse viel Zeit im Feld vereinnahmt.
Danke an Herrn Gleser für das Interview und die Bereitstellung der Fotos.
Rückblick auf die Sommerkampagnen 2021
Sommerreportage "Feldforschung 2021" - Teil 5
ARTAXATA: eine hellenistische Metropole in der Ararat-Ebene (Armenien)
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Anreise: Das Team um Prof. Dr. Achim Lichtenberger und Dr. Torben Schreiber ist am 30. August in Artaxata ankommen und wird sechs Wochen - bis zum 8. Oktober - vor Ort sein. Aus Münster sind sieben Studierende mitgefahren und von armenischer Seite sind zwei Promovierende in das Projekt eingebunden.
Allgemeine Infos: Artaxata war die Hauptstadt des armenischen Königreichs der Artaxidendynastie. Gegründet durch Artaxias I. (189-160 v. Chr.) entwickelte sich der Ort in hellenistischer Zeit zu einer bedeutenden Metropole. Die antike Stadt wurde ca. 10 km südlich des heutigen Artaschat auf 14 Hügeln beim Kloster Khor Virap lokalisiert. Bisher wurde im Stadtgebiet in den 1970er und 1980er Jahren nur punktuell gegraben. Wichtige Fragen zur Urbanistik, zum kulturellen Profil der Stadt und zu Fragen der Epochengrenzen blieben allerdings noch offen. So ist weiterhin zu klären, wie lange der „Hellenismus“ in Armenien andauerte und inwiefern Vorgänge der „Romanisierung“ kulturgeschichtlich fassbar sind. Seit 2018 erforscht nun ein Team von armenischen und deutschen Wissenschaftler:innen die Urbanistik und die materielle Kultur der Stadt Artaxata von der hellenistischen Gründung bis in die nachchristlichen Jahrhunderte. Das Projekt soll zu einer kulturgeschichtlichen Einordnung der Stadt beitragen.
Ziel der Sommerkampagne 2021: Ziel der diesjährigen Sommerkampagne ist es, die Arbeiten auf dem sog. Hügel XIII abzuschließen. Dort wurden in den vergangenen zwei Jahren zwei größere Hauskomplexe teilweise freigelegt. Um die Gebäudefunktion genauer klären zu können, werden in diesem Jahr gezielt signifikante Bereiche freigelegt. Zudem soll weiter südlich in Bereich der „Unterstadt“ gegraben werden, wo die Ergebnisse der geophysikalischen Prospektion größere Bebauungsstrukturen erwarten lassen.
Besonderheiten: Es handelt sich um die bisher größte Kampagne im Rahmen unseres Forschungs- projektes. Zum einen ist das Team größer als in den vergangenen Jahren und zum anderen sind wir erstmals insgesamt 6 Wochen vor Ort. Sofern es die Logistik erlaubt, werden wir den Laserscanner der Universität Münster nutzen können. Dieser war bereits während der Frühjahrskampagne zur Aufnahme von Architekturelementen aus Stuck im Einsatz.
NOVA NADEZHADA: eine frühneolithische Siedlung in Südbulgarien
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Anreise: Prof. Dr. Ralf Gleser ist mit seinem Team Ende August nach Bulgarien aufgebrochen. Gemeinsam mit seinem Kooperationspartner Prof. Dr. Krum Bacvarov (Archäologisches Institut mit Museum der Bulgarischen Akademie der Wissenschaften) wird er bis zum 26. September vor Ort in Nova Nadezhada (Kreis Haskovo) sein. Aus Münster sind vier Studierende dabei.
