Materialbeispiele aus der Lernumgebung

Es ist erklärtes Ziel der auf vier Unterrichtsstunden á 45 Minuten angepassten Lernumgebung (im Folgenden Fördersequenz/Sequenz genannt), die Schülerinnen und Schüler durch die Vermittlung des strategischen Zugriffs auf die Karte in ihrem kompetenten Umgang mit Karten im Geographieunterricht zu fördern. Die Fördersequenz ist dabei in ihren Anforderungen an die Jahrgangsstufen 7/8 an Gymnasien und Realschulen angepasst. Im Folgenden wird die Konzeption der Lernumgebung in ihren tragenden Säulen sowie der Ablauf der Fördersequenz aufgegliedert nach Stunden dargestellt und erläutert.

Als kartographische Grundlage der gesamten Fördersequenz dient die dargestellte Karte der Kilimandscharo-Region.

Kultur- und Naturlandschaft in der Kilimandscharo-Region Meru/Tansania. Mit freundlicher Genehmigung des Bildungshaus Schulbuchverlage 2015, S. 151.
© Diercke

Konzeption der Lernumgebung

Die Konzeption der folgt mit (1) inhaltlicher Strukturierung, (2) kognitiver Aktivierung und (3) innerer Differenzierung den drei in der Forschungsliteratur als zentral herausgestellten Merkmalen eines lernförderlichen Unterrichts (vgl. z. B. Helmke 2014).

  • inhaltliche Strukturierung

    Das Ludwigsburger Modell stellt als maßgeblicher strategischer Ansatz das zentrale strukturgebende Element der schulischen Praxisphase dar. Die inhaltlichen Schwerpunkte und Lernziele der Einzelstunden richten sich für die Lernenden transparent nach dem rekursiven Vierschritt aus Dekodieren, Beschreiben, Erklären und Beurteilen. Die vier Schritte bilden damit in ihrer Funktion als Operatoren die Prozessstruktur der Kartenauswertung bzw. der Fördersequenz ab. Die vier Unterrichtsstunden fungieren dabei als in sich geschlossene, jedoch inhaltlich verknüpfte und aufeinander aufbauende Einheiten, so dass die Durchführung flexibel an die Gegebenheiten der jeweiligen Kooperationsschule angepasst werden kann, z. B. als Einzel- und Doppelstunden oder in Form eines Projekttags.

    © Hemmer et al. 2012
  • kognitive Aktivierung

    Die Karte ist dabei eingebettet in die kognitiv aktivierende, motivierende Rahmennarration eines fiktiven Aufstiegs auf den höchsten Berg des afrikanischen Kontinents, an die ggf. bereits vorhandenes Wissen der Lernenden über das Planen einer Wanderung (Festlegen von Ausgangsort, Ziel und Etappen, Zusammenstellen der klimaangepassten Ausrüstung etc.) gut anknüpfbar ist. Die problemerschließende Fragestellung samt ihren Teilfragen und
    die jeweiligen Aufgaben, die die Lernenden dabei durch den Auswertungsprozess lenken und durch einen angemessenen Schwierigkeitsgrad weder über- noch unterfordern sollen, schließen an das Konzept der kompetenzorientierten Aufgabenkultur des Faches Geographie an (vgl. z. B. Lenz 2012). Entsprechend sind die Formulierungen so gewählt, dass ein problemorientierter, anwendungsbezogener Zugriff auf die Karte ermöglicht und nicht träges Wissen abgerufen wird. Der rekursive Charakter der vier Auswertungsschritte ermöglicht dabei eine Reihe kumulativer Aufgaben, in denen bereits Bekanntes und Erlerntes in neue Zusammenhänge integriert werden muss, wenn z. B. Ergebnisse der symbolischen und geometrischen Dekodierung in beschreibende und erklärende Kontexte eingebettet werden müssen.
    Die gewählte Karte hat im Kontext der Fördersequenz jedoch nur eine Stellvertreterfunktion. Mit dem Ziel, nomothetisches, d. h. übergeordnet-regelhaftes, auf alle Karten übertragbares Wissen zu generieren, wird jede der vier Einheiten bzw. jeder Schritt der Auswertungsstrategie mit einer von der Karte losgelösten Rekapitulation des strategischen Zugriffs abgeschlossen.

