Wandel von Normen und normativen Diskursen
Interdisziplinäre Tagung mit öffentlichem Vortrag der Berliner Philosophin Rahel Jaeggi
Mit normativen Krisen und dem Wandel von Normen seit der Antike bis heute befasst sich eine interdisziplinäre Tagung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ der Universität Münster. Unter dem Titel „Verflüssigung und Verfestigung von Normen und normativen Diskursen“ erörtern Vertreterinnen und Vertreter aus der Rechts- und Politikwissenschaft, Theologie, Religionssoziologie, Soziologie und Philosophie das Thema vom 1. bis 3. Februar 2017 in Münster. Der Rechtswissenschaftler Prof. Dr. Thomas Gutmann und die Soziologin Prof. Dr. Christel Gärtner veranstalten die Konferenz im Rahmen der Koordinierten Projektgruppe „Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse“ des Exzellenzclusters.
Zum Auftakt spricht die Philosophin Prof. Dr. Rahel Jaeggi von der Berliner Humboldt-Universität in einem öffentlichen Abendvortrag über die „Krise von Lebensformen“. Der Vortrag ist am Mittwoch 1. Februar um 18:00 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses, Domplatz 20-22 in Münster zu hören.
„Die Tagung will sowohl in theoretischer Absicht als auch am konkreten Beispiel die Struktur von Normkrisen und normativen Transformationsprozessen analysieren, insbesondere auf dem religiösen und dem politischen Feld“, erläutern die Veranstalter. So werde danach gefragt, wann die relative Gewissheit von Geltungsansprüchen fraglich werde und welcher Zusammenhang zwischen normativer Kritik und Krise bestehe. Die Wissenschaftler wollen erörtern, „wann und wie sich Rechtfertigungsnarrative ändern, verschieben oder stabilisieren und welche Dynamik hieraus resultiert“.
Normative Diskurse von der Antike bis heute
„Wir wollen nicht nur verstehen, warum normative Gewissheiten zerbrechen, sondern zugleich, wie es Akteuren gelingt, neue ‚letzte Wahrheiten‘, Grundwerte und Paradigmata normativer Diskurse zu etablieren und sich dabei selbst als Norminstanzen zu legitimieren“, so Prof. Gutmann. „Wie entstehen in der Dialektik von Kontinuität und Diskontinuität, von default und challenge neue Lösungen? Wie sehen die Prozesse aus, in denen dies geschieht? Gibt es idealtypische Strukturen der Verflüssigung und Verfestigung von Normen und normativen Diskursen? Was ist der geeignete theoretische Zugriff auf solche Prozesse?“
Die Tagung ist Teil des Forschungsfeldes „Normativität“ am Exzellenzcluster, das Konzepte der Normativität und ihrer Geltungsgrundlagen im Vergleich vormoderner und moderner Kulturen behandelt. Prof. Dr. Thomas Gutmann ist in dessen Rahmen Koordinator der Projektgruppe „Verflüssigung und Verfestigung normativer Diskurse“. Er leitet außerdem das Forschungsprojekt A2-7 „Pluralismus und Normbegründung in der Moderne“. Prof. Dr. Christel Gärtner ist Leiterin des Projekts A2-22 „Islam und Gender in Deutschland. Zur (De-)Konstruktion säkular und religiös legitimierter Geschlechterordnungen“ sowie Mentorin an der Graduiertenschule des Exzellenzclusters. (ill/vvm)