Professionelle Lerngemeinschaften als Konzept der Lehrerkooperation
Die im Rahmen der Qualitätsoffensive Lehrerbildung im Teilprojekt "Curriculare Maßnahmen" entwickelte Lehrveranstaltung umfasst ein Seminar, welches thematisch im Bereich der (inklusiven) Schul- und Unterrichtsentwicklung sowie der Schulpädagogik verortet ist. Studierende aller Lehramtsstudiengänge, jedoch insbesondere die des gymnasialen Lehramts, sind Zielgruppe der Veranstaltung, die im Master of Education im Modul ULI in den Bildungswissenschaften angeboten wird. Thematisch wird das Konstrukt der Lehrerkooperation hinsichtlich einer kooperativen Unterrichtsentwicklung bearbeitet. Dabei werden die Ebenen der intraprofessionellen Zusammenarbeit (= Kooperation zwischen Lehrkräften), der interprofessionellen Zusammenarbeit (= Kooperation zwischen Lehrkräften und anderen Professionen) sowie der außerschulischen Zusammenarbeit (= Kooperation in schulübergreifenden Netzwerken und mit anderen außerschulischen Partnern) betrachtet. Neben der Thematisierung der neuen Heterogenität der Schülerschaft sowie Möglichkeiten des Umgangs mit dieser durch Kooperation im Schulalltag, wird auch die Inklusion als neue Perspektive der Schulentwicklung fokussiert. Zur Verdeutlichung der theoretischen Ansätze werden u. a. Praxisbeispiele von multiprofessioneller Kooperation an inklusiven Schulen eingebracht.
Hochschuldidaktisch umfasst das Seminar einen „pädagogischen Doppeldecker“ (Geissler, 1985): Neben der inhaltlichen Bearbeitung von Kooperation im Schulalltag, werden auch im Seminar verschiedene Formen des kooperativen Lernens angewandt. Zudem werden von den Studierenden Teams (= Professionelle Lerngemeinschaften) gebildet, die das ganze Semester über bestehen. Die Teams planen und führen eine Seminarsitzung gemeinsam durch und reflektieren sowohl die Stunde als auch ihre eigene Teamarbeit anschließend gemeinsam. Ebenfalls besteht die Möglichkeit, eine kollegiale Hospitation in der Seminarsitzung der eigenen Professionellen Lerngemeinschaft (PLG) durchzuführen. Somit werden demnach nicht nur die theoretisch-konzeptionellen Ansätze des PLG-Konzeptes und der Kollegialen Hospitation bearbeitet, sondern gleichzeitig praktisch erprobt, wodurch eine reflektierte Praxiserfahrung im Seminarkontext möglich wird.
Durch den Aufbau des Seminars und die kooperativen Arbeitsweisen wird die Heterogenität der Studierenden in besonderer Weise berücksichtigt. Das Ziel der Teamarbeit ist es, neben der praktischen Übung des PLG-Konzepts eine anerkennende und wertschätzende Haltung der Studierenden gegenüber ihren Teammitgliedern zu entwickeln. Jede bzw. jeder soll seine Rolle im Team finden und von den Potenzialen der anderen profitieren, sodass ein bestmögliches Gruppenergebnis resultiert, welches in Einzelarbeit nicht zu erreichen wäre. Dafür wird die gemeinsame Generierung neuen Wissens im Team angestrebt, welches als höchste Form der Kooperation angesehen werden kann (= „Ko-Konstruktion“ nach Gräsel et al., 2006).
Literatur
Geissler, K.A. (1985). Lernen in Seminargruppen. Studienbrief 3 des Fernstudiums Erziehungswissenschaft „Pädagogisch-psychologische Grundlagen für das Lernen in Gruppen“. Tübingen: Deutsches Institut für Fernstudien.
Gräsel, C., Fußangel, K. & Pröbstel, C. (2006). Lehrkräfte zur Kooperation anregen – eine Aufgabe für Sisyphos? Zeitschrift für Pädagogik, 52(2), S. 205-219.