Griechenlandexkursion vom 28.09. bis 12.10.2015
Reisebericht

Am Montag, den 28.09.2015, begaben sich 12 Studierende unter der Leitung von Dr. H.-Helge Nieswandt und Dr. Holger Schwarzer auf die Reise nach Griechenland. In den letzten Monaten und Wochen vor der Abreise hatten wir uns alle intensiv auf unsere speziellen Themen vorbereitet, welche dann vor Ort genauer vorgestellt werden sollten. Einen ersten Überblick von dem, was uns erwartete, hatten wir bereits in einer vorbereitenden Übung, bei der wir als „Experten“ einen allgemeinen Überblick über unsere Themen gaben, bekommen. So gab es beispielsweise einen Themenbeauftragten für die Theater und Odeia oder einen für den Zeuskult. Durch die vorbereitenden Referate wurde der Anreiz erhöht, die Bauten in ihren Dimensionen vor Ort genauer zu studieren.

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Gruppenbild in Olympia
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Athen

Das gut strukturierte Programm sah vor, dass wir in nur 14 Tagen sämtliche archäologische Stätten, nämlich Athen, Delphi, Olympia, Korinth, Epidauros, Nemea, Eleusis, Brauron, Thorikos, Sounion, Isthmia, Argos, Loukou, Tegea, Megalopolis, Bassai, Patras, Kalydon, Pleuron, Chaironeia, Theben, Phyle, Oropos, Marathon und Rhamnous samt Museen besuchen. Bei der Vielzahl an archäologischen Stätten ist es nicht verwunderlich, dass wir teils mehrere Orte an einem Tag besuchten, um die Zeit in den antiken griechischen Stätten voll ausschöpfen zu können und um in kürzester Zeit möglichst viel zu sehen und zu lernen. Einige Orte und Erlebnisse seien im Folgenden geschildert.

Unser erstes Quartier bezogen wir am Montagabend in Athen. Den ersten Blick auf die Akropolis erhaschten wir von der Dachterrasse unseres Hotels aus, auf der wir den späten Abend voller Vorfreude auf die kommenden zwei Wochen ausklingen ließen. In den folgenden drei Tagen stand die Erkundung von Athen auf dem Programm.

Als erstes bestiegen wir die Akropolis und folgten dem Peripatos. Wir studierten und besprachen das imposante Parthenon, das Erechtheion, die Propyläen, den Athena-Nike-Tempel sowie weitere Bauten auf der Akropolis und waren tief beeindruckt von der Qualität der Architektur, des Bauschmucks und der Größe der erhaltenen Bauten. Bereits nach dem ersten Tag waren wir uns einig, dass wir diese Eindrücke, die wir von der Exkursion mitnehmen werden, niemals aus der Literatur oder von Abbildungen allein hätten gewinnen können und dass das Studium an Originalen viele Vorteile bietet. Aber auch kaum erhaltene Tempel, wie das Heiligtum der Artemis Brauronia auf der Akropolis, waren hochinteressant, um mit Hilfe von Steinplänen das zu vergleichen, was tatsächlich noch sichtbar ist, sowie an Details, wie Klammerspuren, den Aufbau eines Bauwerks nachvollziehen zu können. Um die Bauten der Akropolis mit der Bauplastik in Verbindung bringen zu können, besuchten wir zwei Mal das Akropolismuseum.

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Olympia

Im Deutschen Archäologischen Institut, Abteilung Athen, wurden wir am Mittwoch herzlich empfangen und von dem Referenten für Bauforschung, Dr. Nils Hellner, durch die geschichtsträchtigen Räumlichkeiten geführt. Die 1874 gegründete Abteilung im Zentrum Athens ist in einem Haus untergebracht, das Heinrich Schliemann u. a. von dem Architekten Wilhelm Dörpfeld im klassizistischen Stil errichten ließ – berühmte Persönlichkeiten in der Archäologie. Man präsentierte uns zudem freundlicherweise die verschiedenen Projekte, die vom DAI geleitet werden mit den neuesten Forschungserkenntnissen– teils an Orten, die wir während der Exkursion sogar noch besuchten. So lange wie möglich hielten wir uns am gleichen Tag im Nationalmuseum auf, um die dort aufbewahrten Exponate zu studieren. Am Abend hatten wir die Ehre mit dem Wissenschaftlichen Direktor des DAI Athen, Dr.Reinhard Senff, in einem Restaurant zu speisen und diskutieren zu dürfen und erfuhren auch etwas mehr über die moderne griechische Kultur und Lebensart.