Allgemeine Infos: Der archäologische Fundkomplex liegt nahe des Flusses Maritsa und umfasst eine Fläche von über 50 Hektar. Er besteht aus zwei niedrigen, hügelartigen Formationen, die durch einen schluchtartig eingetieften Bachlauf voneinander getrennt sind. Der Ort gehört aufgrund von Radiokarbondaten zu den ältesten neolithischen Siedlungen nördlich des Ägäischen Raumes: Die ältesten Siedlungsüberreste gehören dem Frühneolithikum (Wende vom 7. zum 6. Jt. v. Chr.) an. Bemerkenswert sind konzentrisch verlaufende Grabensysteme dieser frühen Zeitstellung. Bei Rettungsgrabungen 2013–2014, die aufgrund von Modernisierungsarbeiten an der nahe am Ort vorbeiführenden Eisenbahnlinie Istanbul–Belovo notwendig waren, wurde die nördliche Peripherie des nordwestlichen „Hügels“ teilweise erkundet. Die Forschungen am Fundplatz wurden 2018 wieder aufgenommen, um zu erkunden, in welchem zeitlichen Verhältnis die Bebauung innerhalb der Grabenanlagen zu den Gräben steht.
Ziel der Sommerkampagne 2021: Das Ziel der Grabungskampagne ist das weitere planmäßige Abgraben der Kulturschichten, um die ältesten Horizonte zu erreichen.
Besonderheiten: Eine Besonderheit stellt die Lage im Mariza-Tal dar, das bislang im Rahmen der Forschungen zur Neolithisierung Europas noch wenig Beachtung gefunden hat. Die Siedlung von Nova Nadezhda ist darüber hinaus interessant, weil sie mit einem mehrperiodigen Grabensystem eingefasst war. Solche Monumente sind zwar aus dem Neolithikum Mittel- und Westeuropa zahlreich bekannt, sie sind dort aber erheblich jünger. Die Idee, Grabensysteme zu bauen und zu unterhalten wurde anscheinend in der nordwestlichen Türkei am Ende des 7. Jts. "erfunden". Solche Monumente wurden dann mit der Neolithisierung unseres Kontinentes sukzessive nach Nordwesten verbreitet.
JERUSALEM: Grabung auf dem Zionsberg im Garten der Dormitio-Abtei
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Anreise: Professor Dr. Dieter Vieweger ist bereits im Frühjahr nach Jerusalem gereist, da er als Direktor des Deutschen Evangelischen Instituts für Altertumswissenschaft des Heiligen Landes selbstverständlich auch für längere Zeit vor Ort sein muss. Leider dürfen aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr keine Volontäre aus Deutschland an der Grabung teilnehmen.
Allgemeine Infos: Seit 2015 erforscht das DEI Jerusalem mit dem südwestlich der Altstadt gelegenen Zionsberg eine strategisch bedeutende Anhöhe der Stadt Jerusalem. Bisher konnten der anglikanisch-preußische Friedhof mit seinen Stadttoren und -mauern sowie seinem ausgedehnten Wohngebiet (Areal I), die erhöhte Terrasse des ‚Griechischen Gartens‘ mit einer byzantinischen Villa (Areal II) und der Verlauf der byzantinischen wie ayyubidischen Stadtmauern am südwestlichen Felsabbruch des Stadtgebiets (Areal III) untersucht werden. Die Rettungsgrabungen der israelischen Antikenverwaltung (IAA) im ‚Šulḥan David‘ (M. Chernin), auf dem katholischen Friedhof (Marion Sindel) und daran angrenzend südlich der HaShalom-Straße (Y. Zelinger) ergänzen diese Forschungen zu einem eindrucksvollen Puzzle archäologischer Stadtgrabungen.
Ziele der Sommerkampagne 2021 und erste Ergebnisse: Das DEI und die Kollegen der israelischen Antikenverwaltung führen die Neu-Grabung im Bereich des Dormitio-Klostergartens am Bet Yosef (Areal IV) in diesem Sommer gemeinsam durch. Die Umbaumaßnahmen im Gebäude der Dormitio machen dieses Projekt möglich, so dass die vielfältigen Ausgrabungen auf dem Zionsberg Jerusalem eine weitere Ergänzung finden. In Areal IV/2 reichte die Stratigrafie sogar bis in die herodianische Zeit zurück. Ein Hortfund in Areal IV/3 nahe einer Innenmauer dieses Gebäudes brachte 16 byzantinische Münzen ans Tageslicht, die vermutlich vor der sassanidischen Eroberung mit all ihren Verwüstungen und Plünderungen in der Stadt 614 n. Chr. vergraben worden waren. Der Besitzer war nach den dramatischen Ereignissen am Anfang des 7. Jh. n. Chr. offenbar nicht mehr in der Lage, seine Ersparnisse nach der Rückeroberung der Stadt wieder an sich zu nehmen. Zudem ist das vermutich auf die Ummauerung der kreuzfahrerzeitlichen Marien- und Heiliggeistkirche und des angrenzenden Klosters gestoßen
Besonderheiten: Das Team gräbt an einem Ort, an dem es in der archäologisch wohl am meisten erforschten Stadt der Welt bislang noch gar keine archäologischen Untersuchungen gab. Es wird komplett papierlos gearbeitet, sämtliche Kontexte und Funde werden täglich 3-D dokumentiert.
