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Münster (upm/KIT).
Blick ins Innere des KATRIN-Hauptspektrometers<address>© M. Zacher/KATRIN Coll.</address>
Blick ins Innere des KATRIN-Hauptspektrometers
© M. Zacher/KATRIN Coll.

KATRIN wiegt Neutrinos präziser als je zuvor

Veröffentlichung in „Science“ über neue Messungen von Großexperiment am Karlsruher Institut für Technologie / Christian Weinheimer vom Institut für Kernphysik beteiligt

Neutrinos gehören zu den rätselhaftesten Teilchen des Universums. Sie sind allgegenwärtig, reagieren aber äußerst selten mit Materie. In der Kosmologie beeinflussen sie die Entwicklung großräumiger Strukturen, während sie in der Teilchenphysik aufgrund ihrer winzigen Masse als Indikatoren für bisher unbekannte physikalische Prozesse dienen. Die exakte Messung der Neutrinomasse ist daher essenziell für ein vollständiges Verständnis der fundamentalen Gesetze der Natur. Vor diesem Hintergrund hat das internationale „Karlsruhe Tritium Neutrino Experiment“ (KATRIN) am Karlsruher Institut für Technologie (KIT), an dem auch die Arbeitsgruppe von Astroteilchenphysiker Prof. Dr. Christian Weinheimer von der Universität Münster beteiligt ist, nun Maßstäbe gesetzt:  Aus den in der renommierten Fachzeitschrift Science veröffentlichten Daten lässt sich ableiten, dass Neutrinos höchstens 8 x 10-37 Kilogramm wiegen (das entspricht in der in der Physik üblichen Einheit 0.45 eV/c2). So präzise hat niemand zuvor die Masse eingegrenzt.

Christian Weinheimer ist einer der Gründungsväter von KATRIN und war bis 2022 einer von zwei Sprechern des Experiments. „Wir sind stolz darauf, dass es unserer KATRIN-Kollaboration mit wichtigen Beiträgen gelungen ist, die Obergrenze für die Neutrinomasse deutlich zu verbessern“, betont er. Dazu habe nicht nur die Sammlung von mehr Daten beigetragen, sondern auch die signifikante Verkleinerung der störenden Untergrundrate und der systematischen Unsicherheiten.

Das münstersche Team aus Physikern, Ingenieuren und Technikern war und ist am Aufbau und am Betrieb von KATRIN maßgeblich beteiligt. Die in Münster entwickelten Analyse- und Messmethoden verbessern die Empfindlichkeit der Experimente deutlich. Unter anderem konzipierte die Gruppe mit den Werkstätten des Instituts für Kernphysik wissenschaftliche Spezialinstrumente wie verschiedene hochpräzise Elektronen-Kalibrationsquellen, die Präzisionshochspannung sowie das Drahtelektrodensystem im riesigen KATRIN-Spektrometer.

Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der KATRIN-Kollaboration, aufgenommen im März 2025 an der Universität Münster.<address>© Uni MS - Robert Braun</address>
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler der KATRIN-Kollaboration, aufgenommen im März 2025 an der Universität Münster.
© Uni MS - Robert Braun
An KATRIN arbeiten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von mehr als 20 Institutionen aus sieben Ländern mit. Das Experiment nutzt den Beta-Zerfall von Tritium, einem instabilen Wasserstoffisotop, um die Neutrinomasse zu messen. Die Energieverteilung der entstehenden Elektronen erlaubt eine direkte Messung der Neutrinomasse. Um dies zu erreichen, sind hochentwickelte technische Komponenten notwendig: Das 70 Meter lange Experiment beherbergt eine intensive Tritiumquelle sowie ein hochauflösendes Spektrometer mit einem Durchmesser von zehn Metern. Diese Technologie ermöglicht eine bislang unerreichte Präzision. Die Messungen zur Neutrinomasse dauern bis Ende 2025 an. Danach wird ein neues Detektorsystem zur Suche nach sogenannten sterilen Neutrinos installiert, und es werden Konzepte für Experimente der nächsten Generation erarbeitet.

 

Originalveröffentlichung

Aker M. et al. (2025): Direct neutrino-mass measurement based on 259 days of KATRIN data. Science; DOI: 10.1126/science.adq9592

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