Neues Physik-Schwerpunktprogramm von DFG bewilligt / Federführung an der WWU
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat ein neues Schwerpunktprogramm (SPP) bewilligt, das von der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) aus geleitet wird: Der Physiker Prof. Dr. Uwe Thiele vom Institut für Theoretische Physik koordiniert das Projekt „Dynamische Benetzung flexibler, adaptiver und schaltbarer Oberflächen“. Insgesamt richtete die DFG jetzt 14 neue Schwerpunktprogramme ein. Jedes SPP hat eine Laufzeit von zunächst drei Jahren ab 2019 und erhält etwa fünf bis sechs Millionen Euro.
In dem von der WWU aus koordinierten SPP geht es um Phänomene, die aus dem Alltag bekannt sind: die Benetzung von Oberflächen – also die Ausbreitung von Flüssigkeiten – und das Gegenteil, fachsprachlich „Entnetzung“, bei der Flüssigkeiten abperlen. Die Wissenschaftler interessiert speziell ein Phänomen, das im Miniaturmaßstab auftritt: Oberflächen ändern in dieser Größenordnung aufgrund sogenannter Grenzflächeneffekte ihre Eigenschaften abhängig davon, ob sie benetzt sind oder nicht. Dies ist wiederum für mögliche Anwendungen interessant. „Eine kontrollierbare Benetzbarkeit gewinnt mit zunehmender Miniaturisierung fluider technischer Systeme eine immer größere Bedeutung“, unterstreicht Uwe Thiele.
Im Schwerpunktprogramm wollen die Forscher die Wechselwirkungen von Flüssigkeiten und verschiedenen Oberflächen, die eine eigene Dynamik haben, verstehen. Dazu zählen flexible Oberflächen, die durch Flüssigkeit verformt werden, was sich wiederum auf das Verhalten der Flüssigkeit auswirkt. Ein Beispiel sind Elastomere (elastisch verformbare Kunststoffe). Sogenannte adaptive Oberflächen dagegen ändern ihre physikalisch-chemischen Eigenschaften bei Anwesenheit einer Flüssigkeit oder passen ihr Benetzungsverhalten an die Umgebungsbedingungen an. Schaltbare Oberflächen wiederum können ihre Oberflächenenergie oder -struktur ändern, wenn sich äußere Einflüsse wie elektrische Felder oder Lichteinstrahlung verändern. Dadurch lässt sich sich die Benetzung steuern – und somit lassen sich auch die Oberflächeneigenschaften innerhalb von Sekunden oder Millisekunden gezielt verändern.
Uwe Thiele unterstreicht: „Ich sehe die Bewilligung als Erfolg für das Institut für Theoretische Physik, aber auch für das ‚Center for Nonlinear Science‘ (CeNoS) der WWU, dessen Sprecher ich bin. Die Inhalte des SPP spielen auch im CeNoS eine Rolle. Zudem könnte das Programm für manche Chemiker und Mathematiker der WWU interessant sein.“
Neben Koordinator Uwe Thiele gibt es vier weitere Mitglieder im SPP-Ausschuss. Sie kommen vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung (Mainz), vom Max-Planck-Institut für Dynamik und Selbstorganisation (Göttingen) und von der Universität des Saarlandes (Saarbrücken). Wer an den Einzelprojekten innerhalb des SPP beteiligt sein wird, steht noch nicht fest. Erst im nächsten Schritt können Forscher, die sich an dem Projekt beteiligen möchten, Anträge bei der DFG einreichen. Voraussichtlich Anfang 2019 wird die Entscheidung fallen, wer dabei ist.
Schwerpunktprogramme sind durch eine überregionale, interdisziplinäre Kooperation der teilnehmenden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler gekennzeichnet. Die DFG fördert die Programme in der Regel für die Dauer von sechs Jahren.