„Biblische Texte rechtfertigten religiöse Gewalt“
Theologe spricht über die Bedeutung apokalyptischer Schriften bei Thomas Müntzer
Zur Rechtfertigung religiös motivierter Gewalt haben vor allem apokalyptische Deutungsmodelle eine wichtige Rolle gespielt. Das sagt der evangelische Theologe Prof. Dr. Rüdiger Schmitt vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhems-Universität Münster (WWU). Er spricht darüber am Dienstag in der Ringvorlesung „Religion und Gewalt“. Sein Vortrag trägt den Titel „‘Yr sollet euch nit erbarmen…‘ Biblische Legitimation religiöser Gewalt bei Thomas Müntzer“. Aus der Perspektive der alttestamentlichen Wissenschaft arbeitet Prof. Schmitt typische Auslegungs- und Rezeptionsmuster biblischer Texte zur Legitimierung von Gewalt in der Theologie der radikalen Reformatoren am Beispiel von Thomas Müntzer heraus und gibt dabei auch einen Ausblick auf Bernhard Rothmann und das Täuferreich in Münster.
Um die Verwerfung traditioneller Herrschaft und die Begründung alternativer gesellschaftlicher Entwürfe durchzusetzen, haben radikale Reformatoren wie Thomas Müntzer und Bernhard Rothmann sich insbesondere auf apokalyptische Bibeltexte bezogen, wie Prof. Schmitt erläutert. „Die Begründung von Gewalt gegen eine als gottlos empfundene Obrigkeit konnte sich auf eine entsprechende Auslegung der Kriegstexte im Pentateuch stützen. Die Legitimierung eines vollständigen gesellschaftlichen Umsturzes bedurfte jedoch einer besonderen Begründung. Diese zogen die radikalen Reformatoren sowohl aus kanonischen als auch apokryphen, also nichtkanonischen Bibeltexten sowie der Deutung der gegenwärtigen Situation als apokalyptisches Geschehen“.
Die Ringvorlesung des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ beschäftigt sich im Sommersemester mit dem Thema „Religion und Gewalt – Erfahrungen aus drei Jahrtausenden Monotheismus“. Zu Wort kommen Vertreter unterschiedlicher Disziplinen wie Historiker, Germanisten, Theologen und Religionswissenschaftler. Die öffentlichen Vorträge mit anschließender Diskussion finden dienstags ab 18.15 Uhr im Hörsaal F2 des Fürstenberghauses am Domplatz 20-22 statt. (frö)