Salvatore Marino war von Oktober 2023 bis März 2024 Fellow des Kollegs.
Vita
Seit 2021 Dozent am Department für Geisteswissenschaften der Universität Neapel Federico II. Hauptlehrveranstaltung: Römisches Recht und romanistische Rechtstradition am Magisterstudiengang in Geschichtswissenschaften. Mitglied des Dozentenkollegiums des Promotionsstudiengangs in Historical Studies. Ehemaliger Wiss. Mitarbeiter an den Instituten für Rechtsgeschichte der Universitäten Köln, Göttingen und Münster. Ausbildung: Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Federico II Neapel. Postgraduierte Ausbildung im römischen Recht an den Universitäten Rom La Sapienza, Heidelberg und am IUSS Pavia. Promotion zum Dr. iur. (Köln 2009), Habilitation zum assoziierten Professor (Italien 2018) für Römisches Recht und Recht der Antike. Auszeichnungen: MSCA-Seal of Excellence (2021); Sonderpreis ‚Hans Ankum‘ im Rahmen des XI. Internationalen romanistischen Preises G. Boulvert (2019).
Forschungsprojekt
Die Dialektik der Privilegien. Von vielfältiger Ausnahme zu dynamischem Ordnungsfaktor
Arbeitshypothese: Ein in einer rechtspluralen Gesellschaft außerordentlicher Rechtsbegriff wird in einer rechtspyramidalen Gesellschaft zu einem wesentlichen Ordnungsfaktor.
Das Wort Privileg erscheint in der römischen Antike zunächst als gesetzliche Maßnahme gegen Einzelpersonen. Das wahrscheinlich aus der sozialpolitischen Bewegung zur Durchsetzung politischer Gleichheit stammende Konzept wurde von Cicero im Sinne der Kunst der Gesetzgebung nach griechischen Modellen als Einzelfallgesetz ausgelegt. In klassischer Zeit verwendete die kaiserliche Verwaltung das Wort häufiger, und zwar im Sinne von Vorrecht und Rechtsbegünstigung. Demgegenüber prägte aber die klassische Rechtswissenschaft den konkurrierenden Begriff von ius singulare, um die Sonderrechte einzelner Gemeinschaften und Gruppen zu bezeichnen. Die systematische Anwendung von Wort und Begriff durch die spätere kaiserliche Gesetzgebung führte zu einer herausragenden Stellung von Privilegien in der Rechtsordnung der Spätantike, und sie profilierten sich allmählich als ein allgemeines Hilfsmittel zur Gestaltung der Rechtsvielfalt. Auch die privilegierte Kirche erteilte Privilegien, und in der kirchlichen Rechtspraxis entwickelte sich das Privileg allmählich zur eigenständigen Rechtsquelle. Die Vielfalt der von den verschiedenen Privilegien formulierten kollidierenden Geltungsansprüche anzuordnen, wurde zur Aufgabe von Rechtswissenschaft und Rechtspraxis im mittelalterlichen ‚goldenen Zeitalter der Privilegien‘.
Einschlägige Veröffentlichungen
Marino, Salvatore: Il ruolo del tribunato della plebe e il potere del senato sulla legislazione alla luce delle iniziative legislative del tribuno Gaio Cornelio nel 67 a.C. In: Buongiorno, Pierangelo/Schettino (Ed.), Poteri pubblici, conflitti istituzionali e cultura politica dopo Silla, Macerata 2023, 107-143.
Marino, Salvatore: Ius quod necessitas constituit, Senatusconsultum est. Jacques Cujas und die Grundlage der normativen Befugnis des Römischen Senats. In: Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung 139 (2022), 290-337.
Marino, Salvatore: Centro e periferia in età sillana: il sc. de Stratonicensibus, in: Buongiorno, Pierangelo/Camodeca, Giuseppe (Ed.): Die senatus consulta in den epigraphischen Quellen, Stuttgart 2021, 245-293.
Marino, Salvatore: Sull’accessorietà del pegno per la giurisprudenza romana, Napoli 2018.
Marino, Salvatore: La (doppia) negazione mancante in Scaev. D. 46,3,93,1-2 e in Pap. D. 46,3,95,3: La confusa tradizione testuale in tema di riunione di debitore e fideiussore. In: Bullettino dell’Istituto di Diritto Romano "Vittorio Scialoja" 111 (2017), 207-235.
Marino, Salvatore:Studio sulle proposizioni relative e condizionali nel linguaggio legislativo romano. In: Quaderni Lupiensi di Storia e Diritto 7 (2017) 91-126.