Katholischer Antisemitismus
Vortrag über Georg Ratzinger „den Älteren“ und seine Einstellung zu Juden und Judentum
Den Antisemitismus des katholischen Theologen, Politikers und Publizisten Georg Ratzinger (1844-1899), eines Großonkels von Papst Benedikt XVI., beleuchtet ein öffentlicher Vortrag am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der WWU Münster. Der Jurist PD Dr. Hannes Ludyga spricht am Dienstag, dem 23. Februar, um 18.15 Uhr über „Katholischen Antisemitismus und Kritik an der modernen Gesellschaft. Georg Ratzingers Einstellung zu Juden und Judentum“. Bei den Forderungen des Abgeordneten im bayerischen Parlament handele es sich um „einen der stärksten Exzesse Juden gegenüber, die von einer katholischen Bildungselite ausgingen“, sagte der Wissenschaftler im Vorfeld. „Ratzinger wollte Ghettos, Enteignungsmaßnahmen und eine Kennzeichnung der Kleidung von Juden.“ Ludyga vertritt zurzeit den Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Rechtsphilosophie und Medizinrecht an der WWU Münster.
Der Katholizismus bot nach den Worten des Experten im 19. Jahrhundert demnach keine Sicherheit vor antisemitischer Radikalität. „Auch im sogenannten Zeitalter der Säkularisierung bestimmten konfessionelle Milieus die politische Haltung zu Juden und zum Judentum.“ Ratzingers Antisemitismus und Modernisierungsfeindschaft hätten das katholische Sozialmilieu in Bayern im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts maßgeblich geprägt, ist Ludyga überzeugt. „In Bayern waren Religion und Politik im Hinblick auf die Judenemanzipation untrennbar miteinander verbunden.“ Gerade die Haltung der katholischen Geistlichen unter den Landtagsabgeordneten habe dazu geführt, dass Bayern entgegen der sonstigen Entwicklung in Deutschland erst in den Jahren nach 1870 eine Gleichberechtigung der Juden einführte. „Ratzinger wollte diese als Landtagsabgeordneter rückgängig machen.“
Der Referent hat eine Dissertation geschrieben zum Thema „Rechtsstellung der Juden in Bayern von 1819 bis 1918. Studie im Spiegel der Verhandlungen der Kammer der Abgeordneten des bayerischen Landtags“. Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München zeichnete die 2007 erschienene Arbeit mit ihrem Fakultätspreis aus. Zu dem Vortrag laden die Juristen Prof. Dr. Peter Oestmann und Prof. Dr. Thomas Gutmann vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ ein. Er findet im Karl-Bender-Saal (Raum 322) des Juridicums an der Universitätsstraße 14-16 statt. (bhe)