Institut für Geophysik

Die Geophysik ist eine Tochterwissenschaft der Physik: Sie erforscht die natürlichen physikalischen Erscheinungen auf der Erde einschließlich der Wirkungen, die aus dem Weltraum auf die Erde ausgeübt werden. Die Erde wird als Planet gesehen, der aus dem festen Erdkörper, den Ozeanen und der Atmosphäre besteht.
Die Geophysiker erforschen dementsprechend:

  • den Aufbau der Erde und ihrer Umgebung sowie ihren physikalischen Stoffbestand und die dort ablaufenden Prozesse
  • die Kraftfelder, die von der Erde ausgehen und sie umgeben
  • die Einflüsse, die von anderen Himmelskörpern, insbesondere von Sonne und Mond ausgehen
  • andere Planeten.

Aufgrund der historischen Wissenschaftsentwicklung entstand daraus eine Unterteilung in Disziplinen, die an den verschiedenen deutschen Geophysik-Instituten in spezieller Weise vertreten sind:

  • Weltraumkunde
  • Aeronomie und Meteorologie
  • Ozeanographie, Hydrologie und Glaziologie
  • Physik des Erdkörpers
  • Ingenieur- und Umweltgeophysik

Am Institut für Geophysik in Münster bestehen Arbeitsgruppen zu den drei letztgenannten Disziplinen. Sie wurden zu den drei Forschungsschwerpunkten Geodynamik, Angewandte Geophysik sowie Seismologie zusammengefasst.

Arbeitsgruppe Jun. Prof. Dr. Michael Becken und Dr. Volkmar Schmidt – Angewandte Geophysik

Primäres Ziel der Angewandten Geophysik ist die Bestimmung geophysikalischer Parameter (seismische Parameter, elektrische und magnetische Eigenschaften, Dichte) im Untergrund/der Erdkruste aus der Messung physikalischer Felder an der Erdoberfläche, im Bohrloch oder im Labor. Wichtige Untersuchungsziele sind dabei geologische Strukturen, Rohstoffe, Grundwasservorkommen sowie Anwendungen in der Baugrunderkundung, im Umweltbereich und in der Archäologie. Die Schwerpunkte der Arbeitsgruppe Angewandte Geophysik in Münster liegen in den elektromagnetischen (EM) Erkundungsverfahren zur Bestimmung der elektrischen Leitfähigkeit in der Erdkruste und des oberen Erdmantels, der multi-methodischen Erkundung des oberflächennahen Untergrundes sowie der Bestimmung physikalischer Eigenschaften von Gesteinen im Labor. Insbesondere beschäftigen wir uns

  • mit magnetotellurischen Messungen in aktiven und fossilen Deformationszonen
  • dem Aufbau einer EM-Sensorplattform für Hubschraubermessungen, sowie dem Einsatz ferngesteuerter Flugsysteme (z. B. Oktokopter) für oberflächennahe geophysikalische Fragestellungen
  • der Entwicklung von Modellierungs- und Inversionsverfahren für EM Daten
  • der Bestimmung der frequenzabhängigen elektrischen und magnetischen Eigenschaften von Gesteinen im Labor
  • der Untersuchung von Anisotropien der magnetischen Suszeptibilität und elektrischen Permittivität
  • der multimethodischen Erkundung geologischer und archäologischer Strukturen.

Abgeschlossene oder laufende Bachelor- und Masterarbeiten umfassen z. B. "Crustal resistivity structure across the Caledonian Front in Lapland from magnetotelluric measurements", "Two-dimensional inversion of airborne audiomagnetotelluric data", "Georadarmessungen zur hydrogeologischen Erkundung im Naturschutzgebiet 'Heiliges Meer'".

www.uni-muenster.de/Physik.GP/angewandte_geophysik

Arbeitsgruppe Prof. Dr. Ulrich Hansen – Geodynamik

Die Erde stellt ein komplexes dynamisches System dar. Auf kleinen räumlichen - und zeitlichen Skalen sind Erdbeben und Vulkanausbrüche Ausdruck des dynamischen Verhaltens der Erde, auf großen Skalen sind es die Entstehung von Gebirgen und Meeresbecken, die uns die dynamische Natur der Erde deutlich werden lässt. Transportprozesse im Innern des Planeten stellen den Antrieb der geschilderten Phänomene dar und diese Prozesse sind Forschungsgegenstand der Geodynamik. Auch das irdische Magnetfeld hat seinen Ursprung im Innern der Erde und auch der Erforschung dieser Prozesse widmet sich die Geodynamik.
Die Transportprozesse (meistens konvektive Strömungen) laufen unter extremen Bedingungen ab und können im Labor kaum nachgestellt werden. Die Prozesse werden durch nichtlineare Gleichungen beschrieben, die im allgemeinen nicht lösbar sind. In Computersimulationen gelingt es immer besser, relevante Szenarios zu erreichen. Die Geodynamik im engeren Sinne beschäftigt sich der Dynamik des Erdoinnen, im weiteren Sinne werden auch andere Himmelskörper betrachtet. Ebenso sind die Grenzen zur Ozean – und Atmosphärenforschung fließend.

