Wie sich Papst Johannes VIII. gegen Plünderer wehrte

Rechtshistoriker Prof. Kaiser spricht in der Ringvorlesung über den Nutzen des römischen Rechts

News-rvl-kaiser

Prof. Dr. Wolfgang Kaiser

Über den Nutzen des römischen Rechts spricht Rechtshistoriker Prof. Dr. Wolfgang Kaiser von der Universität Freiburg am Dienstag, dem 17. April, in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“. Der öffentliche Vortrag mit dem Titel „Vom Nutzen des römischen Rechts – Wie sich Papst Johannes VIII. im Jahre 878 gegen Kirchenplünderer zu wehren wusste“ beginnt um 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22.

Prof. Kaiser stellt in seinem Vortrag die Vielfalt der Rechtsordnungen im Frühmittelalter dem einheitlichen Reichsrecht des spätrömischen Reichs gegenüber. Zwar sei es dem oströmischen Kaiser Justinian (527–565) gelungen, die im Westen im Laufe des fünften Jahrhunderts verlorenen nordafrikanischen und italienischen Teile des Reiches militärisch zurückzugewinnen und damit auch die Rechtseinheit wiederherzustellen, so der Rechtshistoriker. Doch sei den Rückeroberungen in Italien kein langfristiger Erfolg beschieden gewesen. „Langobarden und Franken ersetzten die byzantinische Herrschaft weitgehend.“ Dennoch habe das Recht den Untergang desjenigen Staates überlebt, dessen Recht es war. „Statt von staatlichen Beamten wurde es nunmehr von der römischen Kirche angewendet“, erläutert Prof. Kaiser.

Römisches Recht gegen Gesetzbuch der Westgoten

„Das römische Recht gelangte sogar in Regionen, die außerhalb des justinianischen Reiches lagen“, sagt Prof. Kaiser. Sein Vortrag zeige dies an einem Beispiel auf: „Nach einer überstürzten Abreise aus Rom zum Konzil von Troyes im Sommer 878 fand sich Papst Johannes VIII. dort nicht nur mit hochpolitischen Fragen zur Königskrönung, sondern auch mit handfesten materiellen Streitigkeiten konfrontiert.“ Der Bischof von Narbonne habe sich beklagt, dass in seinem Amtsbezirk die weltlichen Richter der Ausplünderung von Kirchen Vorschub leisten würden, indem sie sich auf das Fehlen von Vorschriften zum Schutz der Kirche im weltlichen Recht beriefen: Sie würden das Gesetzbuch der Westgoten benutzen, um Kirchenräubern freie Hand zu lassen. „Dieser Praxis suchte nun der Papst mit Hilfe des römischen Rechts entgegenzutreten.“

Bei der Ringvorlesung „Religion, Recht, Politik“ des Exzellenzclusters handelt es sich um eine Kooperation des Exzellenzclusters mit der Rechtswissenschaftlichen Fakultät. Das spannungsreiche Verhältnis von Religion, Recht und Politik in der Rechtsgeschichte steht im Mittelpunkt der Reihe. Die Vorträge konzentrieren sich auf die europäische Geschichte und nehmen diese in einer Langzeitperspektive in den Blick – von der Spätantike bis in den Vormärz. (bhe)


Ringvorlesung „Religion, Recht, Politik“

Sommersemester 2012
dienstags 18.15 bis 19.45 Uhr
Hörsaal F2 im Fürstenberghaus
Domplatz 20-22
48143 Münster