EXC 2060 B3-34 - Mikropolitiken der Körper – Formen der islamischen Lebensführung unter den Bedingungen kultureller Diversität
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- EXC 2060/1
Can Muslims be represented in Europe?" Für Talal Asad, der diese Frage aufwirft, zeichnet sich das Säkulare nicht einfach durch eine tolerante Haltung gegenüber den religiösen Traditionen aus. Der säkulare Staat anerkenne Religionen nur, wenn diese sich bereits säkularitätskonform umgestellt hätten. So könnten die Muslime in Europa zwar als Bürger, aber nicht als Muslime anerkannt werden. Auch wenn Asad nicht genau ausführt, was mit Selbstrepräsentation als Muslime gemeint ist, nehmen wir diese These zum Ausgangspunkt unseres Forschungsvorhabens, lösen sie aber von ihrer modernitäts- und säkularisierungskritischen Motivation, um sie für die empirische Forschung zu öffnen: Auf welche Weise bringen sich Muslime in gesellschaftlichen Bereichen als Muslime? Wir lösen dabei die Identitätsfrage, an die die Repräsentationsthematik bislang in der Forschung geknüpft war (‚Wer repräsentiert die Muslime in welchen Zusammenhängen?‘), in Formen unterschiedlicher Praktiken als Ausdrucksformen muslimischer Religiosität in konkreten Interaktionsräumen auf, um unsere allgemeine Frage näher zu spezifizieren: Welche Praktiken suchen dabei Geltung und dies mit welchen Folgen? Wie fügen sie sich in die bestehenden Räume und Zusammenhänge der kulturellen Diversität, wie affizieren / transformieren sie dabei die Diversität? Wir versprechen wir uns einen besseren Einblick in die Diversität der Praktiken der muslimischen Präsenz in Europa (hier: Deutschland) zu bekommen. Unser Fokus bleibt unterhalb der makropolitischen Repräsentationsebene, indem wir den Blick auf die körperlichen Praktiken richten.
Mit Max Weber betrachten wir dabei die Religionen als „Systeme der Lebensreglementierung" und lassen uns von der Annahme leiten, dass die Religionen, d.h. die jeweilige Art der Frömmigkeit, ebenfalls wie der Säkularismus spezifische Affektmodulationen präferieren und dabei durchaus in Spannungen zueinander geraten können. Kulturelle Diversität wird genau wegen dieser Affektdimension nicht immer und nicht notwendigerweise als ‚Bereicherung‘ empfunden. Konkret heißt das, dass in der säkularen Gesellschaft vornehmlich eine Affektorganisation gefördert wird, die der Tendenz nach die auf der Unterscheidung von Rein/Unrein basierenden kultischen Gebote in ethische Innerlichkeit überführt und damit praxiswirksam zu relativieren gebietet. An diese Idee knüpft sich unsere Forschungsfrage an: Welche ethisch-praktischen Selbstkonzepte kommen im muslimischen Spektrum in öffentlichen Räumen, in denen kulturell-kultische Praktiken zu Spannungen führen könnten, zur Geltung? Welche unterschiedlichen Formen der Lebensführung lassen sich dabei beobachten? Inwiefern lassen hierbei die Praktiken eine gewisse Ambiguitätstoleranz erkennen? Als solche Orte der Begegnung könnten z.B. Mensen in den Schulen, Gebets- bzw. Meditationsräume an den Universitäten und Schwimmbäder in Frage kommen. Das sind allesamt Orte und Zusammenhänge, wo die ethischen Anforderungen, die die Körper in ihrer sozialen Präsenz präparieren, die Akteure unmittelbar in spannungsgeladene Situationen bringen können. Was ist z.B. mit der Raumnutzung, wenn in einem multireligiösen Raum die ethischen Anforderungen einer bestimmten Form islamischer Frömmigkeit die Änderung der Raumstruktur (z.B. Geschlechtertrennung durch einen Vorhang) zur Folge haben? Wie ist es in öffentlichen Schwimmbädern, wenn getrennte Zeiten für Geschlechter verlangt werden oder über die Burkini in Schwimmbädern debattiert wird? Wie wird den religiösen Essgeboten in den Kindergärten Rechnung getragen, welche Lösungen mit welchen Folgen werden gefunden?
Das Projekt wird qualitative Methoden einsetzen. Vor allem eignet sich die ethnologische Feldforschung, um die muslimischen Ethiken mit ihrer Diversität in praktischen, kulturell diversen Zusammenhängen zu beobachten.
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