Papyrus und Pergament waren im Alten Ägypten so wertvolle Schreibmaterialien, dass man für kleine Alltagsnotizen auf Tonscherben und Steinsplitter zurückgriff. Diese kennt man im Fach Ägyptologie unter dem Namen „Ostraka“ (von griechisch: ostrakon – Scherbe). Auf den Scherben fanden sich etwa Listen von Kleidungsstücken für den Wäscher, Rechnungen für Eselsmieten oder Schreibübungen von Schülern.
Als Schreibmaterial im alten Ägypten diente Papyrus, der dem heutigen Papier ähnelt. Er wurde in einem aufwendigen Press- und Trockenverfahren aus Teilen einer Sumpfpflanze hergestellt und war dementsprechend teuer. So wurden darauf zwar bedeutende Texte – schöne Literatur, Urkunden oder das „Totenbuch“ – geschrieben, für einfache Notizen war Papyrus aber viel zu wertvoll. Für kurze Bemerkungen, Listen, Briefe oder skizzenhafte Zeichnungen verwendete man stattdessen Ostraka: Das sind Scherben von Keramikgefäßen oder flächige Gesteinssplitter, die sich als Schreibmaterial eignen. Überliefert sind zum Beispiel Listen von Kleidungsstücken, die dem Wäscher übergeben wurden, Rechnungen für Eselsmieten oder Anwesenheitslisten von Arbeitern. Auch für Schüler war Papyrus zu wertvoll, und so hinterließen sie ihre Schreibübungen – oft fehlerhaft und vom Lehrer korrigiert auf Scherben.
Die Bestände des Archäologischen Museums in Münster enthalten einige von diesen beschriebenen Steinsplittern und Gefäßfragmenten. Die Ostraka aus hellem Kalkstein sind mit schwarzer Tusche in Hieratisch beschrieben – einer Kursivschrift, die sich von den Hieroglyphen ableitet. Es handelt sich unter anderem um eine Lebensmittelaufzählung, die Nüsse der Doumpalme und Fische erwähnt. Ebenfalls belegt sind Scherben mit griechischer Beschriftung. Solche Zeugnisse sind häufig, da Griechisch seit der Eroberung Ägyptens durch Alexander den Großen 332 v. Chr. als Amtssprache genutzt wurde. Auch Koptisch, die späteste Sprachstufe des Ägyptischen, wurde mit griechischen Schriftzeichen geschrieben.
Die antiken Schreiber verwendeten das Abfallprodukt und handelten somit aus der Not heraus bereits nach dem Prinzip der Nachhaltigkeit, indem sie die kostbaren Ressourcen, die ihnen zur Verfügung standen, optimal ausnutzten.