Dossier - 2023
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Religion und Verschwörungstheorien in Zeiten der Corona-Epidemie

© Unsplash/Grant Whitty, Smlg. Archäologie und Museum Baselland, wikimedia commons, unsplash/Tom Radetzki

Kaum hatten die Menschen in Deutschland begriffen, dass sich ihr Leben durch den Ausbruch der Corona-Krise grundlegend ändern würde, waren nicht nur Virologen und Epidemiologen zur Stelle, um uns über die neue Situation und ihre Herausforderungen aufzuklären. Es schossen auch Verschwörungstheorien aus dem Boden, die umfassende Erklärungen für die Krise anboten, tiefere Einsichten in die hinter der Oberfläche liegenden Zusammenhänge parat hielten und für die Unkundigen die wahren Gründe der Krise entschleierten. Das Dossier geht dem Zusammenhang und der Differenz zwischen Religion und Verschwörungstheorien in Zeiten der Pandemie nach.

Zu den  Autorinnen und Autoren gehören die Historiker Marcel Bubert und Historiker Wolfram Drews, die Psychologen Michael Bollwerk und Mitja Back, Politikwissenschaftlerin Carolin Hillenbrand, Politikwissenschaftler Bernd Schlipphak, Historiker André Krischer, Religionssoziologe Detlef Pollack, Literaturwissenschaftler Christian Sieg, Religionssoziologe Levent Tezcan, und der Theologe und Historiker Dr. Johannes Wischmeyer.

© wikimedia commons

1. Religiöse Deutungen von Epidemien

In einem ersten Teil werfen wir die Frage auf, wie Religionsgemeinschaften und ihre Vertreterinnen und Vertreter die Epidemie deuten, welche Deutungsmuster sie heranziehen, wie sich diese von früheren religiösen und theologischen Pandemie-Interpretationen unterscheiden und wie divers die religiösen Deutungen je nach sozio-historischem Kontext und je nach religiösem Selbstverständnis ausfallen. Beim Blick auf die großen Kirchen in Deutschland etwa fällt auf, wie zurückhaltend sie ihre Deutungen der Krise formulieren. Doch nicht alle religiösen Akteure bewegen sich derart vorsichtig und sensibel auf dem religiösen Feld. Manche begreifen die Krise auch als einen willkommenen Anlass, ihre Botschaft lautstark ins Spiel zu bringen. Weiterlesen

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2. Der individuelle Umgang mit der Corona-Krise – und welche Rolle spielt die Religion dabei?

In einem zweiten Teil lenken wir den Blick auf die Haltung und Praxis der Individuen und untersuchen, wie sie mit der Corona-Krise umgehen und inwiefern Religion eine Rolle dabei spielt. Wir fragen beispielsweise, ob bzw. aus welchen Gründen Menschen die alternativ angebotenen religiösen Formate wie Online-Gottesdienste o. ä. wahrnehmen, inwieweit sie angesichts der Krise spirituelle oder religiöse Praktiken verfolgen und welche Bedeutung ihrem persönlichen Glauben in der Deutung der Pandemie und in ihrem Umgang damit zukommt. Weiterlesen

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3. Verschwörungstheorien in Konkurrenz zu Religion und Wissenschaft

Verschwörungstheorien wirken wie Unheilsprophetien, aber bieten sie auch Erlösungsvisionen? Sie erklären die Krise mit sich rational gebenden Konstruktionen, aber setzen sie sich auch der empirischen Überprüfung aus? In einem dritten Teil interessieren wir uns für strukturelle Analogien zwischen Verschwörungstheorien, Religion, Wissenschaft und anderen Weltdeutungsangeboten, aber auch für die Differenzen zwischen ihnen. Es gibt Hinweise darauf, dass Verschwörungstheorien an den Rändern von Religionsgemeinschaften durchaus auf Interesse stoßen. Aber es wäre auch interessant zu prüfen, worin möglicherweise Affinitäten zwischen Verschwörungstheorien und wissenschaftliche Analysen bestehen. Weiterlesen

"Zwischen Gottesstrafe und Verschwörungstheorien"

Cover Zwischen Gottesstrafe und Verschwörungstheorien
© Campus Verlag

Die Forschungen des Exzellenzclusters über Epidemien von der Antike bis zur Gegenwart sind in einen Sammelband mit dem Titel „Zwischen Gottesstrafe und Verschwörungstheorien“ eingeflossen. Die Publikation befasst sich mit Verschwörungstheorien und alternativ-theologischen Deutungen, die in Zeiten von Epidemien in der Geschichte und Gegenwart auftauchen. „Was in der Corona-Pandemie seit 2020 für Irritationen in liberalen Milieus sorgte, die von der Evidenz medizinisch-naturwissenschaftlicher Expertisen überzeugt sind, ist historisch betrachtet für die Zeiten von Seuchen nicht neu“, unterstreichen die Herausgeber Historiker Marcel Bubert und André Krischer. „Immer wieder entstanden Konkurrenzen zwischen verschiedenen Deutungen des epidemischen Geschehens.“ Der Band beleuchtet solche Deutungskonkurrenzen erstmals in interdisziplinärer, epochenübergreifender Perspektive. Weiterlesen