  • innere Differenzierung

    Das dritte zentrale, konstitutive Element stellt die stete Berücksichtigung der Schülerheterogenität mittels des Konzepts der Binnendifferenzierung dar. Dieses strebt, ausgehend von der Auswahl der betreffenden Jahrgangsstufen sowie den strukturellen und inhaltlichen Setzungen, eine durch vorgeschaltete Diagnosemaßnahmen situations- und adressatengerechte, offen differenzierte Lernumgebung auf Grundlage adaptiver Hilfen und verschiedener medialer Zugänge zur Karte an.

    Das Ziel der offenen Differenzierung als strukturelle Setzung, d. h. der Schaffung einer klar gerahmten, aber adaptiven und anregungsreichen Lernumgebung, ist es, für die Schülerinnen und Schülern Lernbedingungen und -angebote zu gestalten, innerhalb derer sie, unter Berücksichtigung individueller Lernvoraussetzungen und eigenständiger Auswahl verschiedener Lernhilfen und Bearbeitungswege, zum zielgleichen Lernerfolg angeleitet werden, ohne grundlegende Abstriche bei der Sach- und Methodenkompetenz zuzulassen (vgl. Flath 2006; Heymann 2010).
    Auf inhaltlicher Ebene erfolgte eine erste Setzung mit der Auswahl der zugrunde liegenden Karte und der darauf bezogenen übergreifenden Fragestellung. Grundlage für die Auswahl der Karte war deren Verfügbarkeit in einem zugelassenen Schulatlas und ein vielfältiger Schatz an grafischen Gestaltungselementen. Zudem erschien die Berücksichtigung vernetzter human- und physiogeographischer Themenaspekte ebenso sinnvoll wie eine reichhaltige topographische Grundlage mit Höhenlinien und verschiedenen Landschaftsformen. Berücksichtigung fanden dabei auch Faktoren des Schülerinteresses (vgl. Hemmer & Hemmer 2008) und einer möglichst breiten curricularen Passung für die Jahrgangsstufen 7/8 an Realschulen und Gymnasien.
    Unter diesen Maßgaben wurden die vier Kompetenzdimensionen Dekodieren, Beschreiben, Erklären und Beurteilen für die schulische Praxis als rekursiv-progressiver Vierschritt operationalisiert, der den Schülerinnen und Schülern als leicht zu vermittelnde Schrittfolge eine Prozessorientierung bietet. Für das Differenzierungskonzept wurden anschließend die acht Subkompetenzen der unteren Ebene des Ludwigsburger Modells in Kompetenzformulierungen überführt. Diese schließen, neben der jeweiligen Kernkompetenz, das verstehende Lesen der Aufgabentexte sowie das Reflektieren und Formulieren der jeweiligen Ergebnisse explizit mit ein. Anschließend wurden kleinschrittige Handlungsabfolgen für jede Kompetenzformulierung erarbeitet. Dieses Vorgehen bildete die Basis zum einen für die (bei weitem noch nicht abgeschlossene) Profilierung potenzieller strategischer Zugriffe auf die Karte und zum anderen für die Wahl geeigneter differenzierender Maßnahmen und adaptiver Hilfen. Diese fokussieren vor allem auf Aspekte einer didaktisch-methodischen und lerngruppenbezogenen Differenzierung (vgl. Paradies & Linser 2010).
    Im Anschluss erfolgte zunächst eine Diagnose in Form einer intensiven Eruierung potenzieller Lernschwierigkeiten mittels der einschlägigen internationalen Forschungsliteratur zu Schülerkognition, theoretischer Kartographie und Kartendidaktik. So ließen sich neben wirksamen Heterogenitätsaspekten und darauf basierenden Herausforderungen im kartographischen Auswertungsprozess auch theoretische Hinweise zu möglichen Förderarrangements ableiten.