In Athen untersuchten wir u. a. die Spuren des Odeions des Perikles und das beeindruckend gut erhaltene Odeion des Herodes Atticus, besprachen das Asklepiosheiligtum und sahen uns das Dionysostheater sowie weitere Tempel und Monumente an. Zudem schauten wir uns die Bauten auf der Agora an, waren besonders beeindruckt vom Hephaisteion und besichtigten das Agora-Museum. Abseits vom Stadttrubel stiegen wir den schönen Weg zum Philopappos-Monument hoch und bekamen einen Eindruck von der heutigen Stadt Athen und dessen Dimensionen. Auch konnten wir uns mithilfe der Pläne von den teilerhaltenen Stadtmauern und Toren einen Überblick über die Ausmaße der antiken Stadt machen.

Zu unserem Leidwesen bekamen wir in Athen und teilweise auch andernorts nur selten die Möglichkeit nah genug zur Detailbesprechung an die einzelnen Befunde heranzugehen, da diese vor Besucherströmen geschützt werden sollen. Anders verhielt es sich dann auf dem Kerameikos mit seinen Gräbern und Heiligtümern, die den Zugang zur Stadt säumten. Hier erhielten wir eine höchst interessante Führung von der Grabungsleiterin Dr. Jutta Stroszeck, die uns zum Kerameikos selbst, seinen Wasserleitungen und Brunnenanlagen sowie dem bisher einzigen bekannten Orakelheiligtum des Apollon in Athen – welches dieses Jahr entdeckt wurde – mit dem außergewöhnlichen Befund des in situ gefundenen Omphalos informierte. Wir sind sehr dankbar, dass wir an derart aktuellen Forschungen teilhaben durften. Abschließend besuchten wir das Kerameikos-Museum, in welchem wir ebenfalls neu ausgegrabene Funde zu sehen bekamen.

In Athen nutzten wir zur Fortbewegung die Metro und gingen die meisten Strecken zu Fuß. Danach stand uns ein Bus zur Verfügung, da wir fortan weiter auseinanderliegende Ziele erreichen wollten. Von nun an besuchten wir mehrere Orte an einem Tag. Leider schlossen aufgrund der vorgezogenen Winteröffnungszeiten viele archäologische Stätten schon um 15 Uhr oder hatten unerwartet nicht geöffnet. So musste unser Programm flexibel bleiben und wir sahen uns außerplanmäßig Mykene an. Diese Festung ist nicht nur für Prähistoriker bedeutend, sondern auch für die Klassische Archäologie, da sich hier u.a. Linear B-Schriften befinden, mit denen die Geschichtsschreibung begann und wir viele interessante Erkenntnisse und Eindrücke mitnahmen.

Unser Busfahrer Georgos brachte uns stets sicher zu den unterschiedlichsten Zielen, seien sie aufgrund der engen Serpentinen und den Abgründen am Wegesrand auch noch so schwer erreichbar, wie beispielsweise auf der Fahrt nach Lykossoura. Der anschließende Aufstieg zum extra für uns geöffneten Heiligtumsbezirk und kleinen Museum hatte sich überaus gelohnt, konnten wir doch die Überreste des Tempels der Despoina bestaunen. Zu der ungewöhnlichen Kultbildbasis, die eine T-Form aufweist, sind nur zwei Parallelen im kleinasiatischen Pergamon bekannt, weshalb wir sehr dankbar sind, dass wir diesen Ort besichtigen durften.

Nahe Athen besprachen wir die Überreste von Piräus und das Piräus-Museum samt Theater, scheiterten aber leider am Versuch die Bootshäuser im antiken Hafenbecken zu erkennen.

