Wie Religion individuelle Einstellungen beeinflusst
Neue psychologische Forschungen zu Integration und Fremdenfeindlichkeit
Die Psychologie erweitert künftig die sozialwissenschaftliche Forschung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der WWU. Zwei neue Forschungsprojekte untersuchen Einflüsse von Religion auf die Einstellung gegenüber Fremden und Geflüchteten. Der Psychologe Prof. Dr. Mitja Back leitet gemeinsam mit dem Politikwissenschaftler Prof. Dr. Bernd Schlipphak das Projekt „Vorurteile, Verschwörungstheorien und negative Stereotype: Der Einfluss individueller und kontextueller religiöser Faktoren“. In interdisziplinärer Zusammenarbeit gehen sie der Frage nach, wie Religion Einstellungen gegenüber Fremden prägt. In einem weiteren Projekt mit dem Titel „Integration at first sight“ (Integration auf den ersten Blick) erforscht Mitja Back die „Bedeutung des Religiösen für erste gegenseitige Eindrücke von Geflüchteten und Deutschen“, so der Untertitel des Vorhabens. Beide Projekte gehören zum Forschungsfeld „Integration“ des Exzellenzclusters.
Das interdisziplinäre Projekt von Prof. Back und Prof. Schlipphak bringt psychologische und politikwissenschaftliche Analysen der Zusammenhänge zwischen Religion und Fremdenfeindlichkeit zusammen. „Eine Kombination aus individuellen psychologischen Vorprägungen und gesellschaftlichen Kommunikationsprozessen ist ausschlaggebend dafür, wie Menschen Vorurteile, Verschwörungstheorien und negative Stereotype wahrnehmen, ob sie sich zu eigen machen und ob sie entsprechende politische Einstellungen entwickeln“, erläutern die Wissenschaftler. Durch die gleichzeitige Betrachtung von Religion auf individueller und auf gesellschaftlicher Ebene wollen sie verstehen, wie es zu einer Eskalation oder aber Eindämmung religiös und politisch motivierter Konflikte kommen kann. Die Forscher wollen Umfragen in Deutschland, Polen, Jordanien und dem Libanon durchführen, die unterschiedliche religiöse Kontexte aufweisen, sowie Sekundärdaten aus Politikwissenschaft und Psychologie auswerten.
Religion als Ressource oder Barriere der Integration
In einem weiteren Projekt analysiert Prof. Back Einflüsse von Religion auf die Integration, indem er erste gegenseitige Eindrücke von Geflüchteten und von Deutschen empirisch ermittelt. „Um zu verstehen, inwiefern Religion eine Ressource oder eine Barriere für die Integration sein kann, analysiert das Projekt jene psychologischen Prozesse, die Integration und Verständnis oder Isolation und Radikalisierung bedingen“, sagt der Forscher. Dabei will er untersuchen, wie sich die Religionszugehörigkeit und religiöse Überzeugungen auf den ersten Eindruck auswirken und gemeinsam mit weiteren sozialen und persönlichen Faktoren etwa Sympathie, Vertrauenswürdigkeit oder Aggressivität hervorrufen. Der Forscher führt dazu zunächst Foto-Beurteilungs-Tests durch. Danach sollen in Labor- und Feldstudien erste Eindrücke in direkten Begegnungen mittels Videoaufnahmen analysiert werden. Das Projekt am Exzellenzcluster wird auch von der Forschungsinitiative „Psychological Aspects of Refugee Integration“ (PARI) am Institut für Psychologie der WWU unterstützt.
Prof. Dr. Mitja Back ist seit 2012 Professor für Psychologische Diagnostik und Persönlichkeitspsychologie am Institut für Psychologie der WWU. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen psychologische Aspekte der Integration Geflüchteter, Prozesse der Persönlichkeitsentwicklung und der Entwicklung sozialer Beziehungen sowie die Genauigkeit von Persönlichkeitsurteilen. In seinen Arbeiten bedient er sich eines multimethodalen Zugangs zur Persönlichkeit. (ill/vvm)