    Um die Fördersequenz eng auf die konkrete Lerngruppe beziehen zu können, erfolgen die beiden nachfolgenden Diagnoseschritte jeder Durchführung vorgelagert und in Zusammenarbeit mit der jeweiligen Fachlehrkraft der Kooperationsschule. In einem ersten Schritt werden auf Basis eines an Mehren und Ohl (2016) angelehnten Diagnosebogens die Vorerfahrungen, Interessen und Vorwissensinhalte der spezifischen Kooperationsklasse in Bezug auf die Kartenauswertung erhoben. Eingesetzt wird dieses Diagnoseinstrument von der Kooperationslehrkraft in ausreichendem zeitlichen Abstand vor der Durchführung der Praxisphase. So ist sichergestellt, dass die Diagnoseergebnisse im Rahmen von Schwerpunktsetzungen und dementsprechend lerngruppengerechter Ausschärfung und Ergänzung der basalen Differenzierungsmaßnahmen fruchtbar gemacht werden können. Als letzter Diagnoseschritt erfolgt in einem der Durchführung vorgelagerten Gespräch mit der Kooperationslehrkraft eine Weitergabe ihrer Expertise in Bezug auf die jeweilige Klasse im Allgemeinen und einzelne Schülerinnen und Schüler mit speziellen Bedürfnissen und evtl. gegebenen Förderschwerpunkten im Besonderen.

    Generell ist festzuhalten, dass in offen differenzierten Arrangements wie dem hier skizzierten der Nutzen einer dezidiert individualisierenden Diagnose zugunsten einer egalitären Unterrichtspraktik und Selbstdifferenzierungsoptionen (vgl. Leuders & Prediger 2012) tendenziell geringer ausfällt.
    Die handelnden Studierenden nehmen innerhalb eines solchen Lernangebots die Position der Lernberater und Strukturbildner ein (vgl. Heymann 2010). Um in diesen Funktionen die Basis für die nachgelagerte Theorie-Praxis-Reflexion zu schaffen, agieren sie innerhalb der Praxisphase in Tandems. Diese bestehen aus einer durchführenden und einer protokollierenden Person, die sich in ihren Rollen flexibel abwechseln können. Während der/die Durchführende den Lernprozess begleitet und moderiert, fixiert der/die Protokollierende Auffälligkeiten gemäß dem vorgelagerten Framing [Link].

    Die durch das Ludwigsburger Modell als zentrales strukturgebendes Element vorgegebene Schrittfolge der Erarbeitung in Kombination mit den inhaltlichen und strukturellen Setzungen sowie den Ergebnissen der hier skizzierten diagnostischen Maßnahmen führten zur Grundkonzeption und Umsetzung der Sequenz als ein Stationenlernen, welches eine gewisse Freiheit der Bearbeitungsreihenfolge, der Wahl des individuellen Arbeitstempos sowie der Sozialform als potenzielle Lernunterstützung gewährleistet (vgl. Mattes 2011). Die klare thematische und zeitlich-räumliche Auftrennung der Stationen unterstützt dabei die Kenntnis der Lernenden zu Abfolge und Inhalt der einzelnen Arbeitsschritte und damit die zu fördernde strategiebasierte Auswertungskompetenz.
    Jede Station offeriert die Möglichkeit, jederzeit aus verschiedenen Optionen möglicher Erarbeitungsmethoden (z. B. die Dekodierung des Maßstabs mittels Verhältniszahl und des entsprechenden Rechenwegs oder den bildlich-haptischen Zugang über das Abmessen mittels der Maßstabsleiste), verschiedenen Graden der Komplexitätsreduktion (digitale und analoge Eingrenzungshilfen für Kartenfeld und Legende) und multiplen kartographischen Darstellungsmethoden (Atlaskarte, interaktive Projektion, großformatig-haptisches 3D-Modell) auszuwählen (zur Reduktion von Kartenkomplexität vgl. Hüttermann 2001). So kann heterogenen Leistungs- und Vorwissensniveaus und individuellen Präferenzen bzgl. verschiedener Lernstile und -strategien (vgl. z. B. Mandl & Friedrich 2006) entsprochen werden.

