„Wissenschaftliche Grenzen überschreiten“
Neue Studie zur Interdisziplinarität analysiert fächerübergreifende Forschung
Mit interdisziplinären Forschungen über Fächergrenzen hinweg befasst sich eine neue Monografie, zu deren insgesamt acht Autoren der Philosoph Prof. Dr. Michael Quante vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ gehört. Eine fächerübergreifende Arbeitsweise sei zu einem wichtigen Teil moderner Wissenschaft geworden, erläutern die Verfasser. Doch so überzeugend ein Perspektivenwechsel in Richtung Interdisziplinarität sei, bleibe doch „im Einzelnen völlig unklar, wie sich eine solche interdisziplinäre Forschung erfolgreich etablieren lässt“. Das werde in der neuen, englischsprachigen Publikation wissenschaftstheoretisch erörtert. „Offen sind sowohl Fragen der konkreten Forschungsorganisation als auch der Sicherung erkenntnistheoretischer Qualitätsstandards.“ Ungelöst sei auch die Frage, wie sich die außerwissenschaftliche Zwecksetzung der interdisziplinären Forschung genau definieren lasse und wie sich interdisziplinär gewonnene Ergebnisse angemessen finalisieren ließen.
Der Studie liegt nach den Worten der Philosophen die Auffassung zugrunde, dass Forschungen, welche die Grenzen von Disziplinen überschreiten, eine notwendige Bedingung dafür sind, dass wissenschaftliche Fragestellungen außerwissenschaftliche Zwecke in die Forschung einbeziehen und dadurch innovative Erkenntnisprozesse an solchen Zwecksetzungen ausrichten können.
Das Buch trägt den Titel „Interdisciplinary Research and Trans-disciplinary Validity Claims“ (Interdisziplinäre Forschung und transdisziplinäre Geltungsansprüchen) und analysiert zunächst die gegenwärtige Rolle fächerübergreifender Fragen in der Gesellschaft. Anschließend befassen sich die acht Autoren – darunter der Bielefelder Philosoph Prof. Dr. Martin Carrier und der Siegener Philosoph Prof. Dr. Carl Friedrich Gethmann – mit dem Verhältnis von Erkenntnisprozessen zu Handlungskontexten und stellen die Bezüge beider zur transdisziplinären Reflexion her. Schließlich werden Schlussfolgerungen in Richtung des wissenschaftlichen Systems einerseits und gesellschaftlicher Akteure andererseits formuliert. Grundlagen dieser Schlussfolgerungen sind die Klärung der begrifflichen Bezüge zwischen disziplinärer Forschung, interdisziplinärer Grenzüberschreitung und transdisziplinärer Ausrichtung der Forschung. Die Publikation aus dem Springer-Verlag ist Teil der Reihe „Ethics of Science and Technology Assessment“.
Prof. Quante ist Professor für Praktische Philosophie der Uni Münster sowie Mitglied der Kolleg-Forschergruppe „Normenbegründung in Medizinethik und Biopolitik“ und des Sonderforschungsbereichs „Kulturen des Entscheidens“. Von 2012 bis 2014 war er Präsident der Deutschen Gesellschaft für Philosophie, seit 2011 ist er Mitglied in der Ethik-Kommission der Medizinischen Fakultät der Universität Münster und der Ärztekammer Westfalen Lippe; außerdem ist er seit 2013 der erste Ethikbeauftragte der Westfälischen Wilhelms-Universität. Am Exzellenzcluster leitet Prof. Quante das Projekt A2-15 Philosophische Anthropologie als Basis einer säkularen Normbegründung. (Springer Verlag/ska/vvm)