Beteiligung am Exzellenzcluster
- Mitglied der Graduiertenschule
- Forschungsfeld A Transkulturelle Verflechtung und Entflechtung
- Theorieplattformen Ungleichheit und Konflikt
Im Januar 2010 veröffentlichten die Bischöfe der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Tansania (ELCT) die sogenannte Dodoma-Erklärung, in der sie sich strikt gegen die Segnung und Trauung homosexueller Paare aussprachen und sie als unvereinbar mit der biblischen Lehre und inkompatibel mit tansanischen/afrikanischen Werten und Traditionen deklarierten. Die Dodoma-Erklärung löste große Unruhe im Lutherischen Weltbund aus, wenn auch ein Schisma vermieden werden konnte. Auch in anderen afrikanischen mainline churches sind in den letzten zwanzig Jahren ähnliche Diskussionen zu beobachten. Öffentliche Diskussionen um Homosexualität gibt es in afrikanischen Kirchen, sowie in der Politik erst seit etwa 25 Jahren, d.h. seit den 1990er Jahren. Der Diskurs hat sich dabei seit seinem ersten Auftreten in Tansania sowohl im Tonfall als auch in der tatsächlichen Verfolgung sexueller Minderheiten verschärft. Politiker*innen und Kirchenführer*innen können sich in ihren Positionierungen dabei auf den Rückhalt der Bevölkerung stützen: Laut einer Umfrage des Pew Research Centers aus dem Jahr 2007 lehnen 95 % aller Tansanier*innen Homosexualität ab. In den Positionen der ELCT taucht dabei ein Motiv immer wieder auf: Homosexualität wird abgelehnt als Teil einer als unmoralisch empfundenen, „westlichen“ Moderne und in einen Gegensatz zu indigenen, positiv konnotierten tansanisch-afrikanischen Traditionen gebracht. Auch Kirchenführer*innen anderer Denominationen und Religionen in Tansania, sowie Politiker*innen aller Parteien benutzen diese Argumentationslinie. Typischerweise wird dabei postuliert, dass Homosexualität „unafrikanisch“ und „untansanisch“ sei.
Ziel der geplanten Dissertation ist es, diese Diskurse um Homosexualität in ELCT auf ihren verschiedenen Ebenen, mit ihren verschiedenen Motiven und im Hinblick auf ihre verschiedenen Kontexte zu identifizieren, analysieren, und damit das Auftreten und die hegemoniale Durchsetzung ein(ig)er dieser Diskurse zu erklären. Dieses Vorhaben ist von hoher Relevanz, da es sich bei diesem Diskurs um einen globalen Konflikt handelt, in dem queere Lebensweisen zunehmend politisiert, bzw. politische Diskussionen zu LGBTQ*-Rechten religionisiert werden. Wichtig ist dabei, auch den historischen (post-)kolonialen Kontext in den Blick zu nehmen. So war es im Falle von Tansania zunächst die deutsche Kolonialherrschaft, die die Kriminalisierung von gleichgeschlechtlichen Beziehungen installierte.