In Epidauros wären wir gerne länger verweilt, um uns das berühmte Pilgerheiligtum der Antike um den Gott Asklepios mit seinen imposanten Bauten wie der Tholos, dem Asklepiostempel und den Inkubationshallen sowie den vielen weiteren Bauten um den Temenosbezirk herum und das Museum intensiver anschauen zu können. Eindrucksvoll war auch das Theater in Epidauros. Ein Akustiktest hat uns eindrucksvoll bewiesen, dass die Besucher auf den obersten Rängen den Chor, der in der Mitte der Orchestra aufgestellt war, und sicherlich auch die Schauspieler auf der Bühne, aufgrund der Bauweise des Theaters bestens verstehen konnten – und das ohne Mikrofone, die man heute benötigt. Das besterhaltenste Theater der griechischen Welt bot Platz für 11.750 bis 14.700 Personen.

Ein weiterer Höhepunkt war der Apollon-Epikourios-Tempel in Bassai für den heilenden Gott. Er gehört zum UNESCO-Weltkulturerbe und ist der am zweitbesten erhaltene griechische Tempel des Mutterlandes (nach dem Hephaisteion in Athen) und wird derzeit restauriert und rekonstruiert, weshalb er sich unter einem Schutzdach befindet. Begleitet von mystisch klingender Musik konnte das Heiligtum mit seiner einzigartig gut erhaltenen Architektur besichtigt werden, was uns einen neuen Blick auf und ein besseres Verständnis für antike Tempel ermöglicht hat.

Der antike Ort Brauron war für uns ein überaus spannender Ort mitten in der Natur. Neben dem Artemis-Heiligtum konnte man dort noch eine antike Brücke und eine rekonstruierte Stoa begutachten. Besonders das Museum bot interessante Einblicke in den Kult, der hier einst ausgeübt wurde, sowie seine außergewöhnlichen Funde.

In Megalopolis sahen wir in einer teilergrabenen Landschaft überall verstreute Architekturreste und begegneten Wildschweinen, die das hoch gewachsene Gras durchstreiften, welches heutzutage das Gebiet der einstigen Agora bedeckt. Überreste des Zeus Soter-Heiligtums und der Philipps-Stoa, des Theaters und des Thersileions sind noch deutlich zu erkennen.

In dem geschichtsträchtigen Ort Olympia besichtigten wir in dem Heiligtum des Zeus und dem Austragungsort der Olympischen Spiele der Antike sämtliche Bauten, wie beispielsweise die Werkstatt des Phidias und den Zeustempel, welcher eines der Sieben Weltwunder der Antike war. Im Museum von Olympia sahen wir viele außergewöhnliche Artefakte, bewunderten u. a. die Nike des Paionios und den Hermes des Praxiteles und besprachen die Giebel des Zeustempels. Frau Claudia Maechler informierte uns über den außergewöhnlichen Bau des Leonidaions. Zudem wurden wir von Herrn Dr. Jürgen Schilbach durch das Stadion geführt und erfuhren vieles über die Forschungsergebnisse. Experimentelle Archäologie haben wir in Form eines Stadionlaufes betrieben, um ein wenig den antiken Athleten nachfühlen zu können. Passenderweise zum Heiligtum des Gottes Zeus mit seinem Attribut des Blitzbündels gewitterte und blitzte es stark und donnerte derart schallend am Abend in Olympia, dass man den Glauben der antiken Griechen ein Stück weit besser nachvollziehen konnte, die mit derartigen Naturphänomenen die Unzufriedenheit des Gottes in Verbindung brachten.

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Rhamnous

In Sounion waren noch 15 Säulen der Ringhalle und eine Säule des Pronaos vom Poseidontempel zu sehen. Für den Herrscher über das Meer erbaute man den Tempel über einer Klippe in windigen Höhen, sodass man diesen schon von Weitem sah und er ein Orientierungsmerkmal für die antike Seefahrt darstellte. Bei einem malerischen Sonnenuntergang nutzten einige die Chance und schwammen in der Bucht vor dem Poseidontempel im Meer. Von Weitem bekam man den Eindruck, als wäre der Tempel des Poseidon nahezu komplett erhalten und in jedem Fall prägt er in der Umgebung von Sounion noch heute das Landschaftsbild.

