Religion, Recht, Politik
Vorlesungsreihe des Exzellenzclusters „Religion und Politik“ und der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
dienstags 18.15 bis 19.45 Uhr, Hörsaal F2 Fürstenberghaus am Domplatz 20-22
Kaum ein Rechtssystem beruht ausschließlich auf politisch gesetzten, säkularen Normen. Auch moderne Rechtsordnungen sind ganz wesentlich von religiösen Überzeugungen geprägt. Das gilt nicht nur für religiöse Rechtstraditionen wie das talmudische und das islamische Recht, sondern ebenso auch für Europa, dessen Recht heute allgemein als säkular gilt, also als prinzipiell unabhängig von der Religion. Dabei bildet das Recht von jeher das Medium, in dem Konflikte zwischen Religion und Politik verhandelt werden und mit dem sich Grenzen zwischen der Religion und der Politik markieren lassen. Umgekehrt lässt sich immer wieder beobachten, dass religiöse Überzeugungen und politische Bewegungen in institutionalisierten Formen verrechtlicht werden. Das Recht steht damit in spezifischer Weise im Spannungsfeld von Politik und Religion, beansprucht freilich von jeher und zu verschiedenen Zeiten in verschiedenem Maße seine Unabhängigkeit und seine eigene Rationalität.
Bekannt ist von all dem indes nur wenig: Lange Zeit haben nicht nur dogmatische Juristen, von denen ein säkulares Selbstverständnis erwartet wird, sondern auch Rechtshistoriker den Einfluss von Religion auf das Recht ausgeblendet und dabei die Verrechtlichung des Religiösen sowie außerstaatliche Institutionalisierungsprozesse ignoriert. Erst in der jüngeren Generation von Rechtshistorikern, für die die interdisziplinäre Arbeit mit Philologen, Historikern, Theologen und Soziologen selbstverständlich geworden ist, hat sich das geändert. Unsere Ringvorlesung macht deshalb genau das spannungsreiche Verhältnis von Religion, Recht und Politik in der Rechtsgeschichte zum Thema. Dabei konzentrieren wir uns auf die europäische Geschichte, nehmen diese aber in einer Langzeitperspektive – von der Spätantike bis in den Vormärz – in den Blick.
Programm
03.04.2012 | Thomas Rüfner, Trier | Mittelalterliches Kirchenrecht in Byzanz und Bologna |
10.04.2012 | Ulrike Babusiaux, Zürich | Lob des Tyrannen – Juristentaktik in der römischen Militärmonarchie des 3. Jahrhunderts |
17.04.2012 | Wolfgang Kaiser, Freiburg | Vom Nutzen des römischen Rechts – Wie sich Papst Johannes VIII. im Jahre 878 gegen Kirchenplünderer zu wehren wusste |
24.04.2012 | Michele Luminati, Luzern | Täufer zwischen Religion, Politik und Recht: Täuferbekämpfung in der Alten Eidgenossenschaft |
08.05.2012 | Mark Godfrey, Glasgow | Royal Councils, Law Courts and Governance: the Role of Litigation in Early Modern Scotland |
15.05.2012 | Massimo Meccarelli, Macerata | Das Problem der Rechtsmodernisierung durch die Theologen der Spätscholastik |
22.05.2012 | Heikki Pihlajamäki, Helsinki | Strafrecht ohne Religion? Ein Blick auf protestantische Länder in der frühen Neuzeit |
05.06.2012 | Tilman Repgen, Hamburg | Ein Schwert in Verwahrung. Zur Geschichte der Diskussionen um veränderte Umstände im Vertragsrecht |
12.06.2012 | Peter Oestmann, Münster | Niedersächsisches Bauernrecht zwischen Staat und Kirche |
19.06.2012 | Andreas Thier, Zürich | Richtigkeitsgewähr, Teilhabebefugnis und Verfahren: Regelungsmodelle der mittelalterlichen Bischofsbestellung |
26.06.2012 | Hans-Peter Haferkamp, Köln | Rechtliches und Christliches im Privatrecht des Vormärz |
03.07.2012 | Nils Jansen, Münster | Nur Streit? Frühneuzeitliches Testamentsrecht zwischen kirchlicher Seelsorge und herrschaftlicher Ordnungspolitik |
Sommersemester 2012
Dienstag 18.15 bis 19.45 Uhr
Hörsaal F2 im Fürstenberghaus
Domplatz 20-22
48143 Münster