„Reform – Dieselbe Kirche anders denken“
Theologe Michael Seewald lotet Möglichkeiten und Grenzen für kirchliche Reformen aus
Der katholische Theologen Prof. Dr. Michael Seewald vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ hat ein neues Buch zum Thema „Reform – Dieselbe Kirche anders denken“ veröffentlicht. Er lotet darin Möglichkeiten und Grenzen für Reformen in der katholischen Kirche aus. Die katholische Kirche stehe unter großem Veränderungsdruck, und die Liste der Streitthemen sei lang: die Rechte von Frauen, die Bewertung gleichgeschlechtlicher Partnerschaften, das Thema Missbrauch oder die Mitwirkung von Laien. „Die Kirche könnte beweglicher sein, als sie sich derzeit gibt“, so der Dogmatik-Professor, „denn die Diskussion über Reformen bewegt sich in einem dogmatisch verengten Rahmen, der sich selbst als alternativlos katholisch setzt, aber in Wirklichkeit nur eine unter vielen Möglichkeiten darstellt, Theologie zu treiben“.
In seinem Buch erläutert der Wissenschaftler das Selbstverständnis des kirchlichen Lehramts und zeigt dessen eigentümliche Modernität auf, von der her verstehbar wird, mit welch gewaltigem Innovationsaufwand es versucht, den Eindruck zu erwecken, als wolle es bloß das Alte bewahren. Auf dieser Basis erläutert Seewald verschiedene Modi dogmatischer Entwicklung und konturiert, vor allem anhand der Verhältnisbestimmung zwischen Evangelium und Dogma, den Begriff der Reform. Dies alles erfolgt vor dem Hintergrund der aktuell drängenden Fragen. Doch um ein Missverständnis vorweg auszuräumen: Es handelt sich nicht um ein praktisches Buch und enthält auch keine Wunschliste an Dingen, die sich ändern sollten. Das Buch zeigt vielmehr auf, wie es der katholischen Kirche möglich ist, sich grundlegend zu reformieren und zugleich sie selbst zu bleiben. Dabei darf weder utopisch groß noch einfallslos klein gedacht werden.
„Der erste Schritt zu einer theologisch verantworteten Reform der Kirche besteht darin, die spezifische Modernität der Kirche anzuerkennen“, schreibt Michael Seewald. „Es ist ungenau und sogar irreführend, bestimmte Veränderungen unter dem oft zu hörenden Schlagwort zu fordern, die Kirche müsse sich ‚modernisieren‘. Reformen brauchen die Kirche nicht erst zu modernisieren, weil sie schon modern ist. Es muss aber gefragt werden, ob die schon vollzogene Modernisierung der katholischen Kirche geglückt ist oder ob Gründe dafür sprechen, den christlichen Glauben anders in der Gegenwart zu verorten, als dies derzeit geschieht.“ (Herder/vvm)