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„Jede Wirklichkeit tötet; das sieht zu verschiedenen Zeiten nur verschieden aus“

Büchner-Preisträger Reinhard Jirgl liest in Münster
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"Die Unvollendeten": Lesung mit Reinhard Jirgl am Freitag, 4. Mai, im Theatertreff der Städtischen Bühnen

Am Freitag, 4. Mai 2012, ist der Schriftsteller Reinhard Jirgl im Theatertreff der Städtischen Bühnen zu Gast. Ab 19 Uhr liest der Büchner-Preisträger aus seinem Roman „Die Unvollendeten“. Die Lesung ist Teil des vom Kulturamt der Stadt Münster geförderten Kunst- und Wissenschaftsprojekts „Gleichzeitigkeit“, das in Kooperation der Graduate School Practices of Literature des Fachbereichs 09 Philologie der WWU und der Kunstakademie Münster vom 3. - 5. Mai veranstaltet wird. Der Eintritt zur Lesung beträgt sieben Euro, ermäßigt fünf Euro. Karten sind an der Theaterkasse der Städtischen Bühnen, Neubrückenstraße 63, erhältlich.

Der Roman „Die Unvollendeten“ nimmt sich der deutschen Geschichte aus der Perspektive einer sudentendeutschen Familie an, die aus dem heimatlichen Komotau vertrieben wird und nach knapp vierzig Jahren des Überlebens in der DDR schließlich im Berlin der Gegenwart Fuß fasst. Der Flucht und Vertreibung der einen steht in dem Roman die Vereinzelung und Selbstentfremdung der anderen Generation gegenüber – keine hat Recht, keiner geht es besser. „Jede Wirklichkeit tötet; das sieht zu verschiedenen Zeiten nur verschieden aus“, äußert der Protagonist Reiner K., der jüngste Ahne der Familie, verbissen in einem Selbstgespräch. Die Quittung für seinen Berufsstress, die „fliegende Hast“ und den „tierhaften Fluchtreflex“, hat der Berliner Zahnarzt eines Tages in Form einer Krebsdiagnose in der Hand – und entscheidet sich schließlich, auf den letzten Metern seines Lebens, doch noch aus den Zwängen des Alltags auszubrechen.
Für den Rezensenten der Neuen Zürcher Zeitung, Roman Bucheli, sind „Die Unvollendeten“ schlicht ein „großer Roman“. Die Literaturkritikerin Iris Radisch schließt sich diesem Urteil in der Zeit an: „Noch nie ist die deutsche Nachkriegsgeschichte so überzeugend geschildert worden.“

Reinhard Jirgl gilt als einer der wichtigsten Literaten Deutschlands. So wurde er u.a. mit dem Anna-Seghers-Preis (1991), dem Alfred-Döblin-Preis (1993) und dem Grimmelshausen-Preis (2009) ausgezeichnet. 2010 hat der Autor den Georg-Büchner-Preis erhalten, den bedeutendsten deutschen Literaturpreis. 

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Graduate School Practices of Literature