Nahrungsergänzungsmittel auf Grünteebasis

 

Abb. 1 Camellia sinsensis (L.) Kuntze
© IPBP/Krüger

Der Teestrauch (Camellia sinsensis (L.) Kuntze, Abb. 1) ist eine Pflanze aus der Familie der Theaceae und bekanntermaßen reich an Polyphenolen. Teeblätter können bis zu 30% des Trockengewichtes an phenolischen Inhaltsstoffen aufweisen [1].

Frische Teeblätter sowie grüner Tee enthalten große Mengen monomerer Flavanderivate (Abb. 2) und deren 3-O-Gallate. Diese Verbindungen werden in Ihrer Gesamtheit mitunter auch verkürzend als „(Tee-)Catechine“ bezeichnet . In Grünteeextrakten dominiert die Verbindung (-)-Epigallocatechin-3-O-gallat (bis zu 12% [1]), die besonders unter der Bezeichnung „EGCG“ einen allgemeinen Bekanntheitsgrad erlangt hat (Abb. 2). Weitere Verbindungen, die in nenneswerten Mengen vorkommen sind: Epicatechin-3-O-gallat (ECG), Epicatechin (EC) und Epigallocatechin (EGC). Weiterhin kommen vor: dimere und trimere Proanthocyanidine, die aus verknüpften Catechin-, Epicatechin- und Epigallocatechineinheiten aufgebaut sind, sowie Gallussäureester dieser Verbindungen. Bei der Fermentation entstehen insbesondere aus den galloylierten Verbindungen gerbstoffähnliche Oxidationsprodukte (Theaflavine, Theaflagalline und Thearubigene), die die charakteristischen Farbstoffe des schwarzen Tees darstellen [1].

Abb. 2 Monomere "Catechine" (Flavan-3-ole) und galloylierte Derivate
© Lechtenberg/IPBP

Eine chemopräventive Wirkung wurde bei verschiedenen Krebsarten in einer großen Anzahl von in vitro- und in vivo- Versuchen sowie in epidemiologischen Studien nachgewiesen. Die antikarzinogene Wirkung beim Grüntee scheint in erster Linie dem EGCG zuzukommen, das bei der Fermentation weitgehend abgebaut wird [1].

Fallbericht: Konzentrierter Grüntee-Extrakt löst bei einer 63-jährigen Frau eine schwere akute Hepatitis aus.

Dieser Fallbericht beschreibt die Behandlung mit Grüntee-Kapseln auf Empfehlung einer Krebs-Selbsthilfegruppe. Er fügt sich ein in die kleine aber wachsende Zahl von Berichten über Lebertoxizität im Zusammenhang mit NEM die hochdosiertes EGCG enthalten und beleuchtet die Tatsache, dass solche konzentrierten Extrakte aus Grüntee nicht frei von unerwünschten Wirkungen sind.

Wir konnten die Herstellerangaben mit einer U(H)PLC-UV-Methode verifizieren (siehe Fallbericht). Die Analyse der Kapselinhalte ergab keinerlei Hinweise auf weitere fremde Bestandteile und belegte die Authentizität des NEM „Mega Green Tea Extract”. Eine Kapsel enthielt 725 mg entkoffeinierten Grünteeextrakt mit einem Anteil von 45% an EGCG. Siehe Chromatogramm.

Nachdem es mehrere Fälle von Leberschäden gab, die möglicherweise durch hochkonzentrierte Grünteeextrakte hervorgerufen wurden, hat die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) die Sicherheit von Grüntee und Grüntee-Extrakten bewertet [2]. Das Gremium kommt zu dem Schluss, dass „Catechine“ aus traditionell zubereitetem Grünteeaufguss im Allgemeinen als sicher gelten. Gleichzeitig hebt es hervor, dass es Belege gibt, die zeigen, dass die Einnahme von EGCG in einer Dosis von 800 mg/Tag oder mehr als NEM bei den behandelten Probanden im Vergleich zur Kontrollgruppe einen statistisch signifikanten Anstieg der Serumtransaminasen verursacht. Es scheint also keine Hinweise zu geben, dass der Konsum von grünem Tee als Getränk zu Hepatotoxizität führen kann.

Ausgehend von der Literatur und unserer Beobachtung erfordern Grüntee-Extrakte in Form von NEM Aufmerksamkeit wegen möglicher Nebenwirkungen. Neben einer angemessenen Kennzeichnung dieser Produkte sollte eine pharmazeutische Beratung und ärztliche Überwachung angezeigt sein. Jeder Anstieg der Leberenzyme sollte die Verwendung von Grüntee-Extrakten in Frage stellen. Die Produkte sollten dann unverzüglich abgesetzt werden.

Literatur

[1] R. Hänsel • O. Sticher (Hrsg.) Pharmakognosie – Phytopharmazie, 9. überarbeitete und aktualisierte Auflage, Springer Medizin Verlag Heidelberg, ISBN 978-3-642-00962-4.

[2] EFSA Journal (2018) Scientific opinion on the safety of green tea catechins.