Neues Netzwerk für religionsbezogene Afrikaforschung
Auftakt am Exzellenzcluster zum politischen Einfluss muslimischer Aktivisten in Mali
Ein internationales Netzwerk zur religionsbezogenen Afrikaforschung am Exzellenzcluster startet mit einer Tagung zum Islam als Quelle politischer Mobilisierung in Mali. Ethnologin Prof. Dr. Dorothea Schulz hat dazu mit Dr. Souleymane Diallo vom Institut für Ethnologie der Universität Münster Forscherinnen und Forscher aus Afrika, Europa und den USA eingeladen. Sie befassen sich mit dem Einfluss muslimischer Akteure auf die Legitimation von politischer Herrschaft in Mali. Das wachsende gesellschaftliche Gewicht muslimischer Aktivisten in Mali seit Beginn der 2000er Jahre und die militärischen Staatsstreiche 2012 und 2020 zeigten, so die Wissenschaftlerin, „dass der Islam nunmehr – neben militärischer und politisch-prozedural verbriefter Macht – zur dritten Quelle politischer Legitimität avanciert ist.“
Die Auftaktveranstaltung vom 4. bis 5. Februar 2021 in Münster trägt den Titel „Rifle, Quill, and Rosary. Competing sources and corporate struggles for political legitimacy in Mali“ (Gewehr, Federkiel und Rosenkranz. Konkurrierende Quellen und Kämpfe um politische Legitimität in Mali). Das neue Netzwerk, mit dem die außereuropäische Religionsforschung am Exzellenzcluster ausgebaut wird, entsteht unter folgendem Namen: „Religious Pluralism: conceptual, normative and empirical perspectives“ (Religiöser Pluralismus: konzeptionelle, normative und empirische Perspektiven). International ausgewiesene Expertinnen und Experten der religionsbezogenen Afrikaforschung werden darin längerfristig religiöse Aushandlungen in Afrika und ihren Verflechtungen mit gesamtgesellschaftlichen, politischen und ökonomischen Transformationsprozessen erforschen.
Religiöse und (para-) militärische Mobilisierungen
Im Mittelpunkt der bevorstehenden Tagung steht der Islam als Quelle politischer Mobilisierung und Legitimität, so Dorothea Schulz, und als Projektionsfläche für moralische Erneuerung und Kontinuität mit Traditionen. „Zentrales Anliegen ist es, ausgehend von den aktuellen Entwicklungen in Mali nachzuvollziehen, welche Prozesse im länderübergreifenden Raum der Sahara und des Sahels zum Erstarken des ‚Islam‘ als Quelle moralischer Erneuerung und politischer Legitimität geführt haben.“ Diese und ähnliche Entwicklungen in anderen Gebieten des Sahel-Sahara- Raums seien nicht einfach als Anzeichen eines international operierenden ‚islamischen Terrors‘ zu lesen.
Stattdessen dient die Veranstaltung der Rekonstruktion nationaler, regionaler und lokaler Dynamiken, die aktuelle religiöse und (para-) militärische Mobilisierungen befördern. Mit der Bündelung europäischer, nordamerikanischer und afrikanischer Expertise soll die vom Exzellenzcluster ausgerichtete Tagung den Dialog zwischen Vertreterinnen und Vertretern der Politik- und Geschichtswissenschaften sowie der Sozial- und Kulturanthropologie zu diesem Thema bewirken. Beteiligt sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Mali, Frankreich, Italien, Belgien, Dänemark, den USA und Deutschland. (exc/maz/vvm)