Prospektion eines mittel- und jungneolithischen Siedlungsplatzes bei Nottuln

- Praxisbezogenes Arbeiten in der Lehre -


Zahlreiche Funde und Befunde, die in langjährigen Begehungen und Probeuntersuchungen dokumentiert wurden, weisen die Fundstelle bei Nottuln als einen mittel- und jungneolithischen Siedlungsplatz aus. Durch seine Lage nördlich der mittelneolithischen Altsiedelgebiete erhält er damit eine besondere kulturgeschichtliche Bedeutung in Bezug auf die Frühphase der neolithischen Besiedlung des norddeutschen Tieflandes.

Der neolithische Siedlungsplatz bei Nottuln liegt im südlichen Bereich der Baumberge im Kreis Coesfeld. Das ca. 12 ha große, heute landwirtschaftlich genutzte Gelände fällt steil bis mäßig gegen Süden ab (Abb. 1 und 2). Im Tal unmittelbar unterhalb der Fundstelle verläuft der Fluß Stever. Der weichselzeitliche Löß, der dieses Areal bedeckt, ist aufgrund der Morphologie und durch Beackerung stark von Erosion betroffen. Daher führte das Westfälische Museum für Archäologie / Amt für Bodendenkmalpflege in den Jahren 1983 und 1984 Untersuchungen des Geländes durch. Die Freilegung eines fast 300 m langen und ca. 5,5 m breiten Schnittes erbrachte u.a. Lesefunde der Rössener Kultur und Befunde der Stufe Bischheim. Als ein weiterer wichtiger Befund in Nottuln wurde der Grabenkopf eines Sohlgrabens dokumentiert. Die untere Grabenverfüllung enthielt Keramik und Flintgeräte der Michelsberger Kultur. Durch eine fast fundleere Schicht getrennt, lieferte ein zweiter Fundhorizont darüber Fundmaterial der Trichterbecherkultur. Durch ergänzende geomagnetische Untersuchungen sowie Luftbilder konnte der Verlauf des Grabens über eine Länge von 250 Metern ermittelt werden. Es handelt sich dabei um ein Erdwerk der Michelsberger Kultur (Grabenverlauf siehe Abb. 5). Diese Kulturgruppe (ca. 4200-3500 v. Chr.) des Jungneolithikums, benannt nach dem Fundort bei Untergrombach, Kr. Bruchsal in Nordbaden, war über ein Gebiet vom Bodensee über den mittleren und oberen Rhein sowie im Elsaß, Thüringen und Belgien verbreitet. Damit liegt der Fundplatz bei Nottuln an der nördlichen Peripherie des Verbreitungsgebietes.

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Im Rahmen der Lehrveranstaltung „Prospektion und Aufarbeitung“ wurde im Oktober 2000 von Studierenden des Seminars für Ur- und Frühgeschichte der Westfälischen Wilhelms-Universität eine Feldbegehung des Siedlungsplatzes durchgeführt (Abb. 3). Die Funde wurden mit Hilfe eines GPS-Gerätes eingemessen (Abweichung 4-8 m). Damit handelte es sich um die erste flächendeckende Feldbegehung mit Erfassung der Lage der Funde auf diesem Areal. Das Fundspektrum umfaßt zu über 95 % Flintgeräte oder -abschläge. Desweiteren wurden u.a. ein Fragment eines latènezeitlichen blauen Glasarmringes mit gelber, gezackter Fadenauflage und ein Bruchstück eines spätmittelalterlichen Spinnwirtels gefunden. Weitere Keramikfragmente konnten nicht geborgen werden. Die 249 Funde aus Flint sind zu über 60 % craqueliert. Etwa 10 % der Funde bestehen aus Maasfeuerstein, sind somit importiert worden. Das restliche Inventar besteht aus Geschiebeflint. Unter den Flintgeräten befinden sich Kratzer, Klingen und Beilbruchstücke (Abb. 4: von links: Kratzer und zwei Spitzklingen aus Maasfeuerstein, Kratzer aus Geschiebefeuerstein).

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Die Abbildung 5 zeigt die Fundverteilung von craqueliertem Flint und Importflint sowie den Verlauf des bisher bekannten Erdwerkes mit der Erdbrücke. Die überwiegend südlich des Erdwerkes aufgefundenen Objekte der beiden Fundkategorien lassen den Schluß zu, daß die Hauptaktivitäten der neolithischen Bevölkerung sich dort zugetragen haben. Es ist jedoch zu berücksichtigen, daß sich die Funde zum Teil durch Erosion hangabwärts bewegt haben können. Im südwestlichen Bereich des Ackers, der deutlich flacher ausläuft, sind die beiden Fundkategorien immerhin fast ebenso stark vertreten, so daß man das Hauptnutzungsareal südlich des Erwerkes annehmen darf.

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Nach der Feldbegehung erfolgte während des Wintersemesters die Aufarbeitung der Funde. Ein Einblick in die Herstellung von Feuersteingeräten vermittelte uns ein Besuch im Westfälischen Museum für Archäologie. Lothar Terkowsky beschäftigt sich schon seit Jahren intensiv in Form von experimenteller Archäologie mit der Herstellung und Nutzung von Steinwerkzeugen und Waffen. Er demonstrierte uns an einigen Beispielen die Techniken. Danach hatten auch die Studierenden die Möglichkeit eigene „Artefakte“ herzustellen.

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Literatur:

J. Eckert, Ein mittel- und jungneolithischer Siedlungsplatz bei Nottuln, Kreis Coesfeld. Bericht über die Ausgrabungen 1983-1984. Ausgrabungen und Funde in Westfalen-Lippe 4 (Münster 1986) 39-63.


Text/Fotos: P. Köhn M.A.
Umsetzung: M. Buss