Vorschusslorbeeren für Obama
Historikerin weist auf den frühen Zeitpunkt der Auszeichnung hin
Mit der Auszeichnung von Barack Obama erhält nach Einschätzung der Nordamerika-Historikerin Prof. Dr. Heike Bungert zum ersten Mal ein US-amerikanischer Präsident den Friedensnobelpreis quasi als Vorschusslorbeeren. In Bezug auf US-amerikanische Rezipienten des Friedensnobelpreises habe das Nobelpreiskomitee somit einen Bruch vollzogen, so die Wissenschaftlerin vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ an der WWU Münster.
Theodore Roosevelt, Woodrow Wilson und Jimmy Carter seien für ihre erfolgreichen Bemühungen um den Frieden mit der Auszeichnung geehrt worden. Barack Obama hingegen habe bislang noch wenig Gelegenheit gehabt, seinen Worten Taten folgen zu lassen.
„Vor Obama haben bislang drei US-Präsidenten den Friedensnobelpreis erhalten“, fasst Bungert zusammen. „Theodore Roosevelt war 1906 der erste US-Amerikaner – und Nicht-Europäer, der den Preis bekam. Seit 1901 US-amerikanischer Präsident, wurde er geehrt für seine Rolle bei der Beendigung des russisch-japanischen Krieges.
1919 wurde Woodrow Wilson, seit 1913 US-Präsident, der Friedensnobelpreis zuerkannt.“ Das Nobelpreiskomitee habe damit seine Mitwirkung an der Beendigung des Ersten Weltkrieges und seine Pläne für eine Nachkriegsordnung gewürdigt. „2002 schließlich erhielt Ex-Präsident Jimmy Carter den Friedensnobelpreis für seine Rolle bei den Friedensverhandlungen im Nahen Osten und sein Engagement für die Menschenrechte, aber auch für die Förderung von Demokratie, wirtschaftlicher und sozialer Entwicklung.“
Auch andere US-amerikanische Friedensnobelpreisträger, teils Politiker (einschließlich zweier Vizepräsidenten), teils Friedensaktivisten, hätten den Preis für bereits vollbrachte Leistungen bekommen, sagt die Historikerin. „Sei es für ihre Rolle bei Friedensverhandlungen, Schiedsgerichtsverträgen, Kriegsächtungspakten oder der Gründung der UNO, sei es für ihr gewaltfreies Engagement für Bürgerrechte oder für ihren Kampf gegen Atomwaffentests, für die Entwicklung der Landwirtschaft oder für den Frieden, etwa Jane Addams oder Emily Greene Balch für ihre Präsidentschaften der Women’s International League for Peace and Freedom.“
Der Friedensnobelpreis für Obama sei insofern zwar einerseits als Preisverleihung im Vorhinein für noch geplante Aktivitäten zu sehen, so Bungert. „Andererseits ist er aber als Signal zur Unterstützung der neuen, kooperativeren, internationaleren Ausrichtung der Weltmacht USA und für einen weltweiten politischen Klimawandel zu werten.“
Prof. Dr. Heike Bungert forscht am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ zur nordamerikanischen Geschichte, vor allem über die traditionell enge Verbindung von Religion und Politik in den USA. Am Dienstag, dem 10. November, um 18.15 Uhr spricht die Historikerin in der Ringvorlesung des Exzellenzclusters im Fürstenberghaus am Domplatz über „Amtseinführungen US-amerikanischer Präsidenten“. (bhe)