Laufende Dissertationsprojekte
Tobias Sick
Innerislamischer Wissenstransfer im Osmanischen Reich: Zu Übersetzungen islamischer Mystik im Rahmen transregionaler Sufinetzwerke in den anatolischen und arabischen Provinzen
© Ankara Milli Kütüphane, Yz A 4276, f. 1b Das Projekt untersucht anhand von Werken der islamischen Mystik persisch-arabisch-türkische Übersetzungs- bzw. Adaptionsprozesse in verschiedenen Teilen und Grenzregionen des Osmanischen Reiches vom 16. bis 18. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht dabei die soziokulturelle Verortung von Übersetzungs- bzw. Übertragungsvorgängen – d.h. die Umstände von Auswahl, Imitation und Adaption sowie Transmission und Rezeption von Texten – im Rahmen einer überlieferungsgeschichtlichen Untersuchung auf Basis von Handschriften und Methoden der materiellen Philologie (material philology) sowie aktueller Ansätze der Übersetzungswissenschaft.
Betreuung: Prof. Dr. Philip Bockholt
Das Dissertationsprojekt war bis Ende 2023 Teil des DFG-SPP 1981: „Transottomanica: Osteuropäisch-osmanisch-persische Mobilitätsdynamiken“.
Es ist überdies Teil der Forschungsarbeit der Emmy Noether-Nachwuchsgruppe TRANSLAPT.
Jens G. Fischer
Poesie und Politik. Arabische Herrscherlobdichtung als Medium politischer Kommunikation im postseldschukischen Nahen Osten
Betreuung: Prof. Dr. Thomas Bauer
Das Dissertationsvorhaben ist Teil des Forschungsprojektes „Schiitisch-sunnitische Religionskonflikte im 12. Jh. zwischen Religion und Politik“ am Exzellenzcluster „Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation“ der Universität Münster
Natalie Kraneiß
The Production and Verification of Genealogical Knowledge: A Case Study on ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī (d. 561/1166), His Lineage, and His Descendants
Genealogical table of the descendants of ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī in the Western Maghrib by ʿAbd al-Salām al-Qādirī (d. 1110/1698)© Bibliothèque Nationale du Royaume du Maroc, D2618/2 This dissertation project examines the production of genealogical knowledge in Islamic societies between the 13th and 18th centuries using a longue durée approach and a transregional and diachronic comparison. It takes as its case study the production of knowledge about the contested prophetic descent of the Iraqi scholar, preacher, and Sufi saint ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī (d. 561/1166) and his descendants in Syria, al-Andalus, and the Western Maghrib. The aim of the project is to show how early modern authors dealt with prophetic descent and the problems of truth, certainty, and verifiability of genealogical knowledge, as well as their limits.
Specifically, the project examines who was involved in the production of genealogical knowledge about ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī and his descendants, on what sources and evidence this knowledge was based, how these sources and evidence were evaluated, prioritized, and hierarchized, and how this knowledge was documented, presented, and disseminated. Finally, it examines by whom and with what methods attempts were made to verify and control this knowledge.
The project contributes to a deeper understanding of genealogy as a discipline in premodern and early modern Islamic societies. By examining the case of ʿAbd al-Qādir al-Jīlānī and his descendants, this study reveals how different groups interact in the production of genealogical knowledge. It demonstrates that genealogical methods became increasingly refined over the centuries, as genealogists not only reflected on their own practices but also adopted techniques from related disciplines. Furthermore, the study highlights the substantive and methodological links between genealogy and other fields, such as history, Ḥadīth criticism, and Islamic law, showing how developments in these areas have shaped genealogical practices.
Betreuung: Prof. Dr. Syrinx von Hees (Münster), Prof. Dr. Catherine Mayeur-Jaouen (Paris)
Poster about the dissertation project.
Andreas Knöll
Stilfiguren literarischer Argumentation – Arabische Rhetorik zwischen Recht, Theologie und Literatur
© British Library, London, Or 5302 fol. 115r Das Dissertationsprojekt untersucht die historische Genese und Entwicklung sogenannter „Stilfiguren der Argumentation“. Anhand ausgewählter Beispiele soll dabei aufgezeigt werden, wie Techniken und Methoden des arabisch-islamischen Disputationswesens (ǧadal, munāẓara) – sowohl aus der Theologie als auch aus dem islamischen Recht – Eingang in den Diskurs der Poetik und der wissenschaftliche Stilmittelkunde (ʿilm al-badīʿ) fanden und dort in Gestalt von literarischen Stilfiguren fortentwickelt wurden.
Damit beabsichtigt das Projekt einerseits einen Beitrag zur Erforschung der interdisziplinären Verankerung der arabischen Rhetoriktheorie (ʿilm al-balāġa) zu leisten. Zum anderen dient es der Grundlagenforschung im Bereich einer historisch-diachronen Untersuchung des Stilmitteldiskurses insbesondere für die Zeit der späteren Jahrhunderte (13–19. Jhd.).
