DFG-Projekt: Innerislamischer Wissenstransfer im Osmanischen Reich: Zu Übersetzungen islamischer Mystik im Rahmen transregionaler Sufinetzwerke in den anatolischen und arabischen Provinzen
Homepage: Projektseite (TRANSLAPT)
Projektleitung: Prof. Dr. Philip Bockholt
Wissenschaftliche Mitarbeit: Tobias Sick, M.A.
Das Promotionsprojekt behandelt anhand von Werken der islamischen Mystik persisch-arabisch-türkische Übersetzungs- bzw. Adaptionsprozesse in verschiedenen Teilen und Grenzregionen des Osmanischen Reiches vom 16. bis 18. Jahrhundert. Im Mittelpunkt steht hierbei die soziokulturelle Verortung von Übersetzungs- bzw. Übertragungsvorgängen – d.h. die Umstände von Auswahl, Imitation und Adaption sowie Transmission und Rezeption von Texten – im Rahmen einer überlieferungsgeschichtlichen Untersuchung auf Basis von Handschriften und Methoden der materiellen Philologie (material philology) sowie aktueller Ansätze der Translationwissenschaft.
Ziel des Projektes ist es, durch diesen multidisziplinären Ansatz Einsichten in die soziokulturellen Kontexte von Übersetzungen persisch-mystischer Literatur im Osmanischen Reich der Frühen Neuzeit zu gewinnen. Dies umfasst neben textuellen, paratextuellen und visuellen Aspekten des Mediums Handschrift gleichzeitig etwa auch die Person des jeweiligen Übersetzers als eigenmächtigem Akteur bzw. Multiplikator eines persophonen Wissenstransfers. Im Rahmen dieser Untersuchung spielen in besonderer Weise Fragestellungen eine Rolle, die (1) Akteure und Netzwerke der Übersetzung, (2) die komplexe Beziehung zwischen Originaltext und Übertragung sowie (3) kodikologisch-visuelle Organisationsformen von Übersetzungshandschriften betreffen.
Das bearbeitete Quellenmaterial umfasst Übersetzungen persischer Werke der islamischen Mystik, die innerhalb des Osmanischen Reiches zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert mehrfach und an verschiedenen Orten übersetzt wurden. Als Hauptquelle des Promotionsprojekts dient dabei das mystische Ratgeberwerk Pandnāma-yi ʿAṭṭār (ʿAṭṭārs Buch des weisen Ratschlags), bzw. die Übersetzungen (osm.-türk. terceme) und Kommentarwerke (şerḥ), die auf dessen Grundlage produziert wurden. Das dazu ausgewählte Handschriftenkorpus lässt Einblicke in die soziokulturelle Struktur der osmanischen Gelehrten- und Buchkultur zu und erweitert den im Hinblick auf Übersetzungsvorgänge gewöhnlich auf Istanbul fixierten Blick um Beispiele aus den arabisch-osmanischen Provinzen und dem osmanisch-iranischen Grenzgebiet. Dadurch soll es möglich werden, die grenzüberschreitenden Wechselbeziehungen zwischen Akteuren und Themen verschiedener kultureller Milieus und Wandlungen bei der Übertragung von Normen und Repräsentationen in transregionaler Perspektive zu betrachten.