    Innerhalb der einzelnen Stationen sind als Differenzierungsmaßnahmen adaptive Hilfen zentral. Im Sinne frei hinzuziehbarer Materialien, die den Lernprozess unterstützen, steht an jeder Station ein System von Hinweiskarten zur Verfügung, welche je nach prozeduralem oder deklarativem Wissensdefizit selbstständig ausgewählt und genutzt werden können. Zu beachten ist hier eine dezidierte Erläuterung und Einführung der Schülerinnen und Schüler in das Arbeiten mit Unterstützungsangeboten solcher Art vor dem Start der Erarbeitung, da diese aus dem Schulalltag weitgehend unbekannt sein könnten.

Ablauf der Fördersequenz

Die Grafik stellt den idealtypischen Verlauf der Fördersequenz dar, der sich in seiner grundlegenden Aufteilung nach den vier Kompetenzdimensionen des Ludwigsburger Modells richtet und im weiteren Verlauf dieses Kapitels detailliert erläutert wird. In der Praxis hat sich das Festhalten an der relativ starren schulischen Zeittaktung nicht immer als zielführend erwiesen. Die Heterogenität der Schülerinnen und Schüler manifestiert sich nicht zuletzt in sehr unterschiedlichen Arbeitstempi, die es nötig machen, die Taktung der Sequenz vor allem an den Lernenden auszurichten. Daher gilt die hier beschriebene Einteilung entlang der Schulstunden als Orientierungsrahmen, der ggf. entsprechend flexibel anzupassen ist.

idealtypisches Ablaufschema der Fördersequenz im Fach Geographie
© Krüger
  • 1. Stunde | Einführung & Dekodieren

    Die Einführung in die Fördersequenz ist geteilt in einen strukturellen und einen nachfolgenden inhaltlichen Teil. Es erfolgen zunächst eine kurze Vorstellung der Studierenden und des übergeordneten Lernziels (Kennenlernen und Ausprobieren der kartenbezogenen Auswertungsstrategien) sowie organisatorische Hinweise zur Fördersequenz (Ablauf der Lernstationen, Nutzung der adaptiven Hilfen). Im anschließenden inhaltlichen Teil wird eingangs ein kurzer Film vom Kilimandscharo-Gebiet gezeigt, der den Lernenden erste Eindrücke vom Naturraum und dessen landschaftlicher Gliederung ermöglicht, die im anschließenden Plenumsgespräch paraphrasiert werden. Dem folgen mit Unterstützung eines Google-Earth-Fluges die Vorstellung, Verortung und Orientierung des Kartenausschnitts sowie die Einführung in die Rahmennarration eines zu planenden Aufstiegs auf das „Dach Afrikas“ und in die problemerschließende Fragestellung.

    Die Schülerinnen und Schüler starten dann, ausgestattet mit einem Hefter, der schriftlich noch einmal die Erarbeitungsreihenfolge der Stationen und die Nutzung der adaptiven Hilfen zusammenfasst, in die Sequenz. Alle Aufgaben- und Arbeitsblätter werden von den Lernenden sukzessive dort abgelegt, so dass am Ende der Sequenz ein Hefter vorliegt, der nomothetisch-strategisches Wissen zu Auswertungsprozessen ebenso enthält wie die konkrete Anwendung und Umsetzung dessen auf den individuell bearbeiteten Sequenzmaterialien.
    Der erste Schritt der Auswertung deckt die drei Facetten des Dekodierens in Form dreier Lernstationen zur Erarbeitung der Legende, des Maßstabs und der Höhenlinien ab. Diese sind als Lerninseln im Klassenraum (idealerweise zur Entzerrung der Lerngruppe in mehreren Räumen) aufgebaut und entsprechend ihrer Thematik gekennzeichnet und materiell ausgestattet: Neben den aufgabenspezifischen Materialien (Atlanten, Aufgaben- und Arbeitsblätter) befindet sich an jeder Station ein Timer, der die Bearbeitungszeit anzeigt. Zudem liegen an allen Stationen Tablet-PCs bereit, die mit der entsprechenden Software eine digitale Reduktion der Karte ermöglichen.

