Feinstaub adé – gut für Gesundheit und Staatssäckel
Fahrzeuge, die besonders viel Feinstaub verursachen und daher eine rote oder gelbe und damit "schlechtere" Umweltplakette als die weitverbreitete grüne haben, müssen den Innenstädten in Deutschland mittlerweile meist fernbleiben. Ziel war es, mit Einführung der Plaketten und mit dem territorialen Ausschluss von "Dreckschleudern" vor fast zehn Jahren innerorts die Luft zu verbessern, die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen von Smog und Co. einzudämmen und damit hohe volkswirtschaftliche Kosten vermeiden zu helfen. Hat das geklappt? Verkehrswissenschaftlerinnen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) sagen eindeutig ja.
Christiane Malina und Frauke Scheffler vom "Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung" (CAWM) der WWU kamen anhand einer Modellrechnung zu dem Ergebnis, dass sowohl die Anzahl verfrühter Sterbefälle ("vorzeitige Mortalität") infolge der Feinstaubbelastung deutlich sinkt als auch, dass damit geringere luftverschmutzungsbedingte Gesamtkosten die öffentlichen Haushalte belasten. Die Smog- und Folge-Kosten des Straßenverkehrs in Deutschland verringern sich demnach um ca. fünf Prozent allein durch die Umweltzonen der Stufe 1 (fast alle Fahrzeuge dürfen dort fahren: auch mit roter und gelber Plakette, nur solche ohne Plakette nicht) und gar um 16 Prozent bei der Stufe 2 (nur Fahrzeuge mit gelber oder grüner Umweltplakette dürfen fahren). "Dies ist eine umfassende Bestätigung und der Beweis, dass die viel diskutierten und gelegentlich umstrittenen Umweltzonen tatsächlich etwas bringen", kommentiert Frauke Scheffler die Ergebnisse.
Untersuchung mit Daten verschiedener Behörden
Die Analyse der beiden Wissenschaftlerinnen basiert auf meteorologischen und Luftverschmutzungs-Daten der Jahre 2000 bis 2009 vom Umweltbundesamt und anderen staatlichen Behörden. Sie berücksichtigt zudem das jeweilige Verkehrsaufkommen. Die ersten Umweltzonen in Deutschland wurden Anfang 2008 in Köln (NRW) und Hannover (Niedersachsen) eingeführt. So ließen sich mit den beiden berücksichtigten Jahren 2008 und 2009, als bereits Umweltzonen der Stufen 1 und 2 in etlichen Kommunen eingeführt worden waren, Vergleichswerte zu Jahren ohne Umweltzonen ermitteln.
Mithilfe eines statistischen Panel-Datenmodells ermittelten die Volkswirtschaftlerinnen, dass die Einführung der Umweltzonen die sogenannten PM10-Werte, also den Feinstaubanteil in der Luft, in deutschen Innenstädten statistisch signifikant senkten. Mit PM10 (Particulate Matter) meinen Wissenschaftler die winzigen Schmutzpartikel im Schwebstaub mit einem Durchmesser von weniger als zehn Mikrometern. Der Wert gilt als Standard für Feinstaub- oder Smog-Angaben.
Feinstaub-Werte bessern sich mit jeder Umweltzone
Die Wissenschaftlerinnen fanden heraus, dass sich mit der Umweltzone der Stufe 1 die tägliche durchschnittliche PM10-Konzentration um 2,33 Mikrogramm pro Kubikmeter (µg/m3) reduziert. Durch die Einführung der noch restriktiveren Zone der Stufe 2 ließen sich die PM10-Werte signifikant durchschnittlich um weitere 5,17 µg/m3 senken. Die Umweltzonen der Stufe 2 verringerten im Vergleich zu einer Situation ohne Umweltzonen die PM10-Konzentration insgesamt um etwa 7,5 µg/m3.
In einem zweiten Schritt analysierten Christiane Malina und Frauke Scheffler den Nutzen der Umweltzonen der Stufe 1 und 2 für die öffentliche Gesundheit und machten ebenfalls anhand eines Modells Aussagen zur "vorzeitigen Mortalität". Demnach verringert sich – errechnet am Beispieljahr 2010 – die Anzahl verfrühter Sterbefälle aufgrund der Feinstaubbelastung mit der Einführung von Umweltzonen der Stufe 1 um ca. 400 Fälle pro Jahr, bei Stufe 2 um rund 1200 Fälle im Vergleich zu einer Situation ohne Umweltzone. Dies bedeutet umgerechnet einen volkswirtschaftlichen Nutzen in Höhe von etwa 760 Millionen Euro (Stufe 1) beziehungsweise ca. 2,4 Milliarden Euro (Stufe 2).
Originalveröffentlichung
Malina, C.; Scheffler, F. (2015), The impact of Low Emission Zones on particulate matter concentration and public health, Transportation Research Part A: Policy and Practice, Volume 77, pp. 372-385 (DOI:10.1016/j.tra.2015.04.029).