Atmen erlaubt
Ärzte könnten künftig bei klinischen Aufnahmen schärfere Bilder vom Inneren ihrer Patienten machen – ganz ohne lästige Hilfsmittel. Forscher der Westfälischen Wilhelms- Universität Münster (WWU) haben ein Programm entwickelt, mit dem Mediziner bei einer Positronen-Emissions-Tomographie (PET) keinen sogenannten Atemgürtel mehr benötigen. Bisher müssen Patienten während einer PET-Aufnahme nicht nur besonders still liegen, sondern auch eben jenen Atemgürtel anlegen. Dieser misst, wie sich ihr Körper beim Atmen bewegt. Mit diesen Informationen lässt sich die Unschärfe, die durch die Atembewegung entsteht, herausrechnen. „Unser Computerprogramm liefert ebenso deutliche Bilder wie das System mit dem Gürtel“, sagt Dr. Florian Büther, Medizinphysiker und Forscher des Sonderforschungsbereichs 656 „Molekulare kardiovaskuläre Bildgebung“ der WWU. „Damit vereinfacht sich die klinische Bildgebung, weil Ärzte den Atemgürtel nicht mehr als Hilfsmittel benötigen.“
Das Problem mit der Schärfe kennen die meisten Hobbyfotografen: Einmal bewegt, schon ist das Urlaubsfoto verwackelt. Aus einer schönen Erinnerung wird so schnell ein verschmiertes Bild. Privat sind unscharfe Bilder lediglich ärgerlich. Auf medizinischen Bildern können verschmierte Bilder allerdings problematisch werden. Denn Ärzte sind darauf angewiesen, dass sie Erkrankungen auf Bildern klar erkennen. Zwar haben Ärzte gelernt, mit der vorhandenen Bildqualität eindeutige Diagnosen zu fällen. Manchmal müssen medizinische Bilder aber besonders klar sein. „Das erleichtert gerade in Spezialfällen die Diagnose“, betont Dr. Thomas Vehren, Nuklearmediziner im Universitätsklinikum Münster.
Das Computerprogramm der beiden Wissenschaftler wurde bereits bei 70 klinischen Untersuchungen eingesetzt. Florian Büther stellt heute (24. April) seine ersten wissenschaftlichen Ergebnisse bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin in Hannover vor. Die wissenschaftliche Beurteilung aus medizinischer Sicht steht noch aus. Erste Eindrücke bestätigen aber die Einschätzung des Medizinphysikers.
Störfaktor Atmung
Patienten müssen während eines Ganzkörperscans verschiedene Atemkommandos umsetzen, zum Beispiel möglichst wenig und flach atmen, damit die Bilder ihres Inneren scharf werden. „Leider atmen Patienten oft anders als vorgegeben“, berichtet Thomas Vehren. Um dagegenzuwirken und die Atembewegung nachvollziehen zu können, legen Ärzte Patienten bisher einen Atemgürtel als Hilfsmittel an. Bei vielen schwer erkrankten Menschen lässt sich ein solcher allerdings nur eingeschränkt einsetzen.
Tomographie-Daten lassen schärferes Bild berechnen
Das Programm der münsterschen Wissenschaftler nutzt wie der Atemgürtel eine Technik namens Gating. Dabei werden aufgenommene Bilder quasi zeitlich gestückelt. Die Bilder werden verschiedenen Atemphasen zugeteilt. So lässt sich genau zuordnen, ob ein einzelnes Bild beim Aus- oder Einatmen entstanden ist. Im Umkehrschluss lässt sich erkennen, inwiefern sich das Abbild eines Organs, einer Entzündung oder eines Tumors durch die Atembewegung verändert hat. „Wir nutzen die Daten für das Gating, die während der Tomographie selbst entstehen und müssen keine zusätzlichen Daten über den Atemgürtel erfassen“, erklärt Florian Büther. „Das Programm selbst teilt die Informationen in Atemphasen ein und wandelt sie direkt in ein schärferes Bild um.“ Nuklearmediziner Thomas Vehren nutzt das Programm im Rahmen des Forschungsprojekts im Universitätsklinikum Münster. Langfristig könnte es in weiteren Kliniken zum Einsatz kommen.