GEDÄCHTNIS: Epidemien, ihre Opfer und die Erinnerung
Dossier "Epidemien. Kulturwissenschaftliche Ansichten"
Epidemien oder gar Pandemien sind stets traumatische Ereignisse im Erinnerungshaushalt betroffener Menschen, Familien oder Gesellschaften. Spätestens wenn sich ein Ende der Krise abzuzeichnen beginnt, stellt sich die Frage nach Formen künftiger Erinnerung an das dann vergangene Geschehen. Mehrere Länder haben bereits Akzente gesetzt: In Washington D.C. wurden am Vorabend der Inauguration von Präsident Biden 400 Laternen am Reflecting Pool vor dem Lincoln Monument entzündet – eine für je 1.000 US-amerikanische Pandemieopfer. In Italien wurde gar ein jährlicher Gedenktag eingeführt und dafür der 18. März bestimmt – jener Tag, an dem in Bergamo eine Kolonne von 70 Militärtransportern die Särge von hunderten Toten aus der Stadt brachten, weil das dortige Krematorium überlastet war. Diese und andere Beispiele – etwa das Lichterherz auf dem Münsteraner Domplatz am bundesweiten Corona-Gedenktag am 18. April 2021 – werfen die Frage auf, wie Gesellschaften, gesellschaftliche Gruppen, Institutionen oder auch Individuen mit dem Gedenken an Epidemien und ihre Opfer umgegangen sind und umgehen.