Algerischer Autor Boualem Sansal eröffnet neue Lesereihe am Exzellenzcluster
Erste Annette von Droste-Hülshoff-Lesung – Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster lädt internationale Literaten ein – Am 30. Januar Lesung und Gespräch mit dem algerischen Schriftsteller Boualem Sansal – Kritische Auseinandersetzung mit politisch-religiösen Verhältnissen in islamistischen und totalitären Regimes
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Pressemitteilung vom 23. Januar 2024
Der algerische Schriftsteller Boualem Sansal hält am 30. Januar die erste Annette von Droste-Hülshoff-Lesung am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster. „Der vielfach ausgezeichnete Autor und engagierte Intellektuelle setzt sich in seinen Romanen kritisch mit politisch-religiösen Verhältnissen auseinander, vor allem mit solchen, die von Islamismus und totalitären Regimes geprägt werden“, sagt die Romanistin Prof. Dr. Karin Westerwelle vom Exzellenzcluster. Boualem Sansal, der 2011 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels erhielt, liest auf ihre Einladung hin in Münster aus seinen Büchern, darunter der Roman 2084. Das Ende der Welt (2015) und das soeben in Frankreich erschienene Werk Vivre. Le compte à rebours (Leben. Der Countdown). Die Lesung in französischer und deutscher Sprache findet in Kooperation mit dem Institut français statt. Der Schauspieler Carsten Bender liest die deutschsprachigen Texte. Der Eintritt ist frei.
Zur Annette von Droste-Hülshoff-Lesung lädt der Exzellenzcluster ab 2024 jährlich internationale Schriftstellerinnen und Schriftsteller ein, die sich in künstlerisch anspruchsvoller Weise mit der Beziehung von Religion und Politik befassen. „Denn das Verhältnis von Religion und Politik ist nicht nur Gegenstand wissenschaftlicher Forschung“, erläutert der Sprecher des Exzellenzclusters Prof. Dr. Michael Seewald. „Es wird seit jeher auch in der Literatur verhandelt. Dabei werden Fragen und Nuancen, Dilemmata und Konflikte mit literarischen Mitteln anders zum Ausdruck gebracht, als die wissenschaftliche Beschäftigung mit Religion und Politik es zu tun vermag.“ Die Lesereihe ist nach der aus dem Münsterland stammenden Annette von Droste-Hülshoff (1797–1848), benannt, die zu den bedeutendsten Schriftstellerinnen deutscher Sprache gehört. Michael Seewald: „Ihr kritischer Blick auf Religion und Gesellschaft macht ihr Werk in der heutigen Zeit auf vielfache Weise aktuell.“
„Sansal schreibt gegen Tabus, Verbote und Lethargie an“
Der Gegenwartsautor Boualem Sansal, der erste Autor der Lesereihe, schreibt nach den Worten von Karin Westerwelle in vielen seiner Texte „gegen Tabus und Verbote, gegen Lethargie und bequemes Nicht-zur-Kenntnis-Nehmen an – so auch in den Werken, aus denen er in Münster liest.“ Im Roman 2084. Das Ende der Welt geht es um die totalitäre Welt des fiktiven Abistan, das sich nach dem „Großen Heiligen Krieg“ konstituiert. „Darin sind Individualismus, freies Denken und genießendes Leben ausgeschaltet, die Sprache des Romans gleicht sich dem freudlosen, durch Angst, Gewalt und Macht beherrschten Leben an. Sansals Schreibstil versucht das Nichts und die Leere abzubilden“, erläutert die Romanistin. In seinem neuesten Roman spiele, so Westerwelle, bereits der Titel auf die globalen Gefahren an, die nicht allein den Menschen, sondern die Menschheit bedrohen: Vivre. Le compte à rebours (Leben. Der Countdown).
Das Romanwerk des 1949 in der Nähe von Algier geborenen und als Ingenieur ausgebildeten Sansal erhielt viele Auszeichnungen. Es umfasst Romane, politische Analysen, Essays und Stellungnahmen. Für den 2015 veröffentlichten Roman 2084. Das Ende der Welt, der im Titel auf George Orwells 1984 anspielt, wurde Sansal in Frankreich mit dem renommierten Grand Prix du Roman der Académie française ausgezeichnet. (pie/fbu)