„Amerika, Du hast es besser“
Beitrag des Religionsphilosophen Lübbe über religionspolitische Aufklärung
Einen Vergleich der religionspolitischen Traditionen in Deutschland und den USA zieht der renommierte Religionsphilosoph Prof. Dr. Hermann Lübbe in einem neuen Online-Beitrag des Centrums für Religion und Moderne (CRM) der Universität Münster. Der Aufsatz mit dem Titel „‚Amerika, Du hast es besser‘. Religionspolitische Aufklärung im Vergleich“ steht als Working Paper auf der CRM-Website zum Download bereit. Der Forscher warnt in dem Beitrag, der auf die Ringvorlesung "Religionspolitik heute" des Exzellenzclusters und des CRM im Sommersemester 2016 zurückgeht, davor, gegenüber Religionen wie dem Islam, die durch Zuwanderung neu nach Deutschland kommen, als "Religionsaufklärer" aufzutreten.
Der Religionsphilosoph kritisiert den deutschen Umgang mit Religionen, die neu ins Land kommen. „Im deutschen religionspolitischen Ordnungsmodell des Konsenses herrscht die Auffassung, Muslime sollten aus den Hinterhofmoscheen herausgeführt und an staatliche Aufklärungseinrichtungen wie Schulen und Universitäten gebracht werden. Erst dann, so denkt man, werden sie zu Bürgern unseres Landes“, so der Philosoph von der Universität Zürich. Während ein Land wie die USA eine starke Koexistenz von durchaus unvereinbaren Religionen und Konfessionen ermögliche und erlaube, suche Deutschland vergeblich ein „Maximum an Konsens“ zwischen den Religionen.
In den USA „Koexistenz des Unvereinbaren“
„Das religionspolitische System der USA hat seit den Anfängen die große Fähigkeit, eine in Europa nirgends gekannte Fülle verschiedener Religionen aufzunehmen“, führt der Wissenschaftler aus. Aus dem Freiheitswillen der Amerikaner ergebe sich „eine maximale Zulassung von unvereinbaren religiösen Optionen und Konfessionen“. Im Unterschied zur kooperativen Ausgestaltung zwischen Staat und Kirche in Deutschland halte sich der Staat in den USA daran, sich nicht in die religiösen Angelegenheiten seiner Bürger einzumischen. Der Unterschied der US-amerikanischen Religionspolitik zur deutschen könne damit nicht größer sein, hebt der Religionsphilosoph hervor. Die US-amerikanische Religionsfreiheit lasse sich als eine Ordnung der „Koexistenz des Unvereinbaren“ beschreiben.
Hermann Lübbe ist emeritierter Professor für Philosophie und Politische Theorie an der Universität Zürich. Von 1975 bis 1978 war er Präsident der Allgemeinen Gesellschaft für Philosophie. 1996 erhielt er das Große Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. Zu seinen Arbeitsgebieten zählen Religion in Modernisierungsprozessen sowie Expertenwissen und Gemeinwissen.
Die Ringvorlesung befasste sich mit aktuellen Fragen der Religionspolitik. Ziel der Vorträge und Podien war es, Grundsatzfragen sowie aktuelle Konflikte und Lösungen zu erörtern, auch im internationalen Vergleich. Die Reihe brachte Wissenschaft, Politik, Religionen und Weltanschauungsgemeinschaften durch Vorträge und Podiumsdiskussionen ins Gespräch. (ill/vvm)