Ausgrabungen an der Ostgrenze des Assyrischen Reiches
Im Rahmen des von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Forschungsprojektes "Lebenswelten des frühen 1. Jt. v. C. im westlichen Zagrosrandgebirge am Unteren Zab vor und nach der assyrischen Annexion: Das zivile Zentrum des Dinka Siedlungskomplexes in der Peshdar-Ebene" hat unter Leitung von Prof. Dr. F. Janoscha Kreppner vom Institut für Altorientalistik und Vorderasiatischer Archäologie von Mitte August bis Mitte Oktober eine zweimonatige Ausgrabungskampagne im Nordirak stattgefunden. Der Fundort liegt in der Autonomen Region Kurdistan des Irak ca. 5 km südlich der Kreisstadt Qaladze in der Provinz Sulaymaniyah unmittelbar an der Grenze zum Iran. Der über Jahrtausende vom Chalkolithikum bis in die islamische Epoche besiedelte Fundort blühte in der Eisenzeit I (ca. 1250-1050 v. Chr.) auf und erreichte seine größte Siedlungsausdehnung von ca. 60 ha in der Eisenzeit II (ca. 1050-800 v. Chr.) bereits vor der assyrischen Annexion der Peshdar-Ebene und der Siedlung in der Eisenzeit III (ca. 800-600 v. Chr.). Ziel der Ausgrabungen 2022 war das Gebäude K, das Bestandteil eines etwas abseits am Rande der Unterstadt gelegenen Gebäudekomplexes ist und von der kleinteiligen Wohnbebauung der Unterstadt durch eine Freifläche getrennt ist. Im Herbst 2022 wurden ergänzend zu den Ausgrabungen 2017 und 2021 450 qm Fläche ausgegraben (Abb. 1).
Das Gebäude hat einen etwa rechteckigen Grundriss mit einer Seitenlänge von ca. 20 m in NW-SO und 17 m in NO-SW Ausdehnung (Abb. 2). Die Ausgrabungsergebnisse gewähren Einblicke in die Architektur, Bauweise und Raumorganisation des Gebäudes K. Neun Räume sind um einen zentralen Innenhof angeordnet. Das Gebäude konnte von einer Gasse im Nordwesten erschlossen werden. Der Eingang war mit einer großen weißen Steinschwelle ausgestattet. Es ist in fünf Baueinheiten unterteilt, die jeweils von Umfassungsmauern umschlossen werden. Die Baueinheiten treffen in Doppelmauern aufeinander und sind durch Baufugen voneinander getrennt. Baueinheit 1 entspricht Raum 39, Baueinheit 2 besteht aus den Räumen 40 und 90 und Baueinheit 3 aus Räumen 91 und 92. Baueinheit 4 mit den Räumen 93 und 101 und Baueinheit 5 mit den Räumen 78 und 74 sind deutlich schlechter erhalten. Insbesondere die Schnittstelle dieser beiden Baueinheiten beruht im Wesentlichen auf Rekonstruktion. Da es in jedem Raum nur einen Fußboden gab, der über die Durchgänge mit denen der Nachbarräume verbunden war, ist das Gebäude K in einer Nutzungsphase bewohnt worden. Die Baueinheiten sind als Module eines zugrundeliegenden Gesamtplans zu betrachten, die gleichzeitig oder nur kurz nacheinander realisiert worden sind. Die hohe Dichte an Öfen in den Räumen 91, 92, 93 und im Hof 94 deutet auf intensive Tätigkeiten mit Feuer und Hitze im Gebäude K hin (Abb. 3). Die Existenz eines Brunnens im Hof und die - soweit erhalten - ausgedehnten Steinpflasterungen weisen darauf hin, dass Wasser in die Arbeitsprozesse einbezogen war.
Das Gebäude K, die auf den Fußböden vorgefundene Keramik und die Funde geben neue wichtige Einblicke in die Lebenswelten der Menschen im frühen ersten Jahrtausend vor Christus an der Ostgrenze des Assyrischen Großreiches in den nördlichen Zagrosbergen, deren soziale Organisation und materielle Kultur.
Das Forschungsteam bestand aus Prof. Janoscha Kreppner (Uni Münster), Projektmitarbeiter Jens Rohde (Uni Münster/LMU München), der wissenschaftlichen Mitarbeiterin Jana Richter (Uni Münster/LMU München), den Studierenden Ellen Coster, Tarik Willis, Noah Rothe, Stella Rennwanz, Philipp Böhmert, Sandra Hein (alle Uni Münster), Malte Loetz (Uni Tübingen) und Cajetan Geiger (Uni Bochum), der Promotionsstudentin Zahra Golmohammadi (Uni Münster), dem Postdoc Mohammad Masoumian (Marivan, Iran), Hero Salih Ahmed (Antikendirektion Sulaymaniyah/Irak), Abubakir Qasim (University of Rapparin, Irak), Fahrer Aziz Sharif (Antikendirektion Sulaymaniyah), Koch Ibrahim Mulla mit Hamrin Ibrahim (Erbil) sowie 23 Arbeitern aus Nureddin und Qaladze. Vor Ort waren vorübergehend auch unsere Kooperationspartnerinnen Prof. Karen Radner (Co-Projektleiterin) von der Alten Geschichte der LMU München und Prof. Eileen Eckmeier vom Institut für Ökosystemforschung an der CAU Kiel.
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Institut für Altorientalistik und Vorderasiatische Archäologie