    Nachdem die Lernenden in drei vorab definierte Gruppen eingeteilt worden sind (an dieser Stelle ist die Expertise der kooperierenden Lehrkraft gefordert, um eine gezielt leistungsheterogene und individuell-verträgliche Gruppeneinteilung vornehmen zu können), werden sie an die Stationen verteilt und bearbeiten diese nacheinander im Rotationssystem, bis jede Gruppe die Inhalte jeder Station erarbeitet hat. Die Studierenden übernehmen an den Stationen jeweils die Rolle von Moderatoren, die die Station und das jeweilige Lernziel vorstellen, die Einordnung in die Rahmennarration vornehmen und die Erarbeitung und Ergebnissicherung begleiten. Wo es nötig ist, wird der individuelle Lern- und Erarbeitungsprozess von ihnen gezielt unterstützt und gesteuert.

    Die Station zum Umgang mit der Legende hat dabei die Zuordnung ausgewählter Punkt-, Flächen und Liniensignaturen zu den entsprechenden Fachtermini und realräumlichen Fotografien zum Inhalt. Der Ergebnissicherung dient dabei eine Tabelle, in der diese Zuordnung mittels Aufklebern zunächst angeordnet und nach der gemeinsamen Diskussion in der Tischgruppe fixiert wird. Es werden adaptive Hilfen zur Legendenarbeit in Form eines erklärenden Glossars zu möglicherweise unbekannten Fachtermini innerhalb von Legende und Karte angeboten.

    Die Station zum Umgang mit den Höhenlinien nutzt, nach der Eingliederung der Station in die Rahmennarration („Wähle für einen sicheren Aufstieg die Route mit der geringsten Reliefenergie bzw. Steilheit aus.“) und einer Einleitung zu den Charakteristika der Höhenlinien, vorrangig ein 3D-Modell der Karte, um den gestellten Arbeitsauftrag zu lösen. Dazu wird zunächst ein Übertrag von der Drei- in die Zweidimensionalität geleistet, indem dem Modell die Höhenlinien mittels Acrylglashaube und einer Folie abpausend entnommen werden, umsie anschließend auf die entsprechend vergrößerte und um die Höhenlinien reduzierte Atlaskarte zu legen und sich auf Grundlage dieser synthetischen Karte im Gruppengespräch für die richtige Aufstiegsroute zu entscheiden. Eine Überprüfung bzw. Reflexion des Ergebnisses erfolgt dann erneut am konkreten Modell. Im Anschluss wird die gewählte Route auf den individuellen Arbeitsblättern markiert und ihre Auswahl schriftlich begründet. Die adaptiven Hilfen fokussieren sich hier vor allem auf den Charakter und die Rolle der Frequenz der Höhenlinien in der Darstellung von Reliefenergie (d. h. steile und weniger steile Streckenabschnitte) durch entsprechende Visualisierungen.

    Der Umgang mit dem Maßstab kann von den Schülerinnen und Schülern durch zwei verschiedene methodische Herangehensweisen erarbeitet werden. Mit Hilfe der Verhältniszahl kann die betreffende mathematische Rechenoperation vollzogen werden, um die Länge der in der Rahmennarration ausgewiesenen Naturstrecke zu ermitteln; alternativ kann dazu auch die Maßstabsleiste genutzt werden, wenn einer eher haptisch orientierten Erarbeitung entsprochen werden soll. Dabei kann der jeweils nicht genutzte Erarbeitungsweg ggf. zur Ergebnisüberprüfung und -reflexion des angewandten Weges verwendet werden. Beide Herangehensweisen werden durch entsprechende adaptive Hilfen zum nötigen deklarativen und prozeduralen Wissen unterstützt, wie z. B. eine kleinschrittige Anleitung zur Vorgehensweise bei der Messung oder der Umrechnung der Einheiten. Nach Abschluss des Rotationszyklus erfolgt eine moderierte Kurzdiskussion der Ergebnisse sowie die Zusammenfassung und Einordnung der angewandten Erarbeitungswege.

  • 2. Stunde | Beschreiben

    Die Darstellung der Bedeutung des Dekodierens für den zweiten Schritt der Auswertung, das Beschreiben, leitet zu diesem über. Die Gruppen verteilen sich erneut an die drei Stationen, die nun jedoch keine methodische Differenzierung mehr aufweisen. Stattdessen dient die Aufteilung nun eher der Entzerrung der Lerngruppe. Inhalt des Beschreibens ist es, die zuvor ermittelten Informationen aus der Dekodierung, wie die Bedeutung der Signaturen, Länge von Naturstrecken und Angaben zu Höhe und Relief, nun fachsprachlich korrekt und geordnet so zusammenzufügen und aufeinander zu beziehen, dass die im Rahmen der Dekodierung der Höhenlinien ausgewählte Aufstiegsroute fach- und sachgerecht beschrieben wird. Der anvisierte Text ist dabei nach den vier Abschnitten der zu beschreibenden Route gegliedert. Der erste Abschnitt ist bereits vollständig ausgefüllt, so dass sich die Schülerinnen und Schüler an dieser Musterlösung bzw. den genannten Informationen, Fachtermini, fachspezifischen Phraseologismen und spezifischen Textsortenmustern orientieren können. Adaptive Hilfen, die diese Aspekte noch einmal einzeln vertiefen und verdeutlichen, werden in Form von explizierenden Gliederungsvorschlägen bzw. Planungshilfen bezüglich des anvisierten Beschreibungstexts, möglichen Satzanfängen und einer vereinfachten schematischen Darstellung der gewählten Route und ihrer Abschnitte zur Verfügung gestellt. Zum Ende dieses zweiten Abschnitts haben die Schülerinnen und Schüler im Rahmen einer zusammenfassenden Zwischenmoderation die (gern genutzte) Möglichkeit, ihre verfassten Texte vorzulesen und Feedback einzuholen.

  • 3. Stunde | Erklären

    Der sich anschließende dritte Schritt der Auswertung, das Erklären unter Verwendung externer Informationen, hat zum Ziel, die durch das Beschreiben kartenimmanent identifizierte Anordnung und Abfolge der Vegetationshöhenstufen mit Hilfe kurzer Fachtexte zu den sich mit zunehmender Höhe ergebenden klimatischen Veränderungen in Bezug zu setzen, um so die benötigte Ausrüstung für den fiktiven Aufstieg zusammenzustellen. Der Kausalzusammenhang zwischen Höhe und Klima ist aus der Karte allein nicht ersichtlich. Im Klassenraum werden dazu fünf Lerninseln aufgebaut, die jeweils einer Vegetationsstufe zugeordnet sind. Die Stationen sind dementsprechend gekennzeichnet und mit Atlanten, den höhenstufenbezogenen Informationstexten sowie Hilfen zur Erschließung der kontinuierlichen geografischen Fachtexte ausgestattet. Zudem verfügt jede Station über einen Tablet-PC, auf dem ein kurzer Filmausschnitt zu den realen Verhältnissen in der jeweiligen Höhenstufe angeschaut werden kann. Diese Ausschnitte veranschaulichen die in den Informationstexten genannten Aspekte. Im Rahmen eines Gruppenpuzzles (Think-Pair-Share) wird die Lerngruppe nun auf die fünf Stationen aufgeteilt und erarbeitet die Informationen zu der jeweiligen Höhenstufe in Gruppenarbeit; eine Sicherung der Ergebnisse zu Lage, Ausdehnung, Temperatur, Niederschlag, Flora und Fauna der jeweiligen Höhenstufe wird individuell in Form einer Tabelle vorgenommen. Die Lerngruppe wird anschließend entsprechend gemischt. Zusammen wird dann in der neu entstandenen Gruppe eine umfassende Tabelle erarbeitet, die die Informationen zu allen Höhenstufen in geordneter Reihenfolge darstellt und zueinander in Bezug setzt. Eine abschließende Plenumsphase thematisiert noch einmal die zentralen Aspekte der klimatisch bedingten Änderung der Naturlandschaft und schlägt den Bogen zur initialen inhaltlichen Fragestellung, indem Erklärungsansätze zur höhenbedingten Temperaturabnahme, der Niederschlagsveränderung bzw. -verteilung und der damit einhergehenden ringförmigen Anordnung der Vegetationshöhenstufen zusammengefasst werden. Die Thematisierung der vollzogenen Handlungen zur Herausarbeitung der nötigen Informationen aus den Beitexten und deren Verknüpfung mit der Karte sowie ein zusammenfassender Überblick über die Aufstiegsplanung mittels der Karte schließen den Schritt des Erklärens ab.

