Expertenkonsultation des Christlich-Islamischen Forums – Religionspädagogik
Am 18. Mai 2015 kamen wieder Religionspädagoginnen und -pädagogen aus ganz Deutschland zur dritten Expertenkonsultation des „Christlich-Islamischen Forums – Religionspädagogik“ in der Akademie Franz-Hitze-Haus in Münster zusammen. Das diesjährige Thema „Subjektorientierung und konfessionelle Profile des Religionsunterrichts in kooperativen Unterrichtsformaten“ wurde aus evangelischer, katholischer und islamischer Sicht reflektiert. Dabei ging es darum zu ergründen, in wie weit die freie Entfaltung des Subjekts und die konfessionelle Prägung des jeweiligen Religionsunterrichts vereinbar sind und wo sich Grenzen auftun.
Nach den einführenden Worten von Dr. Rainer Möller (Comenius-Institut Münster) wurde die theoretische Grundlage anhand der beiden Hauptreferate gelegt. Dr. Joachim Willems (Universität Oldenburg) betrachtete das Thema aus evangelisch-christlicher Perspektive und stellte seine Ausführungen im ersten Hauptreferat vor. Dr. Ismail Hakki Yavuzcan (Universität Tübingen) stellte eine muslimische Sichtweise auf die Thematik dar und reflektierte diese unter Berücksichtigung der besonderen Situation der Muslime in Deutschland und den Möglichkeiten und Grenzen eines konfessionell geprägten islamischen Religionsunterrichts. In diesem Zusammenhang wurde deutlich, dass der Begriff „konfessionell“ nicht nur in Bezug auf den islamischen Religionsunterricht unzutreffend ist. Auch im evangelischen und katholischen Religionsunterricht sei eine solche Bezeichnung inzwischen überholt.
In der an die Hauptreferate anschließenden fachwissenschaftlichen Diskussion, die von Prof. Dr. Clauß Peter Sajak (Universität Münster) moderiert wurde, konnten die Tagungsteilnehmerinnen und –teilnehmer mit den Referenten ins Gespräch kommen. In der Diskussion lag ein starkes Gewicht auf der Frage, wie Subjektivität sich im Rahmen radikaler Pluralität durch komplizierte Selbstfindungsprozesse entwickeln könnte und was der Religionsunterricht dazu beitragen kann, ohne seinen eigenen Wahrheitsanspruch abzulegen.
Die theoretischen Argumente wurden durch die kooperativen Praxisbeispiele noch einmal herausgefordert und auf den Prüfstand gestellt. Vertreterinnen und Vertreter von drei verschiedenen Schulen, die kooperative Unterrichtsformate erproben, waren eingeladen ihre Unterrichtsmodelle vorzustellen. Stephan Pruchniewicz berichtete von dem Projekt „Verschiedenheiten achten – Gemeinsamkeiten stärken“ an der Berufsbildenden Schule Offenbach. Dort wird der Religionsunterricht in der Klassenstufe elf im religionsheterogenen Klassenverband durch eine katholische, evangelisch oder muslimische Religionslehrkraft erteilt. Die Religionslehrerinnen und -lehrer wechseln bei Bedarf die Klasse. So lernen alle Schülerinnen und Schüler auch die jeweils andere Religion/Konfession kennen und sind in einem ständigen Austausch und Dialog mit ihren Mitschülerinnen und Mitschülern.
Das zweite Projekt wurde von drei Religionslehrerinnen der Primus-Schule (Berg Fidel, Münster), Birgit Gutmann, Betül Duru, Maria Hummes, vorgestellt. Da die Primus-Schule eine Modellschule ist, die integrativ arbeitet, konnten die Kolleginnen dort einige Dinge ausprobieren. Dazu gehörte auch ein Konzept zu kooperativem Religionsunterricht, das im Laufe der letzten Jahre aufbauend auf den Erfahrungen immer wieder neu überdacht und teilweise stark geändert wurde. Die Religionslehrerinnen merkten, dass ein kooperatives Unterrichtsmodell im Primarbereich die Schülerinnen und Schüler überforderte und entschieden sich zu einem Mittelweg. Sie filterten Themen aus den Lehrplänen heraus, die sie parallel bearbeiten konnten. Diese Themen werden nun in konfessionell getrennten Gruppen bearbeitet und an jedem Freitag den beiden anderen Religionsgruppen aus der je eigenen Perspektive heraus vorgestellt, woraus sich auch der Titel des Projekts „Gemeinsam und voneinander lernen in Projekten“ begründet.
Dr. Winfred Verburg stellte das Konzept der Drei-Religionen-Schule in Osnabrück vor, an der man versucht unter dem Motto „Christen, Juden und Muslime machen gemeinsam Schule“ das gesamte Schulleben interreligiös zu gestalten. Der Religionsunterricht findet an dieser Schule in konfessionell getrennten Gruppen statt. Die Schülerinnen und Schüler arbeiten jedes halbe Jahr an einem gemeinsamen Projekt, das sie am Ende der Projektwoche der Schulöffentlichkeit in einer Ausstellung präsentieren. An dieser Schule stehen der gegenseitige Respekt und der Dialog im Vordergrund.
Prof. Dr. Mouhanad Khorchide moderierte die Diskussion zu den drei Praxisprojekten, bei der sich die Fachwissenschaftler und die Praxisvertreter in einen fruchtbaren Austausch begaben. Die Diskussionen wurden nicht nur durch die Teilnahme von renommierten Religionspädagogen, wie Prof. Dr. Thorsten Knauth (Universität Essen), Prof. Dr. Andreas Obermann (Bonner Institut für berufsbezogene Religionspädagogik) und Dr. Beate Sträter (Schulreferentin Bonn, EKD-Synode) belebt, sondern auch durch Sabine Kahler, Michael Klewin, wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und nicht zuletzt Studierende der katholischen Theologie und ihrer Didaktik und der islamischen Religionslehre an der Universität Münster.
Maria Kröger (Katholisch- Soziale Akademie Franz Hitze Haus, Münster) rundete den Tag durch eine kurze Abschlussrede ab und gab einen Ausblick auf die Lehrerfortbildung am 12. November 2015, die thematisch auf dieser Expertenkonsultation aufbauen wird.
Das „Christlich-Islamischen Forums – Religionspädagogik“ dient dem überkonfessionellen und interreligiösen Austausch über Themen, die den Bereich der Religionspädagogik und des schulischen Religionsunterrichts betreffen. Es wurde 2013 von Prof. Dr. Mouhanad Khorchide (ZIT), Prof. Dr. Clauß Peter Sajak (Institut für Katholische Theologie und ihre Didaktik der WWU Münster) und Dr. Rainer Möller (Comenius Institut) ins Leben gerufen.