In Korinth bekamen wir die Gelegenheit neben der antiken Stadt sogar das Asklepieion zu besichtigen, das eigens für uns geöffnet wurde. Hier konnten wir uns ohne irgendwelche Beschriftungstafeln allein anhand der teils ungenauen Pläne ganz neue Gedanken zu den Befunden machen. Ähnlich verhielt es sich auch an anderen Orten, besonders jedoch in Argos, Thorikos und Kalydon. In Rhamnous fanden wir eine überaus gut erhaltene Stadt vor und konnten viele Details anhand von Funden und Befunden besprechen, die andernorts nicht mehr erhalten sind. Auch der Zugang zur Villa des Herodes Atticus in Loukou wurde uns ermöglicht, sodass wir in den aktuellen Grabungsschnitten beeindruckende Funde sehen konnten. Auch die übrigen Exkursionsorte hielten immer spannende neue Erkenntnisse für uns bereit und gerade die Vielfalt an unterschiedlichen archäologischen Stätten übte einen besonderen Reiz aus.

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Delphi

Viele der besuchten Orte waren kleinere und größere Heiligtümer, die allesamt die besondere Beziehung der antiken Griechen mit den Göttern offenbarten – dazu sind exemplarisch das Zeus-Heiligtum in Olympia, das Asklepios-Heiligtum in Epidauros und das Apollon-Heiligtum in Delphi zu erwähnen. Doch auch historisch und politisch bedeutende Stätten haben wir uns näher angeschaut, so zum Beispiel Statuenweihungen und Schatzhäuser in Delphi oder das Schlachtfeld in Marathon und Chaironeia.

Neben den Heiligtümern und Städten selbst haben uns ebenfalls die Befestigungsmauern und ihre Bauweise interessiert. In Pleuron ist ein großer Teil einer Festungsmauer mit mehreren Toren und mindestens 32 Türmen erhalten, doch leider hatte diese Stätte bereits geschlossen. Dafür konnten wir die Befestigung von Phyle ohne Probleme besteigen und besichtigen.

Die Abende ließen wir bei landestypischer Küche in athenischen Restaurants oder in den Speiseräumen der Hotels in entspannter Atmosphäre ausklingen, sinnierten u. a. über das Gesehene oder spielten Gesellschaftsspiele, die wir archäologisch abwandelten.

Die Exkursion lehrte uns auch, dass es oft einen deutlichen Unterschied zwischen Steinplänen, Rekonstruktionen und Erhaltungszustand gibt. So waren von manchen Bauten nur noch die Fundamente erhalten und ohne Steinpläne nur schwer zu deuten gewesen, während andere wiederum nahezu vollständig rekonstruiert und teilweise falsch wiedergegeben waren. Die Überreste vieler Tempel und weiterer Gebäude in den unterschiedlichsten Heiligtümern und antiken Stätten zu studieren, lehrte uns viel, was wir für unsere wissenschaftlichen Studien benötigen.

Wettertechnisch haben wir alles erlebt: häufig Sonne, teilweise starker Wind und am Ende der Exkursion auch Starkregen. Wir traten erschöpft, aber glücklich die Heimreise an. Im Gepäck hatten wir viele wertvolle neue Erfahrungen, tausende Fotos, etwas griechische Sprache und kiloweise Bücher aus den Museen, aber auch genauso viele neue offene Fragen, die wir in der Nachbereitung der Exkursion klären müssen. Sicherlich wird jeder von uns gerne noch einmal die Orte besuchen, da die Exkursion Lust auf mehr gemacht hat. Monumente auf Bildern und mithilfe der Literatur zu studieren ist spannend, aber die Monumente in situ und vor Ort wie auch die Originale in den Museen zu sehen ist beeindruckend!