© Monika Springberg

Tauschierter Hohlstab mit Kopfkufi

Inv.-Nr.: M6
Datierung:  ca. 6.–7. H./ca. 12.-13. Jh. n. Chr.
Geographischer Bezug: Chorasan, Iran
Material: Bronze, Silberdraht; graviert und tauschiert
Maße: 33,4 cm L x 2,5-3,5 cm D
Provenienz: Chorasan; 1994 nachgewiesen bei Malarge Fine Arts, einem Auktionshaus in Kuala Lumpur; 1999 von Dr. Norbert Heinrich Holl bei Sotheby's erworben; Schenkung von Dr. Norbert Heinrich Holl an die Universität Münster im November 2022

 

Kopfkufi
© Springberg

Beschreibung:

Die Funktion und frühere Verwendung dieses wunderbaren Stabes aus Kupfer, tauschiertem Silber und geschwärzten Gravuren ist bisher noch ein Rätsel. Aufgrund von einer Ähnlichkeit mit einem 1999 bei Christies versteigerten chorasanischen Lampenständer, dessen Schaft eine ähnliche Form und Größe aufweist, besteht jedoch die Hypothese, dass es sich bei dem Metallstab um einen Teil eines Lampenständers handeln könnte. Lampenständer des 12. und 13. Jahrhunderts waren meist aus mehreren Teilen gefertigt, die aufeinander gesteckt werden konnten. Dem Stab fehlen also möglicherweise der Aufsatz zum Abstellen der Lampe, sowie ein Fuß zum sicheren Aufstellen.

Der Stab verjüngt sich nach oben hin und ist hohl. Die Enden des Stabes sind durch einen leicht auskragenden Rand abgeschlossen. Am oberen Ende ist ein sich wiederholendes schriftähnliches Muster eingelassen, wobei die Serifen der Lam bzw. Alifs mit abstrahierten menschlichen Gesichtern verziert sind. Eine Einheit des sich wiederholenden Musters besteht aus zwei Gesichtern, die sich jeweils zuwenden. Das Motiv wird sieben Mal wiederholt. Im Hintergrund sind Pflanzenmotive eingraviert. Der obere Abschnitt ist vom Rest des Stabes durch eine wulstartige Erhebung mit in Silber eingelassenem Knotenbandmotiv getrennt.

Der darauffolgende Hauptteil des Stabes ist in mehrere Bänder unterteilt. Am oberen Ende, am Fuß des Stabes sowie zentral mittig in dem Abschnitt sind drei Schriftbänder mit tauschierter Schrift und graviertem Hintergrund eingelassen. Die Bänder sind eine Aufzählung an Glücks- und Segensworten. Lam und Alif sind in der Schrift sehr langgezogen und nach oben hin breit auslaufend. Auf eine breitere gravierte Schrift ist ein dünner Draht an Silber eingetrieben worden, der das innere der eigentlichen Gravur hervorhebt. Den Hintergrund der Schrift ist eingravierte Arabesken verziert.

Der Raum zwischen den Schriftbändern ist durch jeweils zwei Dekorbänder geschmückt, die ihrerseits jeweils durch ein schmales Band aus Kreisen getrennt sind. Die Dekorbänder zeigen zwei Reihen aus tropfenartigen spitzzulaufenden Ornamenten, deren Spitzen aufeinander zeigen. Die Verzierung wiederholt sich zwischen dem zweiten und dritten Band.

Besonders auffällig an dem Stab ist die Tauschierung, eine Einarbeitung von Edelmetalldrähten in eine Basis aus einem anderen Metall. Diese Tauschierung und insbesondere die menschlichen Köpfe, die als Abschlussserife an den arabischen Buchstaben angebracht sind, sprechen für eine Datierung des Stabes in das 12-13. Jh. n. Chr.. Die Verzierung der oberen Abschluss-Serifen des Lam und Alifs durch menschliche Köpfe war insbesondere in Chorasan im 12. und 13. Jh. gängig, aber auch für Ägypten und den Irak des 13. Jh. lassen sich solche Verzierungen nachweisen. Die dünnen Linien der Schrift, sowie auch die gravierten Verzierungen sprechen jedoch eher für eine Herkunft aus der Region Chorasan.

Tauschierungen als Verzierung von Metallgegenständen sind bereits seit der Antike bekannt, jedoch erlebte die Tauschiertechnik ausgehend von Chorasan seit etwa 1100 eine Blüte, die sich im Laufe des 12. und 13 Jahrhunderts über den Irak bis nach Ägypten ausbreitete und später auch ihre Spuren in der italienischen Metallkunst hinterließ.

Alle Flächen der Dekorelemente des Stabes­ d.h. die Schrift, das Innere der Kreise sowie der Tropfen und des Knotenmusters­ waren ursprünglich mit Silber tauschiert. Ein Großteil des Silbers, insbesondere die größeren Flächen der Verzierung, sind jedoch im Laufe der Jahrhunderte abgefallen.

Henrik Hördemann

Gravierungen und (herausgefallene) Tauschierungen
© Dr. Monika Springberg