Forschung
Die Lehre und Forschung an unserem Lehrstuhl beschäftigen sich mit den drei Fächern Ostkirchenkunde, Ökumenik und Friedensforschung:
Die Lehre und Forschung an unserem Lehrstuhl beschäftigen sich mit den drei Fächern Ostkirchenkunde, Ökumenik und Friedensforschung:
Die Ostkirchenkunde umfasst die historischen Entwicklungen und theologischen Besonderheiten der Kirchen der östlichen und orthodoxen Tradition. Die Kirchen der östlichen Tradition werden auch orientalische Kirchen genannt, zu ihnen gehören die Kopten, Syrer, Armenier und die ost-syrischen Assyrer. Als orthodoxe Kirchen bezeichnet man die Kirchen der byzantinischen bzw. griechischen Tradition, zum Beispiel die Patriarchate von Konstantinopel, Alexandrien, Antiochien und Jerusalem, von Serbien, Bulgarien, Rumänien, Georgien oder Russland. Schließlich zählen auch die katholischen Ostkirchen – sogenannte unierte Kirchen –, die vor allem in Osteuropa und im Nahen Osten beheimatet sind, zur Ostkirchenkunde. Themen der Ostkirchenkunde sind neben der Geschichte der Kirchen auch die Entwicklungen ihrer Theologie und Spiritualität, sowie ihre Verhältnisse zur Moderne, die unterschiedlichen Entwicklungen im Verhältnis der Kirchen zu ihren Gesellschaften und politischen Systemen.
Die Ökumenik (bzw. Ökumenische Theologie) konzentriert sich auf die Beziehungen zwischen verschiedenen christlichen Kirchen, also auf die Theologie, Geschichte und Praxis der Ökumene. Ein besonderer Schwerpunkt liegt dabei hier auf den Kontakten zwischen der katholischen Kirche und den Kirchen der östlichen (orientalischen) und orthodoxen Tradition, aber auch auf allgemeineren Themen der ökumenischen Bewegung. Es gibt in den verschiedenen Kirchen verschiedene Vorstellungen von den Zielen, Themen und Methoden ökumenischer Begegnungen, die sich außerdem in der Geschichte und in unterschiedlichen gesellschaftlichen Kontexten verändert haben. Die ökumenische Hermeneutik widmet sich darum dem Verstehen ökumenischer Aussagen und Beziehungen vor dem Hintergrund konkreter historischer Ereignisse, theologischer Entwicklungen und kontextueller Machtverhältnisse.
Die Friedensforschung ist ein einzigartiger Forschungsschwerpunkt an einer Katholisch-Theologischen Fakultät und reagiert auf die Notwendigkeit, die Verstrickung von Kirchen in (gewaltsame) Konflikte theologisch zu analysieren. Durch die politischen Veränderungen in Ost- und Mitteleuropa seit dem Ende der 80er Jahre haben die Kirchen dort – in der Mehrheit orthodoxe Kirchen – nicht nur eine bedeutende Position in ihren Staaten und Gesellschaften wiedererlangt, sondern sie sind auch direkt oder indirekt an den neu entstandenen nationalen und internationalen Konflikten beteiligt. Daher liegt auf den Situationen in diesen Ländern ein besonderer Schwerpunkt. Daneben darf allerdings nicht vergessen werden, dass es sowohl in Europa (z.B. Nordirland) als auch außerhalb Europas (z.B. Südafrika, Naher Osten) Konfliktbereiche gibt, in denen Kirchen und Religionen eine entscheidende Rolle spielen.
Unsere Forschung verbindet Fragestellungen aus diesen drei Fächer mit einem interdisziplinären und regionalwissenschaftlichen Horizont. Kirchen befinden sich in einem ständigen – bewussten oder unbewussten – Wechselverhältnis mit ihrer Umwelt, ihren Gesellschaften und politischen Systemen. Sie sind – ebenfalls bewusst oder unbewusst – von historischen Ereignissen und Konflikten geprägt. Ökumenische Beziehungen sind immer eine Begegnung von konkreten Personen und von Kirchen mit all diesen Hintergründen, und sie haben eine Rückwirkung in die jeweiligen Kontexte. Unsere Forschung fragt darum nach historischen Entwicklungen, theologischen Prinzipien, regionaler sozialer und politischer Kontextualität und ökumenischen Wechselwirkungen. Methodisch wenden wir theologische, historische und sozialwissenschaftliche Arbeitsweisen an und profitieren vom Austausch mit anderen Disziplinen.
Einen besonderen Schwerpunkt unserer Forschung bildet die orthodoxe Sozialethik, also die theologischen Konzepte und historischen Etappen der Auseinandersetzung der orthodoxen Kirchen mit modernen Gesellschaften, ihren Strukturen, Paradigmen und Ideologien. Wir beschäftigen uns zum einen mit den theologischen Grundlagen des sozialethischen Denkens in den orthodoxen Kirchen, zum anderen mit der Art und Weise, wie sozialethische Themen die ökumenischen Beziehungen zwischen den Kirchen beeinflussen und welchen Stellenwert sozialethische Themen für die ökumenische Theologie haben. Die Friedensethik ist dabei aus aktuellem Anlass von besonderem Interesse. Unsere Forschung widmet sich im Austausch mit der Friedens- und Konfliktforschung den Hintergründen und Mechanismen von Konflikten, der Rolle der Kirchen und ökumenischer Akteure in gesellschaftlichen und zwischenstaatlichen gewaltsamen Konflikten, und dem theologischen bzw. sozialethischen Potential für gesellschaftliche und internationale Konfliktlösung.
Unsere Forschungen zu diesen Themen bilden auch die Grundlage für unsere intensive Auseinandersetzung mit der Rolle der Kirchen in Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine in unserer Forschung und Wissenschaftskommunikation. Aktuelle Publikationen und Hintergrundinformationen dazu können Sie auf unserer Sonderseite "Schwerpunkt Ukraine" finden.
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