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Münster (upm/bhe).
Auf dem Gruppenfoto sind Vertreterinnen und Vertreter der ausgezeichneten Projekte zu sehen sowie weitere Beteiligte aus der Universität und Stadtgesellschaft Münster.<address>© Uni MS - Julian Meyer</address>
Zwei bürgerwissenschaftliche Projekte erhielten in einer Feierstunde in der Studiobühne den Citizen-Science-Preis der Universitätsstiftung Münster.
© Uni MS - Julian Meyer

Universitätsstiftung prämiert zwei bürgerwissenschaftliche Projekte

Citizen-Science-Preis für Forschungskooperationen aus der Anglistik und der Kulturanthropologie

In einer Feierstunde hat die Universitätsstiftung Münster zwei herausragende bürgerwissenschaftliche Forschungsvorhaben mit dem Citizen-Science-Preis 2024 ausgezeichnet. Die mit der Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) geplante Veranstaltung unter dem Titel „mitdenken – mitmachen – mitforschen“ lockte zahlreiche Besucherinnen und Besucher in die Studiobühne. Prof. Dr. Norbert Köster vom Kuratorium der Universitätsstiftung Münster überreichte den Vertretern der prämierten Teams die Urkunden. Die Siegerprojekte, die mit jeweils 7.500 Euro unterstützt werden, kommen aus der Anglistik und der Kulturanthropologie. Beide Projekte befassen sich aus unterschiedlichen Perspektiven mit Fragen nach Herkunft und Zugehörigkeit.

Auf dem Gruppenfoto sind Vertreter des ausgezeichneten Projekts zu sehen.<address>© Uni MS - Julian Meyer</address>
Die Mitstreiter des Projekts „Homes|Heimat: Postkolonialismus, Narrative, Fotografie“ beleuchten Migrationsgeschichten von Studierenden.
© Uni MS - Julian Meyer
„Homes|Heimat: Postkolonialismus, Narrative, Fotografie“: Das Projekt beleuchtet postkoloniale Migrationsgeschichten von Studierenden. Einem Aufruf der zentralen Kustodie der Universität im Frühjahr 2024 folgte ein kleines Team von internationalen „students of colour“ unter der Leitung des Anglistik-Studenten Yash Gupta. „Der Kolonialismus ist keine abgeschlossene historische Episode, sondern eine dauerhafte Struktur, die das Leben vieler Menschen über Generationen hinweg bis heute prägt“, betont der 25-jährige gebürtige Inder, der als studentische Hilfskraft am Englischen Seminar und im Kulturbüro der Universität arbeitet. In ihrem Projekt sind die Studierenden Befragte und zugleich als Co-Kuratoren kontinuierlich in die Entscheidungen einbezogen. Als Bürgerwissenschaftlerinnen und -wissenschaftler generieren und interpretieren sie Daten und überwachen das Projektmanagement. Historische Familienfotos und persönliche Erinnerungen flossen ebenso ein wie Erzählungen aus verschiedenen afrikanischen, amerikanischen und asiatischen Ländern. „Ziel ist es, herauszufinden, wie sich die imperiale Vergangenheit Münsters mit den persönlichen Erlebnissen von Studierenden überschneidet, und wie Kolonialgeschichten noch heute den Alltag und das Verständnis von Zugehörigkeit prägen“, erläutert Yash Gupta. „Das Projekt kommt einem neuen Begriff von Heimat auf die Spur“, ergänzt Kustos Dr. Eckhard Kluth, „indem es die Menschen mit ihren Erfahrungen und Geschichten in den Fokus rückt.“ Die begleitende Ausstellung zum Projekt ist vom 14. bis zum 17. April im Foyer des Schlosses zu sehen.

Auf dem Gruppenfoto sind Vertreter des ausgezeichneten Projekts zu sehen.<address>© Uni MS - Julian Meyer</address>
Die Mitstreiter des Projekts„Erzählen Deine Gene Dir Deine Geschichte?! DNA-Tests als Waren und populäres Vergnügen“ untersuchen, wie Laien mit dem neuen Angebot genetischer Daten zur Familienforschung umgehen.
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Im Mittelpunkt des zweiten Projekts mit dem Titel „Erzählen Deine Gene Dir Deine Geschichte?! DNA-Tests als Waren und populäres Vergnügen“ steht die Faszination für frei verkäufliche DNA-Analysen. Menschen erhoffen sich davon, entfernte Verwandte zu finden oder die eigene ethnische Zugehörigkeit und Herkunft zu ermitteln. Seit einigen Jahren gibt es solche Angebote auch für den deutschen Markt. Der damit verbundene Hausgebrauch dieser Hochtechnologie wurde in Deutschland bisher jedoch weder wissenschaftlich dokumentiert noch analysiert. „Wir wissen bislang nur wenig darüber, wie Laien mit dem neuen Angebot genetischer Daten zur Familienforschung umgehen und wie sie die Möglichkeiten einschätzen, verwenden oder kritisieren“, sagt Prof. Dr. Elisabeth Timm vom Institut für Kulturanthropologie/Europäische Ethnologie der Universität Münster. Hier setzt das bürgerwissenschaftliche Projekt an. Es untersucht und dokumentiert unter Beteiligung der Westfälischen Gesellschaft für Genealogie und Familienforschung den alltäglichen Gebrauch, die Motive und die Kritik der Nutzung von genetischen Analysen in der Genealogie. „Ehrenamtliche Familienforscherinnen und -forscher verfügen oft über sehr viel Erfahrung, Daten aus historischen Quellen zu strukturieren und zu interpretieren“, erklärt der Vorsitzende des Vereins für Computergenealogie, Georg Fertig. Mit ethnografisch-qualitativen Methoden wollen die Beteiligten 20 Interviews führen. Das Projekt rückt die Diskussion in eine größere Öffentlichkeit, unter anderem mit einer bürgerwissenschaftlichen Werkstatt im LWL-Museum für Naturkunde Münster. Darüber hinaus plant das Team, die Ergebnisse auf der Projekthomepage und der frei zugänglichen Plattform GenWiki sowie in wissenschaftlichen Fachpublikationen zu veröffentlichen.

Hintergrund

Forschung und Lehre sind für die Universität Münster kein Selbstzweck. Die Universität möchte zivilgesellschaftliche Prozesse initiieren und moderieren. Das beinhaltet, diejenigen in die Wissenschaft einzubeziehen, für die sie gemacht ist: die Bürgerinnen und Bürger. Die Universität Münster verfügt über langjährige Erfahrung mit vielfältigen Citizen-Science-Projekten und lädt alle Interessierten zum Mitmachen ein. Als Kontakt- und Servicestelle sowie als Projektbüro für den Wissens-, Forschungs- und Technologietransfer baut die Arbeitsstelle Forschungstransfer (AFO) die Bürgerwissenschaften stetig aus. Seit 2020 fördert die Universitätsstiftung Münster den Citizen-Science-Wettbewerb und zeichnet jährlich zwei herausragende Projekte aus, die die Beteiligung der Bürger exzellent umsetzen.

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