FB09
|

Sechs Fragen an... Prof. Dr. Kai Sina

Seit dem 1. April hat Prof. Dr. Kai Sina eine Lichtenberg-Professur für Neuere deutsche Literaturwissenschaft und Komparatistik (mit dem Schwerpunkt Transatlantische Literaturgeschichte) inne
Kai Sina
Prof. Dr. Kai Sina
© Kai Sina

Willkommen am Fachbereich Philologie der WWU Münster!

Wie sind Ihre ersten Eindrücke von Stadt und Universität?

Ich lebe zur Zeit noch in Göttingen, erst im Sommer werde ich mit meiner Familie nach Münster ziehen. Bedingt durch die Corona-Situation kenne ich die Stadt bisher nur durch Arbeitsaufenthalte und Besuche mit der Familie. Einen ersten, besonders starken Eindruck machte auf mich der Dom, der, als ich das erste Mal in der Stadt war, in frühabendliches Sonnenlicht getaucht war. Ich musste bei dem Anblick an den ersten Satz aus Thomas Manns Erzählung "Gladius Dei" denken: "Münster leuchtete." (Oder war es München?) Dass ich die Studierenden und die meisten Kolleginnen und Kollegen bisher nur virtuell kennenlernen konnte, finde ich natürlich sehr schade. Zugleich imponiert mir der flexible Pragmatismus, mit dem Studierende und Lehrende gemeinsam versuchen, die schwierige Lage zu meistern.

Was sind Ihre Forschungsschwerpunkte?

Ich befasse mich mit Phänomenen der Transatlantischen Literatur- und Kulturgeschichte und konzentriere mich dabei insbesondere auf die Beziehungen zwischen den USA und Deutschland im 19. und 20. Jahrhundert. Aktuell arbeite ich an Projekten zu Thomas Mann als transatlantischem Intellektuellen, zur Rezeption der Weimarer Klassik in den USA und zum Verhältnis von deutscher Nachkriegsliteratur und amerikanischer Re-Education-Politik. Ein wenig mehr über diese Vorhaben sowie über die Transatlantische Literaturforschung im Allgemeinen wird es bald auf einem Blog zu lesen geben, den ich gerade konzipiere.

Wann haben Sie begonnen, sich für Ihre Forschungsrichtung zu interessieren?

Schon während meiner Zeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Uni Göttingen, vor allem aber während eines längeren Forschungsaufenthaltes an der University of Chicago. Was mich fasziniert, ist der transatlantische Perspektivwechsel: Die Werke Goethes aus der fremden Sicht eines amerikanischen Philosophen des 19. Jahrhunderts neu kennenzulernen oder, in umgekehrter Blickrichtung, die politische Funktionalisierung afroamerikanischer Lyrik in der DDR zu untersuchen – all das ist für mich sehr, sehr reizvoll. Und weil es sich um ein recht neues Forschungsfeld handelt, mache ich ständig neue Entdeckungen!

Was verbinden Sie mit dem Begriff "Forschendes Lernen"?

Im Bereich der Lehre: die Möglichkeit für die Studierenden, gemeinsam neue Themen zu erschließen, an wissenschaftlichen Diskussionen zu partizipieren, eigene Probleme, Thesen, Fragen zu entwickeln. In der Forschung: die Bereitschaft, eingespielte Denkmuster und Erwartungshaltungen immer wieder aufs Neue zu befragen – womit aber eigentlich der Kern aller wissenschaftlichen Tätigkeit beschrieben ist.

Was sind Ihre Tipps für ein erfolgreiches Studium?

Ich kann nur unoriginell antworten: Man benötigt Neugier und Lesefreude, beides ist unerlässlich. Außerdem finde ich es wichtig, Fremdheit zu akzeptieren, also hinzunehmen, dass historische Phänomene, in meinem Fall der Literatur, nicht unmittelbar "anschlussfähig" für unsere Gegenwart sind. Manchmal kostet es Zeit und Mühe, um sich ein Werk anzueignen, vergleichbar dem Gespräch mit einem schwierigen Freund. Aber es ist in der Literatur wie im Leben: Oft sind gerade diese Gespräche die entscheidenden.

Und zu guter Letzt: Haben Sie schon ein Fahrrad?

Klar, ich komme aus Göttingen, das ja ebenfalls eine Studierenden- und Fahrradstadt ist. Aber vielleicht wird sich mein Fahrrad in Münster, also in der Nähe der Niederlande, noch besser fahren: Der Hersteller hat das Modell "Flying Dutchman" genannt.

Homepage Prof. Dr. Kai Sina

Die "Sechs Fragen an..." werden neuberufenen Professorinnen und Professoren des Fachbereichs Philologie gestellt. Dieses Mal hat Prof. Dr. Kai Sina die Fragen beantwortet. Er lehrt und forscht seit Beginn des Sommersemesters 2020 am Germanistischen Institut.