  • 4. Stunde | Beurteilen & Abschluss

    Der vierte und letzte Auswertungsschritt des Beurteilens ist weitgehend als Frontalphase konzipiert, die sich an eine kurze Einzelarbeitsphase anschließt. Diese beruht noch auf der Kilimandscharo-Karte und hat die Beurteilung der Kartengrafik zum Inhalt. Die Schülerinnen und Schüler sind aufgefordert, die Grenzen des durch Beschriftung in der Karte ausgewiesenen Kilimandscharo-Nationalparks in diese einzuzeichnen. Dies ist jedoch nicht möglich, da weder in der Karte noch in der Legende die dazu notwendige Liniensignatur existiert. Vielmehr verführt die Anordnung der Beschriftung in der Karte dazu, eine fehlerhafte symbolische Dekodierung durchzuführen, da der Nationalpark durch die fehlende Grenzlinie schnell mit der Flächensignatur gleichgesetzt werden könnte, mit der der Schriftzug unterlegt ist. Diese Aufgabenstellung erfüllt eine Scharnierfunktion, indem am Beispiel der Kilimandscharo-Karte illustriert wird, dass durch die hier nicht vollständige Legende (im Sinne eines Kartenfehlers) falsche Dekodierungsergebnisse auftreten können. Der Blick für solche Unvollständigkeiten und andere Abweichungen von kartographischen Darstellungskonventionen werden im Anschluss thematisiert. Es folgen die Präsentation einer diesbezüglich korrekten Karte und ein kurzer Input zu (Fehl-) Interpretationen durch den Kartennutzer/die Kartennutzerin, die von dem/der Kartenautor/Kartenautorin mehr oder weniger intendiert sein können. Um potenzielle Möglichkeiten solch verwirrender oder gar manipulierender kartographischer Darstellungen zu illustrieren, folgt im letzten inhaltlichen Teil die Präsentation und Diskussion dreier Karten, die durch verschiedene Aspekte der Darstellung wie z. B. den gewählten Projektionstyp, Farbgebung etc. zur Fehlinterpretation verleiten oder diese gar forcieren. Der zusammenfassende Abschluss der Fördersequenz thematisiert zum einen den übergeordneten strategischen Vierschritt der Kartenauswertung und zeigt auf, dass sich dieser auf alle Arten von Karten und die entsprechenden Aufgabenstellungen übertragen lässt. Zum anderen dient er zum Einholen des Schülerfeedbacks, im Rahmen dessen die Schülerinnen und Schüler bewertende Einschätzungen zur Fördersequenz an sich und zum eigenen Lerngewinn rückmelden. Als Deckblatt für den Lerner-Hefter wird ihnen abschließend ein individualisiertes Zertifikat ausgeteilt, das für die Teilnahme dankt, den Vierschritt in seinen Hauptaspekten noch einmal zusammenfasst und auf diese Weise das Inhaltsverzeichnis des Hefters bildet.