QALADZE: eine eisenzeitliche Siedlung in der Autonomen Region Kurdistan (Nordirak)
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Anreise: Am 13. August ist das Team um Prof. Dr. Janoscha Kreppner in Qaladze, einer Kreisstadt in der Autonomen Region Kurdistan im Nordost-Irak angekommen. Der Ort liegt in der beeindruckenden Landschaft der Zagrosberge. Jana Richter (Wissenschaftliche Mitarbeiterin), Jens Rohde (Projektmitarbeiter) sowie drei Studierende der Universität Münster sind mit dabei.
Allgemeine Infos: Seit 2015 untersucht ein internationales und interdisziplinäres Team unter der Projektleitung von Prof. Dr. Karen Radner (LMU München) und der Grabungsleitung von Prof. Dr. Florian Janoscha Kreppner (ehemals LMU-München, seit 10/2018 WWU-Münster) in der Peshdar-Ebene des Zagrosgebirges diesen großflächigen Siedlungsbefund. Die wegen moderner Bautätigkeit und landwirtschaftlicher Aktivität als Rettungsgrabungen begonnenen Ausgrabungen und geophysikalischen Prospektionen haben dort eine ca. 60 ha große Siedlung zutage gebracht. Eine Siedlungsentwicklung vom 11. bis in das 8./7. Jh. v. Chr. von einem kleinen früheisenzeitlichen Dorf zu einer urbanisierten Siedlung kann hier nachgezeichnet werden. Ziel ist es, in der aufgrund der Golfkriege in den vergangenen Jahrzehnten kaum untersuchten Region des Nordirak an der Schnittstelle von mesopotamischer zu iranischer Kulturentwicklung die Ostgrenze des assyrischen Großreiches zu erforschen und dabei Globalisierungsphänomene gegenüber der Beibehaltung lokaler Kulturtraditionen genauer zu analysieren.
Ziele der Sommerkampagne 2021: Wir untersuchen eine ca. 60 ha große eisenzeitliche Siedlung an der Ostgrenze des Assyrischen Reiches (ca. 1000-600 v. Chr.). Der Fundort ist in eine Zitadelle und eine Unterstadt gegliedert. Ziel der diesjährigen Kampagne ist, durch Ausgrabungen in drei großen freistehenden Gebäuden in der Unterstadt Auskunft über die Funktion dieser Gebäude für die Unterstadt zu erhalten. Zudem wollen wir die bislang kaum erforschte indigene früheisenzeitliche Zagros-Eisenzeitkultur besser kennenlernen und erfahren, welche Veränderungen bei der Integration der Peshdar-Ebene in das Assyrische Reich stattfanden.
Besonderheiten: Es ist eine besondere Herausforderung eine archäologische Ausgrabung im Irak in Zeiten einer Pandemie und angespannten politischen Lage durchzuführen. Das Team erwartet interessante Befunde direkt unter der Geländeoberfläche, worauf Testschnitte bereits hindeuten. Sie freuen sich auf ungestörte Rauminventare, die Auskunft darüber geben, wie die Menschen vor 2800 Jahren an der Ostgrenze des Assyrischen Reiches gelebt haben! Der 3D-Scanner der Universität Münster soll Anfang September zu uns in den Irak gebracht werden. Das Projekt hat zudem ein digitales Dokumentationssystem entwickelt, mit dem es möglich ist, „Archäologie in real time“ zu betreiben, d.h. die Grabungsergebnisse bereits im Folgejahr in einer Monographie zu publizieren. Das ist wirklich unglaublich schnell!