Betreuung: Prof. Dr. Syrinx von Hees
Johannes Ruhstorfer
Fiktionalität in der arabischen Literatur am Beispiel des Rangstreits zwischen Schreibrohr und Schwert
© Johannes Ruhstorfer Die Ausgangsthese der Arbeit ist, dass Fiktionalität in der arabischen Literatur genutzt werden konnte, um die Grenzen des Sagbaren auf Themen und Sprechweisen auszuweiten, die sonst nicht möglich gewesen wären. Diese These soll am Korpus ausgewählter literarischer Rangstreite (mufāḫarāt, munāẓarāt, etc.) überprüft werden, die größtenteils unter der Herrschaft der Mamluken entstanden sind (1250-1517): Die „Rangstreite zwischen Schwert und Schreibrohr“ von Ibn Burd al-Aṣġar (starb 418/1027), Ibn al-Wardī (st. 749/1349), Ibn Nubāta al-Miṣrī (st. 1366) und al-Qalqašandī (st. 821/1418). Diese dem Genre der Makamen (arabisch: maqāma) nahestehenden Texte sind ca. 10-20 Seiten lang. In ihnen liefern sich zwei Seiten, in der Regel Personifikationen von Gegenständen aus Natur oder Kultur, einen Streit darum, wer am besten ist.
Das Genre der mufāḫara ist eines der wenigen innerhalb der arabischen Literatur, dem ein fiktionaler Charakter zukommt. Ungewöhnlicherweise bezeichnen sich die Texte selbst als fiktiv. Es kommen verschiedene Wendungen und Schlagwörter vor, die darauf verweisen, darunter: „maṯṯalahumā“ („er stellte sie [in seinem Geist] dar“), „ḫayāl“ („Fantasie“) und „taḫayyul“ („Imagination“). Inwiefern sich hier ein historischer Konflikt widerspiegelt, ist zu prüfen. Die Kontrahenten des Rangstreits, Schwert (sayf) und Schreibrohr (qalam), könnten auf ihre Benutzer verweisen, also die politische Elite (ahl as-sayf) der mamlukischen Militärs und die intellektuelle Elite (ahl al-qalam). Einige literarische Rangstreite sind in einem recht groben Umgangston geführt worden und enthalten Beleidigungen und Angriffe auf die Persönlichkeit der Gegenseite. Beim Thema zwischen Schwert und Schreibrohr, das stark mit gesellschaftlichen Gruppen assoziiert ist, betraten die Autoren sicher politisch heikles Terrain. Die zu prüfende These ist, dass Fiktionalität hier sonst fehlende Spielräume für die literarische Bearbeitung des Themas schafft.
Betreuung: Prof. Dr. Syrinx von Hees
Das Dissertationsprojekt ist Teil des DFG-Langfristvorhabens zur Gesamtedition des Werkes von Ibn Nubātah al-Miṣrī (1287-1366).
Ahmet Aytep
Arabisch-osmanische Übersetzungen von Werken der Koranexegese (tafsīr) als Ausdruck des innerislamischen Wissenstransfers im östlichen Mittelmeerraum zwischen 1400–1750
© Enfesüʾl-cevāhir, translation of Tafsīr al-Samarqandī by Mūsā İzniḳī, Süleymaniye Library, Yozgat, 15-001, fol. 35r-36v. Das Projekt untersucht arabisch-osmanische Übersetzungen von Werken der Koranexegese (arab. tafsīr). Als eine der wichtigsten religiösen Gattungen in der islamischen Kultur wurden arabische und persische Tafsīr-Werke mehrfach ins osmanische Türkisch übersetzt und fanden weite Verbreitung in der islamischen Welt. Ziel des Forschungsprojekts ist es, herauszufinden, wie Tafsīr-Übersetzungen als Vehikel der Vernakularisierung bei der Vermittlung religiösen Wissens fungierten und welche Rolle sie bei der Herausbildung und Festigung der osmanischen Mentalität und Identität spielten.
Betreuung: Prof. Dr. Philip Bockholt
Das Dissertationsvorhaben ist zugleich ein Teilprojekt des Exzellenzclusters „Religion und Politik. Dynamiken von Tradition und Innovation“ der Universität Münster
Muhammed Sofu
Innerislamischer Wissenstransfer im Rahmen arabisch-osmanischer Übersetzungen von Werken der Hadithwissenschaft (1400–1750)
© Süleymaniye Kütüphanesi, Reşid Efendi, 1465, 1r–2v Das Projekt setzt sich mit Übersetzungen von Werken der Hadithwissenschaft, d.h. mit Taten, Aussprüchen und Billigungen des Propheten sowie Informationen zu seiner Biografie, physischen Merkmalen und Charakterzügen auseinander. Es zielt darauf ab, zu ergründen, in welcher Funktion Hadith-Übersetzungen als Mittel zur Verbreitung von religiösem Wissen genutzt wurden und welchen Beitrag sie bei der Entstehung religiöser Überzeugungen im Osmanischen Reich geleistet haben. Da Hadithe nach dem Koran allgemein als die zweite Quelle der islamischen Normenlehre angesehen werden, ist ihren Übersetzungen besondere Bedeutung beizumessen.
