Über TRANSLAPT
TRANSLation: Arabic – Persian – Turkish
Innerislamischer Wissenstransfer im Rahmen arabisch-persisch-osmanischer Übersetzungsprozesse im östlichen Mittelmeerraum zwischen 1400–1750
Übersetzungsprozesse spielten eine zentrale Rolle bei der Herausbildung des Osmanischen Reiches in der Frühen Neuzeit. Vor dem Hintergrund einer konfessionell-politischen Polarisierung im östlichen Mittelmeerraum und Nahen Osten wurde eine Vielzahl von Werken verstärkt rezipiert, übersetzt und kommentiert. Die Nachwuchsgruppe untersucht in einem multidisziplinären Ansatz diesen transregionalen Wissenstransfer zwischen 1400 und 1750 erstmalig ganzheitlich. Dabei liegt der Fokus auf Übersetzung als Konzept, Prozess und Produkt in einer Großregion der islamischen Welt. Ziel ist es, die zentrale Rolle osmanisch-türkischer Übersetzungen aus dem Arabischen und Persischen als Teil von Auflösungsprozessen kultureller und literarischer Mehrdeutigkeit zwischen sunnitischem und schiitischem Islam offenzulegen, ohne die sich geistesgeschichtliche Entwicklungen der Region nicht verstehen lassen.
Durch die Zusammenführung von Forschungsansätzen der Orient-/Nahostwissenschaften, Übersetzungswissenschaft und material philology soll die Gruppe nicht nur signifikante Lücken des bisherigen Forschungsstandes schließen, sondern zusätzlich auch bislang zu eng gefasste Übersetzungskonzepte durch ein neues, kulturgeschichtlich reflektiertes Übersetzungsverständnis ersetzen. Insbesondere gilt dies für die Funktion von Übersetzung im Rahmen ideologischer Selbstverortung und konfessioneller Abgrenzung. Auch die Fortentwicklung literarischer Normen durch Übersetzer, Auftraggeber und Rezipienten soll über unterschiedliche Textsorten hinweg untersucht werden. Vier Teilprojekte plus zwei assoziierte Forschungsprojekte behandeln dazu unterschiedliche Literaturgattungen, wobei Übertragungen der Genres (1) Fürstenspiegel und Historiografie, (2) Biografie und Hagiografie, (3) Enzyklopädie, Kosmografie und Geografie sowie (4) Hadith im Vordergrund stehen, die durch zwei assoziierte Projekte zusätzlich um die Genres (5) mystische Ratgeberwerke sowie (6) Koranexegese erweitert werden.
Durch den Fokus auf Handschriften als materielle Quellengrundlage beleuchtet die Nachwuchsgruppe nicht nur den Inhalt von Werken, sondern auch deren Leserschaft und die jeweiligen Lese- bzw. Nutzungskontexte. Eine besondere Rolle spielt hierbei die systematische Auswertung von Vor- und Nachworten, Lesenotizen, Besitzvermerken und -stempeln sowie visuellen Merkmalen wie Layout und Illustrationen. Hierdurch sollen Texte sowohl zueinander als auch zu Übersetzern (als autoritativ eingreifenden Akteuren) und deren Zielleserschaft sowie literarischen Praktiken in Beziehung gesetzt werden. Hierdurch ermöglichen die Teilprojekte Einblicke in Netzwerke und Knotenpunkte nahöstlich-islamischer Wissensproduktion in der Frühen Neuzeit.
Die geografische und soziokulturelle Verortung von Übersetzung sowie ihre Einordnung in langfristige Entwicklungen der Frühen Neuzeit stellen einen genuinen Forschungsbeitrag zur Geistesgeschichte der untersuchten Region und Periode dar. Um die Anschlussfähigkeit an zukünftige Forschungsprojekte zu gewährleisten, werden die Forschungsdaten zu Autoren, Übersetzern, Werken, Handschriften und den vielfältigen Beziehungen zwischen diesen bis zum Ende der Projektlaufzeit innerhalb eines bio-bibliografischen Referenzwerks in aufgearbeiteter Form bereitgestellt.