WWU-Forscher untersuchen Mikroplastik in den Rieselfeldern
Plastik in der Umwelt ist ein weltweites Problem – auch viele Binnengewässer sind betroffen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der Westfälischen Wilhelms-Universität (WWU) nehmen nun besonders winzige Kunststoffpartikel, sogenanntes Mikroplastik, in den münsterschen Rieselfeldern unter die Lupe. Konkret will das Team aus Landschaftsökologen um Dr. Friederike Gabel und Mikrobiologen um Prof. Dr. Bodo Philipp herausfinden, welche Mikroorganismen die Plastikteilchen besiedeln und welche Auswirkungen es auf wirbellose Tiere wie Schnecken und Krebse hat, wenn diese die Plastikteilchen fressen. Das auf drei Jahre angelegte Vorhaben ist Teil des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung unterstützten Verbundprojekts "Mikroplastik in Talsperren und Staubereichen: Sedimentation, Verbreitung, Wirkung (MikroPlaTaS)". Zusammen erhalten die Münsteraner dafür rund 470.000 Euro.
Die Rieselfelder, die als Vogelschutzgebiet internationale Bedeutung haben, werden mit dem gereinigten Wasser der Kläranlage Münsters bewässert, das relativ viel Mikroplastik enthält. In bisherigen Untersuchungen wiesen beispielsweise Schüler des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums in Münster und eine Studentin am Institut für Landschaftsökologie bereits Mikroplastik in den Rieselfeldern nach.
Biofilme durch Mikroorganismen
Mikroorganismen in Gewässern besiedeln Oberflächen, beispielsweise von Steinen und Totholz. Auf diese Weise entstehen Biofilme, die vor allem Bakterien und Mikroalgen enthalten. „Wenn man einen Stein aus einem Bach herausnimmt, ist dieser meistens glitschig. Das wird durch mikrobielle Biofilme verursacht“, veranschaulicht Bodo Philipp. Die Biofilm-Bildung bietet für die beteiligten Mikroorganismen Vorteile. In den Biofilmen entstehen Nahrungsnetze auf kleinstem Raum, und die Mikroorganismen dort sind gegenüber schädigenden Substanzen geschützt.
Mikroplastik in der Nahrungskette
Welche Mikroorganismen genau das Mikroplastik im Süßwasser besiedeln, ist jedoch weitgehend unbekannt. Die münsterschen Wissenschaftler wollen die entsprechenden Mikroorganismen identifizieren und in Zellkultur züchten. Aus dieser mikrobiellen „Stamm-Sammlung“ wählen sie dann geeignete Organismen exemplarisch aus, um zu untersuchen, wie und warum diese Mikroorganismen das Plastik besiedeln. Denn dieser Prozess wirkt sich auch auf andere Organismen aus. Schnecken beispielsweise raspeln Algen und Biofilme von den Oberflächen ab. „Dabei nehmen sie auch Mikroplastikpartikel auf“, sagt Friederike Gabel, stellvertretende Koordinatorin des Projekts. Auch Krebse fressen Biofilme und verschlucken dabei Mikroplastikpartikel. Da die wirbellosen Tiere wiederum von Vögeln gefressen werden, geben sie das Plastik auf diese Weise über die Nahrungskette weiter.
Plastikverteilung in den Gewässern
Die Biofilme können auch das Sinkverhalten der Plastikpartikel stark beeinflussen und damit deren Verteilung in den Gewässern deutlich verändern. Auch diesen Effekt wollen die Forscher untersuchen und herausfinden, ob es Senken von Mikroplastik in Binnengewässern gibt, ob also nicht das ganze Plastik zum Meer transportiert wird, sondern sich in den Binnengewässern ablagert. Daher untersuchen sie neben den Rieselfeldern auch Stauhaltungen an Ems und Lippe sowie an drei Talsperren in Sachsen. Die Ergebnisse sollen für eine breite Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. So planen die Forscher beispielsweise eine Wanderausstellung für Schulen.
„MikroPlaTaS“
Das Verbundprojekt „MikroPlaTaS“ wird von Forschern des Helmholtz-Zentrums für Umweltforschung koordiniert. Neben den Instituten für Landschaftsökologie sowie für Molekulare Mikrobiologie und Biotechnologie der WWU Münster sind die Universitäten in Potsdam und Bielefeld beteiligt. Außerdem dabei ist die Firma Ecossa, die Systeme zur Bewertung der Qualität der Lebensräume Sediment und Boden entwickelt, und das „Institut für Gewässerschutz Mesocosm GmbH“, ein auf aquatische Ökotoxikologie spezialisiertes Auftragsforschungslabor.