Andreas Bedke

Student of the Graduate School Empirical and Applied Linguistics from 2009 to SoSe 2015

Staff member at the Gregory of Nyssa Research Centre of the Faculty of Protestant Theology at the University of Münster: /EvTheol/personen/bedke.html

Dissertation

Der gute Ton bei Homer - Ausprägungen sprachlicher Höflichkeit in Ilias und Odyssee

Die homerischen Epen Ilias und Odyssee stehen am Anfang der uns erhaltenen europäischen Literatur. Verwurzelt in der Tradition mündlicher Dichtung, sind sie wohl im achten vorchristlichen Jahrhundert entstanden. Unabhängig von den viel diskutierten Fragen der Autorschaft und ihrer genauen Entstehung sind Ilias und Odyssee in ihrem Wesen als literarische Werke und damit zugleich auch als sprachliche Äußerungen ihrer Zeit anzusehen. Die besondere Eignung der homerischen Kunstsprache als empirische Grundlage für linguistische Untersuchungen ergibt sich aus ihrer Verankerung in der mündlichen Dichtung und der daraus resultierenden Rezeptionssituation.
Kennzeichnend für die beiden Großepen ist die große Zahl wörtlicher Reden, die alle denkbaren Sprechakte umfassen. Zahlenmäßig stechen v. a. direktive Sprechakte hervor, bei deren Untersuchung die Dissertation ansetzen wird. So soll versucht werden zu ergründen, durch welche lexikalischen, syntaktischen und morphologischen Mittel die einzelnen Sprechakte sich jeweils auszeichnen, d. h. wie der illokutive Akt jeweils sprachlich umgesetzt wird. Das Hauptgewicht wird dabei auf der Beschäftigung mit unterschiedlichen Graden und Ausprägungen sprachlicher Höflichkeit liegen, wie sie einerseits durch die soziale Stratifizierung der homerischen Gesellschaft, andererseits durch die konkrete Handlungs- und Sprechsituation vorgegeben wird. Die Notwendigkeit einer solchen Untersuchung wird unterstrichen durch das Fehlen standardisierter lexikalischer Höflichkeitsmittel wie z. B. im Deutschen bitte und danke, andererseits durch die deutlich unterschiedenen und als solche benannten Untertypen der Direktiva, von der unterwürfigen oder anflehenden Bitte bis hin zum Befehl, unter Einschluss der Sonderformen wie z. B. des Gebets.