Gebunden, gelötet, genietet: Gefäß-Recycling
Seit es Gefäße gibt, werden sie geflickt: Wie "vormodernes Recycling" aussah, zeigt die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der Ausstellung „Kleine Fächer – Große Potenziale“.
Seit es Gefäße gibt, werden sie geflickt: Wie "vormodernes Recycling" aussah, zeigt die Ur- und Frühgeschichtliche Archäologie in der Ausstellung „Kleine Fächer – Große Potenziale“.
Nur wenige Dutzend Meter vom Archäologischen Museum entfernt wurden bei Ausgrabungen unter dem Kreuzgang und den modernen Anbauten des Doms von Münster hunderte Gräber gefunden, in denen hauptsächlich Geistliche zwischen dem 8. Und dem 19. Jahrhundert bestattet worden sind.
In Grab 381 wurde ein 92 Jahre alter kleiner Mann begraben (Körpergröße: 1,65 m), der an Karies, Zahnstein und einer Knochenhautentzündung beider Unterschenkel litt. Im Beckenbereich lag ein bronzener Henkeltopf, der mehrmals geflickt worden war. Ursprünglich stand das Gefäß wohl direkt auf seinem Holzsarg, der im Laufe der Zeit verfiel. Bei dem Henkeltopf handelt es sich vermutlich um einen Nachttopf. Nachttöpfe sind spätestens seit dem 15. Jahrhundert bekannt und wurden aus Keramik oder auch Zinn hergestellt. Das in der Ausstellung gezeigte Exemplar besteht hingegen aus Bronze und stellt eine teurere Variante dar.
Seitdem es Gefäße gibt, wurden sie geflickt, wenn sie zu Bruch gingen. Bei Gefäßen aus Keramik bohrte man kleine Löcher seitlich der Bruchstelle in den Ton und verband die einzelnen Fragmente mit Hilfe von Fasern und Schnüren, die man mit Pech abdichtete, mit Bändern aus Kupfer- oder Bronzeblech oder Blei. Löcher in Metallgefäßen wurden zugelötet oder mit angenieteten Blechen abgedichtet. Solche Arbeiten wurden von Kesselflickern oder Kupferschmieden durchgeführt. All diese Reparaturen zeugen vom großen Wert der Gefäße, die so lang wie möglich benutzt wurden, besonders, wenn sie aus teurem Metall gefertigt waren – so auch der Nachttopf des alten Mannes. Die Interpretation des Gefäßes in seinem Grab ist übrigens nicht einfach. Eigentlich wurden in dieser Zeit keine Beigaben mehr in Gräber gelegt. Hinzu kommt, dass der Nachttopf mit Wolle und Tuch umwickelt worden war. Vermutlich war einst das Gefäß mit etwas gefüllt – Wasser, mit dem der Tote gewaschen wurde, Räucherwerk oder gar ein Organ, das bei einer Autopsie entfernt worden ist?
Beitrag der Ur- und Frühgeschichtlichen Archäologie in der Ausstellung "Kleine Fächer - Große Potenziale",
Themenfeld Nachhaltigkeit, im Archäologischen Museum der WWU.