DOLICHE: Feldforschung im Osten der Türkei seit nunmehr 25 Jahren
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Von Bulgarien bis in den Sudan: Archäologische Feldforschungen an der WWU
Vortragsabend am 17. Januar 2022
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Anreise: In diesem Jahr die 4500 km von Münster bis Doliche mit dem Bulli zurückzulegen war schon die erste Herausforderung. Denn für jedes Land, das durchquert wurde, mussten zahlreiche Dokumente ausgefüllt werden. Aber nur so konnte die notwendige Ausrüstung in die Türkei gebracht werden. Zum Glück ist der Großteil der Gruppe mit dem Flugzeug aus Deutschland angereist. Anfang August sind alle wohlbehalten im Grabungshaus eingetroffen.
Allgemeine Infos: Doliche liegt im Osten der Türkei, nahe der syrischen Grenze. Überragt wird das Gebiet vom Gipfel des Dülük Baba Tepesi, auf dem sich mit dem Tempel des Iuppiter Dolichenus das wichtigste Heiligtum der Stadt befand war. In der Antike war Doliche ein Ort von überregionaler Bedeutung. Die Entdeckung von Tempelanlagen am Fuße des Keber Tepe in den Jahren 1997 und 1998 leitete den Beginn systematischer historisch-topographischer und archäologischer Untersuchungen ein. Von 1998 bis 2000 wurden Grabungen in den sog. Mithräen durchgeführt, danach konzentrierten sich die Forschungen auf das Heiligtum des Iuppiter Dolichenus. 2010 und 2011 wurden dann erstmals Testgrabungen im Stadt- gebiet durchgeführt. In der Folge wurde ein Konzept zur Erforschung Doliches entwickelt. Es umfasst geophysikalische und archäologische Surveys sowie Grabungen im Bereich der Wohnbebauung des Südhangs und im öffentlichen Raum (Agora) vor. Das Projekt wird seit 2015 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert und von der Forschungsstelle Asia Minor unter der Leitung von Prof. Dr. Engelbert Winter umgesetzt.
Ziele der Sommerkampagne 2021: Die diesjährige Kampage hat sich mehrere Ziele gesetzt: Neben der Fortsetzung der geophysikalischen Prospektionen im antiken Stadtgebiet sollen insbesondere die Freilegungsarbeiten im Bereich der Hangkirche von Doliche sowie der römischen Thermenanlage abgeschlossen werden. Zudem können erstmals Grabungsarbeiten in neu erschlossenen Arealen im antiken Stadtzentrum durchgeführt werden, die weitere Auskunft über die öffentliche Bebauung geben sollen.
Besonderheiten: Im Rahmen einer neu etablierten Kooperation mit dem 2020 eingerichteten UNESCO Chair for Cultural Heritage and Digital Memory an der Baskent University in Ankara wird ein vollständiger terrestrischer Laserscan der Hangkirche von Doliche durchgeführt. Auch der 3D-Scanner der Universität Münster wird zum Einsatz kommen. Er dient der Dokumentation der in den vergangenen Jahren aus dem städtischen Archiv von Doliche geborgenen Siegel, deren Zahl inzwischen über 4000 Stücke beträgt.
Und sonst noch: Aktuelle Eindrücke liefern die "Doliche Diaries" - ein Blog direkt vom Grabungsalltag.
Von Bulgarien bis in den Sudan: Archäologische Feldforschungen an der WWU
Vortragsabend am 17. Januar 2022
Nach den erfolgreichen Kampagnen im Sommer 2021 laden die Münsteraner Archäologen und Archäologinnen zum Beginn des neuen Jahres zu einem öffentlichen Vortragsabend ein, bei dem Einblicke in die aktuellen Feldforschungsprojekte gegeben werden.