Physikdidaktik – Auch in unerwarteten experimentellen Situationen handlungsfähig bleiben
Experimente nehmen im Physikunterricht eine wesentliche aber auch kritische Rolle ein. Einerseits ist das Nutzen von Experimenten für ein vollständiges Verständnis schulphysikalischer Themen essentiell (z. B. Harlen, 1999; Tesch & Duit, 2002), andererseits stellt gerade der Einsatz von Experimenten seitens der Lehrkräfte oft eine große Schwierigkeit dar.
Ein möglicher Grund dafür ist dadurch gegeben, dass Experimente in der Regel das Potenzial dazu haben nicht erwartete Ergebnisse zu produzieren. Somit wird der ohnehin komplexen Situation des Unterrichtes ein weiterer ungewisser Faktor hinzugefügt. Da ein nicht-erwartungsgemäßes Ergebnis oder ein nicht-funktionierendes Experiment dem Unterrichtsziel in vielen Fällen entgegentritt, wird ein solcher Faktor in der Regel nicht ohne Grund negativ besetzt.
Ein Auftreten unerwarteter und nicht zielführender Situationen kann zu negativen Emotionen und Stressreaktionen führen, wenn keine Möglichkeit zur Bewältigung gesehen wird (Lazarus, 2006). Zur Beschreibung solcher stressvollen Situationen und deren Entstehung kann das transaktionale Stressmodell von Lazarus (1991) in adaptierter Form herangezogen werden. Damit bietet es die Möglichkeit sich näher mit solchen Situationen – auch innerhalb von Seminarsituationen – auseinanderzusetzen.
Im Rahmen des Einzelprojektes wurde ein Lehr-Lern-Labor entwickelt, dass Studierenden durch theoriebasierte, reflektierte Praxiserfahrung die Möglichkeit gibt den Umgang mit Experimenten und vor allem unerwarteten experimentellen Daten zu erlernen. Dazu werden kurze Unterrichtseinheiten um physikalische Experimente mehrfach vorbereitet/optimiert und anschließend durchgeführt. Die Durchführung der Einheit wird jeweils videographiert, um sie an weiteren Veranstaltungsterminen ausführlich zu reflektieren.
Die Schülergruppe wird sequentiell von Studierenden des eigenen Seminars bis hin zu tatsächlichen Schülergruppen geändert um eine Steigerung der Realitätsnähe zu erreichen. Dabei werden die Reflexionen mithilfe des oben vorgestellten Modells unterstützt und konkretisiert. Zusätzlich zu diesen Zyklen aus Planung/Optimierung, Durchführung und Reflexion werden theoretische Inputs zu physikdidaktischen Themen eingesetzt, wie z.B. den Umgang mit und die Sensibilisierung für Unsicherheiten experimenteller Messungen.