
Ultraschnelles Schalten
Dr. Anke Birte Schmidt vom Physikalischen Institut der Universität
Münster ist für ihre Promotionsarbeit mit dem Carl-Ramsauer-Preis der
Physikalischen Gesellschaft zu Berlin ausgezeichnet worden. Schmidt hat an der Freien
Universität Berlin zum Thema „Spinabhängige Elektronendynamik vor ferromagnetischen
Oberflächen" promoviert. Die Arbeiten hierzu sind am Max-Born-Institut Berlin
im Rahmen eines Forschungsprojekts entstanden, das gemeinschaftlich von den
Arbeitsgruppen von Prof. Dr. Martin Weinelt (Max-Born-Institut Berlin) und
Prof. Dr. Markus Donath (WWU Münster) als Teil des DFG-Schwerpunktprogramms "Ultraschnelle
Magnetisierungsprozesse" durchgeführt wurde.
Während magnetische Speicher in heutigen Festplatten in
Nanosekunden beschrieben werden, zeigen Laserexperimente optisch ausgelöstes
Schalten auf der Zeitskala von Femtosekunden, also eine Million mal schneller.
Bisher ist allerdings noch unbekannt, wie dieses ultraschnelle Schalten
mikroskopisch funktioniert. Anke Schmidt hat untersucht, welche Prozesse an der
Entmagnetisierung von ferromagnetischen Schichten durch ultrakurze Laserimpulse
beteiligt sein können.
Das ultraschnelle Schalten verblüfft Forscher nach wie vor:
Der Eigendrehimpuls eines Elektrons, der sogenannte Spin, verleiht Elektronen
ein eigenes (sehr kleines) magnetisches Moment, ähnlich einer winzigen
Kompassnadel. In einem ferromagnetischen Material zeigt die Mehrheit der
Elektronenspins in eine Richtung, was Eisen, Nickel und Co. ihre Magnetisierung
verleiht. Um die Magnetisierungsrichtung eines magnetischen Bits zu verändern,
müssen also Elektronenspins gedreht werden, das heißt, Elektronen müssen ihren
(Eigen)Drehimpuls abgeben, zum Beispiel an das Kristallgitter. Letzterer
Prozess ist allerdings zu langsam, um das ultraschnelle Ummagnetisieren
erklären zu können. Es müsste daher entweder die Drehimpulserhaltung verletzt
werden (neben Energie und Impuls eine der wichtigsten Erhaltungsgrößen), oder
ein schnellerer Prozess gefunden werden, mit dem Elektronen ihren Drehimpuls
loswerden können.
Ein möglicher Prozess wäre die Verteilung des Drehimpulses
von einem auf ganz viele Elektronen, was der Anregung einer so genannten
Spinwelle (auch Magnon genannt) entspricht. Diese Elektronen bräuchten dann
wiederum nur ihr kleines bisschen Drehimpuls auf das Kristallgitter zu übertragen.
Anke Schmidt führte in ihrer Doktorarbeit verschiedene Experimente durch, mit
denen sie untersuchte, wie schnell ein einzelnes Elektron solch eine Spinwelle
erzeugen kann. Es stellte sich heraus, dass dieser Prozess nur wenige
Femtosekunden benötigt und daher beim Femtomagnetismus eine große Rolle spielt.
Für ihre Untersuchungen verwendete Schmidt unter anderem die
Methode der zeitaufgelösten Photoemissionspektroskopie. Das von ihr maßgeblich
mitentwickelte Experiment liefert nach Einschätzung ihrer Fachkollegen heute die
„qualitativ weltweit besten spin- und zeitaufgelösten
Zwei-Photonen-Photoemissionsmesskurven".