Das Angebot an Bachelor- und Masterarbeiten umfasst drei Themenbereiche:

  1. Geophysikalische Fragestellungen
    Hier steht die geophysikalische Fragestellungen im Vordergrund.
    Beispiele:
    Plattentektonik und Bewohnbarkeit von Planeten, Thermische und chemische Entwicklung von Magmakammern, Strukturen an der Kern-Mantel-Grenze Schadstofftransport im Grundwasser, Schichtbildungsprozesse in Ozeanen etc.
  2. Methodische Entwicklungen
    hier liegt das Hauptgewicht auf der Entwicklung numerischer und computertechnischer Verfahren.
    Beispiele:
    Entwicklung eines Programms zur effektiven Berechnung von Konvektionsströmungen auf Grafik Prozessoren , Entwicklung von Traceralgorithmen zur Modellierung von Mischungsprozessen etc., Entwicklung vom Programmen zur Behandlung elliptischer Geometrien etc.
  3. grundlegende Untersuchungen zur Fluiddynamik
    viele grundlegende Aspekte nichtlinearer Strömungsphänomene sind noch ungeklärt Beispiele:
    Konvektion in rotierenden Systemen, Spontane Umkehrprozesse in turbulenter Konvektion, Skalierungsverhalten turbulenter Konvektionsströmungen etc.

www.uni-muenster.de/Physik.GP/Geodynamik

Arbeitsgruppe Prof. Dr. Christine Thomas – Seismologie

In der Seismologie werden Wellen, die von seismischen Quellen ausgehen (z. B. Erdbeben, Explosionen etc.) benutzt, um das Innere der Erde zu untersuchen und Strukturen im Mantel, in der Kruste oder im Kern zu bestimmen. Diese Strukturen können Hinweise auf Prozesse und Zusammensetzung des Erdinneren geben, wie zum Beispiel aufsteigende Plumes oder abtauchende Lithosphäre aber auch Grenzschichten, die durch Mineralphasenübergänge erzeugt werden.

In der Arbeitsgruppe Seismologie an der WWU werden vor allem seismische Strukturen im Erdmantel mit Hilfe seismischer Arrays untersucht - dazu gehören z. B. die D"Schicht (die unteresten 200-300 km des Erdmantels), die Detektierung subduzierter Lithosphäre im tiefen Erdmantel und die Übergangszone zwischen unterem und oberem Erdmantel. Wir nutzen seismische Arrays, die an verschiedenen Stellen der Erde aufgestellt werden. Entweder kommen die Daten von schon existierenden Arrays (über Internet) oder wir bauen mit eigenen Stationen neue Arrays: Im Moment haben wir Stationen in Marokko (21), Stationen In Spanien (mit Iberrarry), Stationen auf den Azoren und Stationen in La Reunion. Weitere Experimente, die zur Zeit geplant sind sind in der Türkei, und in den Alpen.

Andere Anwendungsgebiete der Seismologie Arbeitgruppe in Münster liegen in der Beobachtung von seismischem Noise, krustennahen Quellen, Streuung in der Kruste und Vulkan-Calderas, Untersuchung von Ozeanbodenseismometerdaten und es gibt Überschneidungen zur Angewandten Geophysik (Seismik). Viele Arbeiten werden in Zusammenarbeit mit Geodynamik und Mineralogie untersucht.

Beispiele von Diplom- und Bachelorarbeiten in der Seismologie sind: "Untersuchung der Lithosphäre-Astenosphären Grenze und des Granat Spinel-Übergangs unter dem sibirischen Kraton", "Receiver function analysis of structures beneath Morocco and the Azores", "Scattering observations at temporary Arrays", "Mislokationsvektoren des KNET", "Untersuchung der wasserhaltigen Phase E in der Mantelübergangszone", "D” Beobachtungen unter dem Atlantic","Detektierbarkeit von Mondbeben" und viele mehr.

www.uni-muenster.de/Physik.GP/Seismologie