Betreuung: Prof. Dr. Philip Bockholt
Das Dissertationsprojekt ist Teil der Forschungsarbeit im Rahmen der Emmy Noether-Nachwuchsgruppe TRANSLAPT
Hicham Bouhadi
Innerislamischer Wissenstransfer im östlichen Mittelmeerraum: Zu arabisch-osmanischen Übersetzungen biografischer und hagiografischer Wörterbücher zwischen 1400 und 1750
© Rodosīzāde, Tercüme-i Vefeyātü’l-A‘yān, Süleymaniye Kütüphanesi, MS Hamidiye, 927, fol. 1r. Das Projekt untersucht Übersetzungen von biografischen Sammelwerken und Hagiografien aus dem Arabischen ins Osmanisch-Türkische im Osmanischen Reich während der Frühen Neuzeit (ca. 1400 bis 1750). In dieser Zeit gab es verschiedene politische, religiöse und intellektuelle Veränderungen in der Selbstverortung gesellschaftlicher Gruppen, die zu einer bemerkenswerten Übersetzungsaktivität führten. Angesichts der Bedeutung biografischer und hagiografischer Schriften in der islamischen Geistesgeschichte wurden zahlreiche Werke aus beiden Gattungen ins Türkische übersetzt und fanden eine vielfältige Leserschaft in verschiedenen regionalen und soziokulturellen Netzwerken.
Betreuung: Prof. Dr. Philip Bockholt
Das Dissertationsprojekt ist Teil der Forschungsarbeit im Rahmen der Emmy Noether-Nachwuchsgruppe TRANSLAPT
Samir Mubayd
Šihāb ad-Dīn Ibn Faḍlallāh und seine literarischen Briefe
Betreuung: Prof. Dr. Thomas Bauer
Das Dissertationsvorhaben ist Teil der Forschungsarbeit des ALEA-Projekts.
Stephan Tölke
Ibn Nubāta's Fürstenspiegel Sulūk duwal al-mulūk: How secular could political thought be in the Mamluk period
Ibn Nubāta al-Miṣrī's (1287-1366) Fürstenspiegel Sulūk duwal al-mulūk bears witness to an aspect of his literary legacy which to this day has been largely neglected by scholars studying political thought in the Islamic world. This comes as a surprise, since he was one of the first Islamic political theorists who, in his conceptions of 'ideal rule', shifted from a theocentric to an anthropocentric model. Ibn Nubāta's treatise is part of a long tradition of mirrors for princes, but breaks with the basic motif of the moral and pious ruler. This is done so overtly that one would expect his contemporaries and later generations to have refuted, or at least criticised, his political views, but nothing of the sort is known. This leads us to the central question of this paper: How secular could political thought be in the Mamluk period?
By exploring the treatise's general conception of 'ideal rule', I will attempt to answer the following questions: How is an 'ideal ruler' described and legitimized? What role does religion play in this conception? Is it appropriate to speak of a secular approach towards politics in the case of Ibn Nubāta?
Betreuung: Prof. Dr. Thomas Bauer, Prof. Dr. Marco Schöller
Das Dissertationsvorhaben war bis 2018 Teil des Forschungsprojektes "Am Schnittpunkt der Diskurse. Ibn Nubāta al-Miṣrī (1287-1366) und die Kultur der Ambiguität" am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster.
Es ist überdies Teil der Forschungsarbeit des ALEA-Projekts.
Kevser Erol
Die Beziehung zwischen den Staaten des Arabischen Frühlings und der Europäischen Union, im Besonderen Deutschland
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller
© Kevser Erol Lamis Fayed
Endzeitfiguren: Der Zusammenhang der apokalyptischen Texte der abbrahamitischen Religionen
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller, Co-Tutelle mit Prof. Giuseppe Veltri, Maimonides Centre for Advanced Studies, Uni Hamburg
Falk Griemert
Kohäsion und Macht. Herrschaftsverständnis und politische Praxis in der islamischen Geschichte.
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller
Rokhshana Khorosh
Deobandi-Schulen in Indien
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller
Fatmas Altuntas-Ates
Verstehenstheorie im islamischen geistigen Erbe. Eine usulitische Studie im Lichte der allgemeinen Hermeneutik
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller
Camilla Zeidan
Deutsche Zugänge zum Islam. Textuelle Rezeption und Islamverständnis von Konvertitinnen
Betreuer: Prof. Dr. Marco Schöller