Gegenwärtige Transformationsprozesse im islamischen Denken  - Richtungen und Reflexionen 21.–23.6. in Kairo 

Teilweise überschattet von den Vorunruhen der Aufstände vom 30. Juni startete das Zentrum für Islamische Theologie Münster (ZIT) vom 21. bis 23. Juni 2013 in der ägyptischen Metropole Kairo die Auftaktveranstaltungen des Projektes „Gegenwärtige Transformationsprozesse im islamischen Denken“ mit dem Untertitel „Richtungen“ (einer Innovation) und „Reflexionen“ (einer Wende). Die Auftaktveranstaltungen wurden in Zusammenarbeit mit der Abteilung für islamische Philosophie der Dar-ul-Ulum Fakultät der Kairo Universität organisiert und in Kooperation mit Partnerdozenten aus der Philosophischen Fakultät der gleichen Universität sowie der theologischen Abteilungen und Fakultäten der Al-Azhar Universität und des Ifta-Amtes in Kairo durchgeführt. Die Auftaktveranstaltungen bestanden aus einem Fachkolloquium am 22. und 23.06 und einem Workshop für Nachwuchswissenschaftler am 21.06.2013.

Kolloquiumsreihe 1

So präsentierten und diskutierten im Workshop 19 Nachwuchswissenschaftler aus Deutschland, Ägypten, und Tunesien ihre Forschungsvorhaben und erläuterten, wie sie innovativ inhaltlich und methodisch arbeiten (wollen). Nicht nur deutsche Beiträge überzeugten die versammelten Theologen und Religionsphilosophen von ihren Innovationsansätzen, sondern auch Doktoranden aus Ägypten wie Karim Al-Sayyad, ein Schüler von Prof. Hassan Hanafi, und Asmaa Elamawi, eine Doktorandin von Prof. Ali Mabruk, aus der Abteilung für islamische Philosophie und Fundamentaltheologie der philosophischen Fakultät, beeindruckten die Workshop-Teilnehmer durch ihr Engagement, zur Erneuerung islamischen Denkens beizutragen.

Kolloquiumsreihe 2

Am 22. und 23.06 tagten mehr als 40 geladene Theologen aus Deutschland, Ägypten Tunesien, Libyen, Syrien und dem Jemen im Rahmen des Kolloquiums „Gegenwärtige Transformationsprozesse im islamischen Denken – Richtungen und Reflexionen“, um darüber zu diskutieren, inwieweit politische und kulturelle Umbrüche einen Wandel im islamisch-theologischen Denken hinsichtlich des Verhältnisses zwischen Religion, Recht und Gesellschaft bewirken können.  

Das Kolloquium von Kairo ist das erste Treffen in einer vom ZIT Münster geplanten Reihe von Kolloquien, Konferenzen und Workshops zum Thema Innovation und Erneuerung im islamischen Denken, die 2013/2014 in u.a. Ägypten, Tunesien, Marokko und Deutschland in Kooperation mit renommierten theologischen Wissenschaftlern und Einrichtungen in den eben erwähnten Ländern stattfinden werden. 

Kolloquiumsreihe 3In Kairo wurde das Kolloquium vom großen Theologen und Philologen Scheich Hassan al-Schafii, dem Präsidenten der Akademie für arabische Philologie und Mitglied des Rates der Großen Gelehrten der Al-Azhar, mit einer Keynote-Rede eröffnet, in der er die Bedeutung der Wahrnehmung der Polyphonie innerhalb der islamischen Theologie betonte. Er sprach außerdem vom Prozess des „Rethinkinig“ (murağa’āt fikriyya) bei den Gruppierungen des politischen Islams und dessen Einflusses auf die gesellschaftliche Rehabilitierung und Reintegration. Die Referenten beleuchteten mehrere Aspekte und Richtungen der Erneuerung aus der Sicht islamischer Theologie(n). Reza Hajatpour aus Erlangen und Adnane Mokrani aus Rom sowie Milad Karimi und Mouhanad Khorchide aus Münster erläuterten das Anliegen, eine Theologie der Zukunft für moderne, offene Gesellschaften zu schaffen und zu betreiben.  

Abu Yareb Elmarzoki aus Tunesien sieht in den Aufständen in den arabischen und islamischen Ländern und Gesellschaften eine Chance für die Erschaffung eines dynamischen Raums für die Weiterentwicklung islamischen Denkens. Muhammad al-Galyand und Abdulmuhsin Abdulradi aus Kairo verlangten einen differenzierten Umgang mit dem Salafismus als Theologie und erklärten, wie Salafismus als Glaubensrichtung sehr unter der aktuellen politischen Orientierung vieler salafistischer Gruppierungen leidet. Darüber hinaus diskutierten die Referenten die Al-Azhar Dokumente zur Revolution und die Verfassungen von Ägypten und Tunesien sowie inwieweit sie die gegenwärtigen Transformationsprozesse im islamischen Denken und in muslimischen Gesellschaften reflektieren und zu ihrer Dynamik beitragen. 

Das nächste Kolloquium der Reihe wird vom 18. bis 20. Oktober 2013 in Münster zum Thema „Identität und Pluralität zwischen Normen und Dogmen“ stattfinden. 

Für weitere inhaltliche Fragen: Ahmed Abd-Elsalam abdelsalam@uni-muenster.de