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"Gedruckte Bücher sind im Alltag wichtige Begleiter"

Buchwissenschaftlerin Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl über die Besonderheiten des Kinder- und Jugendbuchmarkts
Die Literaturwelt entdecken: Seit mehr als 70 Jahren gibt es die zehn mal zehn Zentimeter großen Pixi-Bücher für Kinder.
© Corinna Norrick-Rühl

Vom 12. bis zum 15. Oktober findet die 22. Europäische Kinder- und Jugendbuchmesse in Saarbrücken statt, bei der Literatur für kleine Leserinnen und Leser im Mittelpunkt steht. Eines der kleinsten Bücher ist das zehn mal zehn Zentimeter große Pixi-Buch. Seit 1954 entdecken Millionen von Kindern mit ihm die Literaturwelt für sich. Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl vom Lehrstuhl für Buchwissenschaft am Englischen Seminar der WWU erforscht unter anderem Pixi- und Kinderbücher sowie die Buchkultur und das Verlagswesen. Im Interview mit Kathrin Nolte aus der Pressestelle der WWU spricht die Buchwissenschaftlerin über die Bedeutung von Büchern für die Sprachentwicklung und Leseförderung und über die neuesten Trends auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt.

Warum sind Pixi-Bücher seit Jahrzehnten so beliebt?

Die Minibilderbücher sind unschlagbar günstig und eignen sich daher prima für Spontankäufe. Gleichzeitig bieten sie einen niedrigschwelligen Einstieg ins Vorlesen. Für Kinder sind Pixis oft die ersten eigenen Bücher – sie wühlen in der Schüssel des Pixi-Aufstellers und dürfen sich selbst etwas aussuchen. Es gibt für jeden Anlass ein Pixi-Buch, die Charaktere wie Conni oder Leo Lausemaus sind vertraut, und die Bücher regen durch ihre Gestaltung sowie die Publikation in Serien zum Sammeln an. Die Erwachsenen hingegen überzeugt das gute Preis-Leistungs-Verhältnis. Manchmal ist beim Kauf auch eine Portion Nostalgie dabei – schließlich gibt es die Bücher schon fast 70 Jahre.

Smartphones, Tablets, Spielekonsolen, Smartspeaker – Kinder und Jugendliche nutzen viele elektronische Medien. Welchen Stellenwert nehmen Bücher bei der Erziehung heutzutage ein?

Studien zeigen: Familien sind medial gut ausgestattet und Bücher konkurrieren um die Zeit und Aufmerksamkeit der Kinder. Gedruckte Bücher sind dennoch bei Eltern beliebt und im Alltag wichtige Begleiter. Sie sind robust im Vergleich zu den elektronischen Alternativen und sie können früh selbstständig genutzt werden. Vor allem jedoch sind Bücher, ob vorgelesen oder selbst gelesen, für Sprachentwicklung und Leseförderung zentral wichtig – auch das zeigen Studien. Eltern schätzen die medialen Erweiterungen des Buches für Smartphone und Tablet, etwa Hörbücher oder Apps, sehr. Der Carlsen Verlag beispielsweise produziert nicht nur Bücher, sondern auch Digitales wie die Pixi-Apps.

Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl
Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl
© Sandra Sperlinger

Wodurch zeichnet sich der Kinder- und Jugendbuchmarkt aus?

Der Markt hat sich in den vergangenen Jahren als recht krisenfest erwiesen: 2021 wurden 18,8 Prozent des Gesamtumsatzes der deutschen Buchbranche mit Kinder- und Jugendbüchern erwirtschaftet. Die Verlage müssen Produkte kreieren, die einerseits erwachsenen Käuferinnen und Käufern gefallen, aber andererseits die jungen Leserinnen und Lesern inhaltlich überzeugen. An Marketing-Maßnahmen wird für beliebte Reihen wie ‚Die Schule der magischen Tiere‘ vom Carlsen Verlag oder ‚Der kleine Drache Kokosnuss‘ vom cbj-Kinderbuch-Verlag nicht gespart. Der Erfolg zahlt sich bei beliebten Marken aus, denn Kinderbuchfiguren eignen sich sehr gut für das Merchandising – ob Conni, der Grüffelo oder Harry Potter, die Kinderzimmer sind voller gebrandeter Produkte.

Was ist der neueste Trend auf dem Kinder- und Jugendbuchmarkt?

Für kleinere Kinder sind Hörboxen wie die Toniebox und digitale Lernstifte wie der TipToi von Ravensburger sehr im Trend. Die Lernstifte sind besonders interessant, weil sie eine mediale Erweiterung sind, aber trotzdem an das Printprodukt gekoppelt bleiben.

Im Jugendbuchmarkt sind es spannenderweise gerade die sozialen Medien wie Instagram und TikTok, die junge Menschen wieder zum Lesen inspirieren. Dort findet ein reger Austausch zu Buch- und Literaturthemen statt. Inzwischen bespielen Jugendbuchverlage mit ihren verschiedenen Verlagsmarken sehr professionell eigene Instagramkanäle, um die Zielgruppe da abzuholen, wo sie sich digital aufhält.

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Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl