Die Afrikanistin Dr. Katrin Pfeiffer (Hamburg) berichtete am 14. September 2023 in ihrem Vortrag „Kulturelles Gedächtnis und Dekolonisierung: Die Digitalisierung des Nationalarchivs in Gambia“ über das Projekt „National Digital Archive of The Gambia – Digitalarchiv Bakari Kebba Sidibe“ des National Centre for Arts and Culture (NCAC), Gambia, und der Universität Hamburg (Laufzeit: 2016–2022). Die Veranstaltung war eine Kooperation der Kolleg-Forschungsgruppe „Zugang zu kulturellen Gütern im digitalen Wandel“ und des Vereins „Afrikanische Perspektiven e. V.“
Die Anfänge des Archivs reichen zurück bis ins Jahr 1956. Bakari Kebba Sidibe – einer der Pioniere des Studiums und der Verschriftlichung der gambischen Nationalsprachen – begann in diesem Jahr, gambische Geschichte und Kulturen zu dokumentieren, indem er Tonaufnahmen mit älteren Menschen und Griots (Jali) (Sänger, die zur mündlichen Überlieferung beitrugen) machte. Das Archiv in der Research and Documentation Division in Fajara umfasst heute 5.000 Tonband- und Kassettenaufnahmen sowie 1.200 Transkriptionen und/oder Übersetzungen. Damit ist dieses Archiv nicht nur ein wahrer Kulturschatz für Gambia, sondern es ist auch einzigartig in Afrika. Das Archiv umfasst hauptsächlich Aufnahmen aus Gambia, aber auch aus Senegal und Guinea-Bissau. Die meisten der Aufnahmen enthalten bestellte oder zufällige Performances sowie Interviews zu Geschichte, Ethnologie /Soziologie, Besiedlungsgeschichte bzw. Migration in und nach Gambia, Genealogien, Musik und Sprachkunst. Die Aufnahmen beinhalten zu 99 % Texte in acht der indigenen Sprachen der Senegambia-Region. Ziel des Projektes ist es, nicht nur die Konservierung all dieser Daten zu gewährleisten, sondern auch die Zugänglichkeit zu den Archivdaten in Gambia und international zu erleichtern bzw. erst zu ermöglichen.
Das digitale Archiv ist ein Beitrag zur Diskussion über die Dekolonisierung des Landes. Es ermöglicht Zugang zu historischen Quellen aus Gambia. Das digitale Archiv bietet einen Perspektivwechsel, da Geschichte bisher fast immer aus der Sicht Europas bzw. des Westens geschrieben wurde.