"Crimes of Passion"
Im frühen 20. Jahrhundert eroberte der Diskurs über von der gesellschaftlichen Norm abweichende Formen der Sexualität die Literatur fast ebenso schnell, wie er sich als wissenschaftliche Disziplin zu etablieren begann. Der Sexualpathologie, so der Name dieses Wissenschaftszweigs, fehlte es zunächst an empirischem und statistischem Material. Also griffen die Wissenschaftler oft auf Fallgeschichten aus der Literatur zurück, um Systematisierungen sexueller Normabweichungen zu konstruieren, die als juristisch und gesellschaftlich zu sanktionierendes Verhalten wahrgenommen wurden.
Unter dem Titel "Crimes of Passion: Repräsentationen der Sexualpathologie im frühen 20. Jahrhundert" widmet sich eine internationale Tagung an der Universität Münster vom 24. bis zum 26. Juli diesen Wechselwirkungen zwischen Sexualität, Kriminologie und Literatur. Vertreter verschiedener geistes- und kulturwissenschaftlicher Fachrichtungen aus Großbritannien, Deutschland, Belgien, der Schweiz und den USA widmen sich im Rahmen der Tagung sowohl literarischen als auch historisch überlieferten Repräsentationen sexueller Abweichung und unterziehen sie einer historisch-kritischen Analyse. Eröffnet wird die Konferenz am Mittwoch, 24. Juli, um 15 Uhr im Senatssaal der Universität, Schlossplatz 2. Zur Eröffnung und den in englischer oder deutscher Sprache stattfindenden Tagungsvorträgen sind alle Interessierten willkommen.
Den Eröffnungsvortrag hält die Literaturwissenschaftlerin Dr. Anna Katharina Schaffner von der University of Kent, Großbritannien. Sie spricht über "Sexology and Literature: On the Uses and Abuses of Fiction". Der zweite Keynote-Vortrag findet am Donnerstag, 25. Juli, um 18.30 Uhr im Festsaal der Universität, Schlossplatz 5, statt. Historiker Prof. Dr. Scott Spector von der University of Michigan, USA, referiert zum Thema "Passionate Crimes, Bodies of Knowledge: "Lustmörder" and Sensual Women at the Fin de Siècle".
Organisiert wurde die Tagung von Doktoranden der Graduiertenschule "Practices of Literature" des Fachbereichs Philologie der Universität Münster und des unter dem Dach der Graduiertenschule angesiedelten Promotionskollegs "Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft" der Hans Böckler-Stiftung.
Graduiertenschule "Practices of Literature"
Promotionskolleg "Literaturtheorie als Theorie der Gesellschaft"